Junuzovic: 'Andi Herzog weiß anscheinend nicht welche Position ich spiele'

Zlatko Junuzovic im 90minuten.at-Gespräch über seine 7-Stunden-Fußballtage in der Kindheit, warum Spieler einem Trainer sagen müssen, wenn das System nicht passt, Andi Herzog einem Widerspruch aufsitzt und er Frauen zuerst ins Gesicht schaut..


Das Gespräch führte Gerald Gossmann

zlatko_junuzovic_90minuten2

 

90minuten.at: Du bist mit fünf Jahren aus Bosnien nach Österreich gekommen. Hast Du noch Erinnerungen daran?

Zlatko Junuzovic: Wie das damals abgelaufen ist, weiß ich hauptsächlich von meinen Eltern und meiner Schwester. Ich war damals fünf Jahre alt und diese Zeit hat sich bei mir nicht so eingeprägt. Es ist eine verschwommene Erinnerung daran und es ist wahrscheinlich auch besser, dass ich nicht so viel davon weiß.

 

Wann hast Du bemerkt, dass Du ganz gut Fußballspielen kannst?

Das habe ich sehr früh gemerkt. Ich bin schon mit fünf oder sechs Jahren in die Vereinsmannschaft gekommen.

 

Du sollst sehr viel Einzeltraining mit deinem Vater gemacht haben, der Dich schon früh forciert hat.

Ja, das war so. Wir haben viel gemeinsam geübt. Mein Vater war ein sehr talentierter Fußballer, hat aber nie als Profi gespielt, weil er mehr auf die Schule und sein Studium wert gelegt hat. Aber er war sehr versiert und hat mich ein bisschen ausgebildet. Es war aber nicht mit viel Druck dahinter, sondern es hat schon auch Spass gemacht.

 

Hast Du dich damals eher als Österreich oder als Ausländer gefühlt?

Man weiß natürlich, dass man andere Wurzeln hat, alleine wegen der Sprache. Aber ich bin mit den Jahren immer mehr zum Österreicher geworden. Die Erinnerung an Bosnien ist sehr verschwommen, deswegen ist Österreich auch mein Heimatland. Für meine Familie ist das natürlich anders.

 


„Wir haben am Tag sechs oder sieben Stunden Fußball gespielt“

 

zlatko_junuzovic_90minuten3Arnautovic, Korkmaz & Co. haben das Fußballspielen im Käfig gelernt. Wie war das bei Dir?

Käfige hat es in Kärnten und später in der Steiermark keine gegeben. Wir haben eher in der Schule gekickt, auf einem kleinen Platz. Für mich war der Fußball auch wichtig, damit ich besser integriert werde. Ich habe dadurch die Sprache schneller gelernt und mir auch schneller Freunde gefunden. Wir waren eine Partie, die sich immer getroffen hat um zu kicken – oft sechs oder sieben Stunden am Tag.

 

Mit 17 hast Du in der Bundesliga debütiert, mit 18 im Nationalteam. Welche Ziele hast Du dir damals für Deine Karriere gesteckt?

Es ist bei mir aus dem Nichts schnell gegangen. Das war innerhalb eines halben Jahres. Ich war U17-BNZ, dann U19-BNZ, Amateure und plötzlich war ich bei den Profis. Und drei vier Monate später spielte ich mit dem GAK gegen Sturm in der Bundesliga. Wer weiß, wenn der Zerfall des GAK nicht gekommen wäre, vielleicht wäre ich dann früher ins Ausland gewechselt. Aber grundsätzlich habe ich mir mit 17 vorgenommen, dass ich mit 23 oder 24 ins Ausland kommen möchte.

 

Immer mehr Spieler wechseln heute sehr früh ins Ausland. War das für Dich nie eine Option?

Nein. Es gab einmal einen Kontakt mit Freiburg, als ich bei Kärnten gespielt habe. Aber ich hätte damals kein gutes Gefühl dabei gehabt. Der Schritt zu Austria Wien war richtig und es hat sich dann genau so ergeben, wie ich es mir gewünscht habe.

 

Ein Alaba hat bereits mit 17 bei Bayern gespielt. Denkst Du, dass das von deinem Talent her auch möglich gewesen wäre?

Nein. Ich bin sehr zufrieden, wie es bei mir gelaufen ist. Bei mir war es so, dass ich schon sehr zufrieden war in der österreichischen Bundesliga spielen zu können. Das war immer mein großer Traum. Es kommt halt auch auf den Charakter des jeweiligen Spielers an. Ich hatte diese große Vision mit 17 nicht. Natürlich schaut man den Spielern in der Champions League zu und denkt sich, das wäre cool dort zu spielen. Aber es gibt viele Fußballer die Talent haben.

 

Du bist jetzt ein dreiviertel Jahr in Bremen. Wie stark entwickelt man sich in einer der besten Ligen der Welt weiter?

Die Anfangszeit war schwierig, weil die Stimmung im Verein nicht so gut war. Die Truppe war nicht eingespielt, wir hatten viele Verletzte. Dazu ist das Tempo ein anderes, die Zweikämpfe auch. Es war dann gut, dass ich immer gespielt habe und das Vertrauen vom Trainer bekommen habe. Dadurch konnte ich mich ans Niveau anpassen. Es ist schon sehr viel weitergegangen.

 


„In Österreich kannst du dir in vielen Spielen taktische Fehler erlauben. In Deutschland nicht.“

 

Hat Dir Trainer Schaaf gesagt, warum er Dich so schnell ins kalte Wasser geschmissen hat?

Nein, gar nicht. Als ich den ersten Tag in Bremen war, hatten wir Pressekonferenz und ich habe dort gesagt: Ich bin sehr glücklich, dass ich da bin und mal schauen wie die nächsten Spiele verlaufen. Vielleicht werde ich auch ein paar Mal spielen. Aber der Trainer hat gleich gesagt, dass ich nicht viel Zeit haben werde um mich zu integrieren, weil ich sofort spiele. Er hat meine Trainingsleistung schon hervorgehoben, aber er hat mir nie gesagt, warum er mich so schnell einsetzt.

 


In Österreich hat man den Eindruck, dass Spieler ab einem gewissen Alter stagnieren und sich nicht mehr weiterentwickeln. Wie siehst Du das?

Es liegt auch viel an einem selber, ob man sich weiterentwickelt. Ob man bereit dazu ist mehr zu trainieren und individuell etwas zu machen. Vielleicht wären bei der Austria auch noch andere Herausforderungen gekommen. Ich habe dort keinen Titel geholt und vielleicht hätte man sich in diese Richtung noch weiterentwickeln können. Aber natürlich kann es sein, wenn man länger in einer Liga spielt, dass man nur mehr wenig Potential nach oben hat. Man muss dann vielleicht etwas Neues sehen.

 

Du hast in einem Interview über Bremen gesagt: Taktisch ist das hier eine andere Welt. Wie war das gemeint?

Es wird einfach viel mehr auf Kleinigkeiten wert gelegt. In Österreich kannst du dir in vielen Spielen gewisse Fehler erlauben, ohne dass sie bestraft werden. Zum Beispiel: wenn du falsch stehst oder große Lücken innerhalb der Formationen sind. In Deutschland wird jeder kleine Fehler bestraft. Aber auch bei uns in Bremen haben wir derzeit zu viele Lücken. Es ist wichtig, dass du taktisch gut stehst und man auf jeder Position ein taktisches Wissen hat, wie man sich verhalten soll.

 

Denkst Du, dass österreichische Klubs international schneller vorankommen würden, wenn man den taktischen Bereich mehr ausloten würde?

In Österreich hat sich auch ein bisschen was verändert. Mit der Austria haben wir in der Gruppenphase der Europaleague ganz gut mitgespielt. Grundsätzlich halten die österreichischen Mannschaften ja ganz gut mit. Aber in Deutschland gibt es mehr Geld. Es gibt viele Klassespieler, die gewisse Dinge auch anders umsetzen – auch vom taktischen Aspekt her. In Österreich wird auch Taktik trainiert, aber die Umsetzung ist oft eine andere.

 

Gibt es bei Bremen zu einem taktischen Plan A auch einen Plan B und C?

Du hast ein System und für das gibt es verschiedene Variationen. Ob du Pressing spielst oder ob du dich zurückziehst. Es gibt viele Faktoren. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass eine Mannschaft über einen längeren Zeitraum zusammenspielt. Man kennt sich dadurch besser. Das beste Beispiel ist aktuell eigentlich Dortmund, wo das immer besser funktioniert.

 


„Ich schaue bei Frauen schon zuerst ins Gesicht“

 

zlatko_junuzovic_90minutenIn den Medien ist Marko Arnautovic immer wieder der Skandalboy. Wie ist der Marko Arnautovic, so wie Du ihn kennst?

Der Marko polarisiert natürlich. Über ihn wird sehr viel geschrieben und natürlich ist er in der Vergangenheit auch in viele Fettnäpfchen getreten. Vieles wird aber auch hoch geschrieben. Ich kann nur sagen: er ist jetzt schon ruhiger geworden, konzentriert sich mehr auf seine Aufgaben und wichtig ist jetzt nur mehr, dass er Konstanz in sein Spiel bringt. Es wird einfach auch zu viel auf das was er macht geschaut.

 

Gehen Dir Fragen über Arnautovic mittlerweile auf die Nerven?

Ja, ein bisschen schon. Ich muss schon sehr viel über ihn reden. (lacht)

 

Du hast in diesem Jahr durchwegs starke Leistungen bei Bremen gezeigt. Gesprochen wird trotzdem über Arnautovic. Ärgert Dich das?

So etwas ärgert mich zum Beispiel überhaupt nicht. Aber für ihn selber ist es nervig. Es wird nur darauf geschaut wie er sich verhält. Er muss immer aufpassen was er tut und das ist mühsam.

 

Oft bringt er sich ja selber in die Schlagzeilen. Einmal hat er auf die Frage nach seiner Traumfrau geantwortet: Sie soll tätowiert sein und Silikonbrüste haben. Wie würdest Du antworten, wenn ich Dich danach frage, auf was Du bei einer Frau zuerst schaust?

(lacht) Na ich schau´ bei Frauen schon zuerst ins Gesicht. (lacht)

 

Du bist eher weniger der Sprücheklopfer. Kann das auch falsch sein, weil die Medien dann auf einen vergessen?

Je nachdem wie man es darauf anlegt. Ich mag eher das Ruhige und ich will nicht jeden Tag etwas von mir lesen. Mir sind Schlagzeilen über mich nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass sie positiv sind.

 

Ösi-Özil – findest Du das Wortspiel einer „Bild“-Schlagzeile lustig?

Ich habe das übertrieben gefunden, weil ich mich mit ihm nicht vergleichen kann. Ich bin ein anderer Spielertyp und er spielt bei Real. Das ist eine andere Welt.

 


„Spieler müssen dem Trainer sagen, wenn die Taktik nicht passt, weil man sonst im Spiel schlecht ausschaut“

 

Du hattest schon unterschiedliche Trainertypen. Welche Erwartungen hast Du an einen Trainer?

Er soll jeden Spieler fair behandeln. Ich habe schon oft mitbekommen, dass einige Spieler nicht so behandelt wurden, wie sie es verdient gehabt hätten. Da haben Trainer Spieler links liegen gelassen und sie ohne Grund auf die Tribüne gesetzt. Ich erwarte mir einen menschlichen Trainer. Mir ist wichtig, dass ein Trainer offen und ehrlich zu mir ist. Im sportlichen Bereich hat natürlich jeder Trainer andere Systeme und Methoden, da muss man sich anpassen. Wichtig ist aber der menschliche Umgang.

 

Sollten Spieler auch das Wort ergreifen, wenn der Trainer die Erwartungen der Spieler nicht erfüllt?

Natürlich kommt es auch zu Situationen, wo Spieler das Gespräch mit dem Trainer suchen. Jeder in der Mannschaft will Erfolg haben und ich habe eigentlich noch nie erlebt, dass ein Trainer ein Problem damit hatte, wenn Spieler auf ihn zugekommen sind. Auch in Systemfragen wird da diskutiert. Spieler müssen es ja auch erwähnen, wenn es für sie schwierig ist die Taktik umzusetzen, sonst schaut man im Spiel schlecht aus.

 

Habt Ihr unter Teamchef Constantini auch das Gespräch gesucht?

Das war sehr schwierig. Aber ich möchte mich darüber eigentlich nicht mehr äußern.

 

Wie wichtig ist überhaupt ein guter Trainer für die Nationalmannschaft oder reicht ein Haufen guter Legionäre aus um Erfolg zu haben?

Unter Marcel Koller haben wir schon Struktur im Spiel, wir haben einen Plan und jeder verfolgt diesen Plan auf jeder Position. Der Teamchef setzt das mit uns sehr gut um. Wir wissen was er will und er sagt es uns  auch ganz deutlich. Er will, dass sein Plan funktioniert und wir sehen auch, dass er funktioniert. Das ist das Wichtigste. Es macht derzeit Spass im Team. Wir haben dazu noch eine hohe individuelle Qualität und können etwas Großes erreichen.

 

Toni Polster hat letztens die fehlenden Typen in der Nationalmannschaft bemängelt. Verstehst Du das? Hat Österreich zu wenige Typen?

Nein, wir haben genug Typen drinnen. Wir haben verschiedene Charaktere und die passen auch gut zusammen. Wir haben Leute die draufhauen können. Ich weiß jetzt eigentlich nicht, welche Typen er meint.

 


„Weniger laufen hilft ja nicht beim Tore schießen“ 

 

Herbert Prohaska hat letztens im „Spiegel“ gesagt: „Der Arnautovic ist nicht gescheit genug. Mit solchen Spielern gewinnst du nix.“ Wie siehst Du eigentlich diese ständigen Zurufe der Legendenspieler?

Das muss natürlich nicht sein, aber jeder hat seine Meinung, von daher ist es okay. Wir Spieler machen uns über so etwas keine Gedanken. Ich selber habe mit dem Prohaska ein gutes Verhältnis. Wir sind ab und zu ins Reden gekommen und ich habe mich ganz gut mit ihm verstanden.

 

Prohaska erwähnt Dich auch immer sehr lobend. Muss man in Österreich vielleicht auch ein wenig demütig und nicht zu extrovertiert wirken, um nicht kritisiert zu werden?

Diese Spieler haben natürlich sehr viel erreicht und da hat man natürlich auch Respekt davor.

 

Noch ein Zuruf von außen. Der Andi Herzog hat Dir in einem Interview ausrichten lassen: du sollst einmal statt 13 Kilometern nur 12 Kilometer laufen und dafür wieder ein Tor schießen.

Ja, aber er weiß anscheinend nicht welche Position ich spiele. Ich bin derzeit in Bremen der Sechser. Und wenn zwei Spieler nachlassen, muss ich auf drei Positionen gleichzeitig sein und deshalb kommen so viele Kilometer zusammen.

 

Ist weniger laufen und mehr Tore schießen nicht auch ein Widerspruch. Das klingt so ähnlich wie: lerne weniger und schreibe dafür bessere Noten, oder?

Ja, weil weniger laufen hilft ja auch nicht beim Tore schießen. Der einzige Vorteil wäre: Ich bin danach vielleicht weniger müde.

 

Danke für das Gespräch!

g.gossmann@90minuten.at

 


Hintergrund

marcel_koller_iv2Kollers eiserne Medienstrategie: Viel Licht, wenig Schatten

Marcel Koller: 'Über Fußball spricht nur einer und das bin ich'