Machtkampf der Bundesliga-Trainer
Mit Hyballa, Schmidt und Rangnick sitzen so viele moderne Strategen wie noch nie an den Steuerhebeln der Bundesliga-Klubs. Der österreichische Trainer ist gewarnt. Die Liga könnte zum Machtkampf zwischen Offensiv- und Defensivkonzepten werden, mit konstr
Mit Hyballa, Schmidt und Rangnick sitzen so viele moderne Strategen wie noch nie an den Steuerhebeln der Bundesliga-Klubs. Der österreichische Trainer ist gewarnt. Die Liga könnte zum Machtkampf zwischen Offensiv- und Defensivkonzepten werden, mit konstruktivem Ausgang.
von Gerald Gossmann
Derzeit fassen die Bundesliga-Trainer ihre Vorsätze für die anstehende Saison. Und erstmals seit langem sehen sich die alteingesessenen Ex-Kicker einer gewaltigen Herausforderung gegenüberstehen. Zwei der zehn heißbegehrten Trainerstühle sind mit so genannten Konzepttrainern aus Deutschland besetzt. Was den Druck auf die Stögers und Schöttels der Liga erhöht. Konnten sich die Bundesligisten und deren Trainer in der abgelaufenen Saison noch auf einen Nichtangriffspakt, strategischen Einheitsbrei und dadurch entstehende Neutralsierungen und Pattstellungen einigen, geht das bald nicht mehr. Hyballa und Schmidt haben ganz bundesdeutsch, großmündig verlautbart da nicht mitzumachen. Sie wollen offensiv spielen, mit Pressing Druck auf den Ballführenden ausüben und so den Gegner unter Stress setzen. Das bislang vorherrschende Bekenntnis vieler Bundesligisten zur Feigheit wurde damit durchbrochen und lässt den Schöttels und Stögers keine andere Wahl als mitzuziehen. Jedenfalls, wenn sie nicht auf der Strecke bleiben wollen. Gebrandmarkt als nicht mehr zeitgemäß. Denn ein positives Abschneiden der deutschen Konzepttrainer und ein damit einhergehendes Abstinken der österreichischen Biedermeier-Fraktion würden den Ruf der heimischen Fußballlehrer auch im eigenen Land nachhaltig beschädigen.
Wie reagiert der österreichische Trainertypus auf das deutsche Strebertum?
Wie also reagiert man aus österreichischer Trainersicht auf das deutsche Strebertum, die deutsche Detailliertheit, die Großspurigkeit der Aussagen, die Ankündigung off ensiven, strategischen Fußball spielen zu wollen? Stöger und Schöttel haben den Trend der Zeit erkannt und bekunden, ebenfalls an Plänen für ein kreatives Spiel nach vorne zu basteln. Auch wenn sie der Ligaalltag, ihre eindimensionale Trainerausbildung und die tief verankerte österreichische Angst vor deutschem Offensivspiel wieder in alte Muster zurückfallen lassen könnte.
Schöttel hat schon jetzt betont, dass er seine Mannschaft vor allem in Spielen gegen kleinere Gegner offensiver und kreativer sehen möchte. Heißt: gegen ein offensives Sturm unter Hyballa und gegen ein ebenfalls nach vorne spielendes Salzburg unter Schmidt wird Schöttel mit einer defensiven Strategie dagegenhalten. Stöger wird nach ähnlichem Muster vorgehen. Also wird es zu einem Machtkampf der großen Vier kommen. Sturm und Salzburg setzen auf Offensivfußball, Rapid und Austria werden mit Altbewährtem dagegenhalten.
Daher wird es vor allem darauf ankommen wie Hyballa und Schmidt ihr Offensivspiel interpretieren, wie detailliert sie ihre Mannschaften vorbereiten, wie schnell sie es umsetzen können und wie Aufnahmefähig ihre Spieler für das gänzlich Neue sind. Der Ausgang scheint ungewiss. In der Fußballmoderne erfolgreiche Mannschaften verstehen es vorne Räume zu öffnen, ohne hinten welche preiszugeben. Das gelang in der abgelaufenen Saison keinem der zehn Bundesligisten. Das gelang bislang aber auch weder Schmidt noch Hyballa. Schmidt wurde mit Paderborn in der vergangenen Saison zwar Fünfter. Seine Mannschaft erzielte dabei 51 Treffer, kassierte aber auch 42 Stück. Ähnlich erging es Peter Hyballa bei seinen Versuchen sein Offensivkonzept umzusetzen. Eine gute Balance zwischen Offensive und Defensive fanden beide nie wirklich. Auch der einzig österreichische Vertreter mit Mut zur Offensive nicht. Bei 59 erzielten Toren erhielt Kühbauers Admira 52 Stück – die zweitmeisten der gesamten Bundesliga im vergangen Jahr. Österreichische Trainer argumentierten daher oft gegen eine offensive Ausrichtung - mit dem Argument, dass eine gute Offensive nur durch die Inkaufnahme einer schwimmenden Defensive zu bewerkstelligen sei.
Hyballa weiß aber um die Komplexität der Problemstellung Bescheid: „Alle denken, Pressing bedeutet, dass wir wie die Verrückten auf den Gegner drauffliegen. Das ist Blödsinn, dann würden Räume entstehen. Wir dürfen aber keine Räume abgeben und wir müssen, wenn wir den Ball haben, versuchen Räume zu schaffen", erklärt er im Interview mit Sturm12.at und zeigt damit, dass er sehr wohl weiß, wohin sich erfolgreiche Mannschaften bewegen müssen.
Ein Siegeszug der Konzepttrainer könnte nachhaltige Folgen mit sich bringen
Es wird also darauf ankommen, dass die Balance zwischen Offensive und Defensive funktioniert um einer tiefstehenden Rapid oder Austria nicht ins offene Messer zu laufen. Schöttel, Stöger und Co. wiederum werden gezwungen sein, sich ausführlicher mit den Strategien ihrer offensiveren Gegner zu beschäftigen, die bislang so leicht auszurechnen waren. Die Grundordnung der Mannschaft wird bei Sturm und Salzburg in Zukunft im Hintergrund stehen. Wichtiger wird das System und damit die Verhaltensweise der einzelnen Positionen. Während manche Teams noch im Steinzeittakt einen Stürmer für einen Verteidiger in der Schlussphase bringen werden, wird bei Salzburg und Sturm gruppentaktisches Verhalten bei Rückstand und Führung im Vordergrund stehen. Ihr kollektives Auftreten wird einer genauen Analyse bedürfen, wollen die alteingesessenen Ex-Kicker auf den Trainerbänken den Siegeszug der Konzepttrainer verhindern. Dabei scheint die neu geschaffene Konstellation verschiedener Trainer-Typen befruchtenden Charakter zu haben.
Schaffen es die Schöttels und Stögers mit genauer Analyse dagegenzuhalten, hat der Einzug der Konzepttrainer nebenbei eine Weiterentwicklung der österreichischen Trainer bewirkt. Gelingt es ihnen nicht, wird der Siegeszug der Konzepttrainer Druck auf die heimische Trainerzunft und die Trainerausbildung des ÖFB ausüben. Das Bewusstsein um die Aufgaben eines modernen Trainers wäre dann wohl auch in Österreich angekommen.
g.gossmann@90minuten.at
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