Die Ära Vastic – ein Vorbild zur Abschreckung
Das frühe Scheitern von Ivica Vastic könnte Vereinsfunktionäre davon abhalten, bekannte Bundesligaspieler direkt vom Feld auf den Trainersessel eines Bundesligisten zu hieven. Auch die Austria-Führung erkennt den offensichtlichen Fehler im nachhinein. Meh
Das frühe Scheitern von Ivica Vastic könnte Vereinsfunktionäre davon abhalten, bekannte Bundesligaspieler direkt vom Feld auf den Trainersessel eines Bundesligisten zu hieven. Auch die Austria-Führung erkennt den offensichtlichen Fehler im nachhinein. Mehr aber auch nicht.
von Gerald Gossmann
Wahrscheinlich wäre Markus Schopp heute Trainer von Sturm Graz. Wäre da nicht Ivica Vastic gewesen, der ein paar hundert Kilometer entfernt ins kalte Wasser geschmissen wurde und zusehend fröstelnd ertrank. Wäre Vastic nicht gewesen, wahrscheinlich hätte sich Sturm-Oberhaupt Jauk gegen sein Geschäftsführerduo durchgesetzt und Schopp als Zukunftshoffnung am Trainerbankerl installiert und als Symbol für einen modernen, jugendlichen, knackig blendend blonden Weg verkauft. Vielleicht hätte der als Fußballexperte geltende Hyballa aus dem Ausland nie den Funken einer Chance bekommen. Vielleicht wäre die nahe liegende Lösung mit Schopp sofort umgesetzt worden, wäre Vastic nicht so hilflos am Verteilerkreis ertrunken. Vor den Augen aller, die in der Bundesliga etwas zu sagen und zu entscheiden haben. Das Beispiel Austria schreckt ab. Oder besser gesagt: das Beispiel Austria dient der Abschreckung. Und das ist gar nicht einmal so schlecht.
Das Beispiel Austria hat gezeigt was passiert, wenn Vereinsfunktionäre die Person des Trainers und die Bedeutung einer Spielphilosophie als nicht wichtig genug erachten. Denn wie kann es sein, dass ein Verein, der in seinem Vereinsleitbild „offensiven Fußball“ verspricht, plötzlich den destruktivsten Fußball der Liga praktiziert? Und wie kann es sein, dass dieselben Vereinsfunktionäre die Verkäufe von Barazite und Junuzovic als Gründe für den Philosophiewechsel anführen, obwohl das Argument sie selbst in Bedrängnis bringt? Denn wenn die Verkäufe zweier Spieler, die auf Jahre hinweg ausgegebene Vereinsphilosophie ins Wanken bringen, dann sind die Philosophie und der Vorstand, der sie ausgibt, nichts als heiße Luft.
„Das wichtigste ist, dass man aus Fehlern oder Versäumnissen lernt und diese dann kein zweites Mal macht. Wir werden deshalb einen neuen Weg gehen“, verspricht Austria-Manager Markus Kraetschmer bei der gestrigen Pressekonferenz. Der neue Weg soll mit Franco Foda beschritten werden, der sich zum Leitbild der Austria bekennen muss, wird betont. Also: es wird mit dem neuen Trainer über seine Philosophie und die des Vereins gesprochen. Der neue Weg wird dadurch einer Kompatibilitätssprüfung unterzogen. Man betont den Vorgang, der in der Vergangenheit anscheinend nicht zum Standard-Repertoire zählte. Das Ziel soll einer der beiden CL-Qualifikationsplätze sein. Ein Plan B zu Franco Foda wird nicht verraten. Aber wahrscheinlich stehen dann Kogler oder Stöger parat. Und auch wenn es fragmenthaft und wenig ins Detail gehend klingt, was Austrias Führung da erklärt. In Österreich gehen diese ansatzweise beschrittenen Wege trotzdem als Fortschritt durch.
Funktionäre bessern ihre Fehler aus, ihr Weitblick bleibt nicht vorhanden
Die Austria hat ihre verdiente Strafe erhalten, darf nicht am Europacup teilnehmen. Trotz gut veranlagter Mannschaft. Nächstes Jahr will der Vorstand vieles besser machen. Auch wenn es ein nächstes Jahr genau genommen gar nicht geben dürfte, würde der Vorstand die Floskel von „Verantwortung übernehmen“ nicht als solche betrachten.
Der Vorstand will dazulernen und begangene Fehler nicht wiederholen. Daher soll der neue Trainer Erfahrung mitbringen, heißt es von Parits und Kraetschmer. Kurz gesagt: der Neue soll genau das Gegenstück zum bisherigen Trainer sein. Womit die Austria-Führung aber nicht ihre Fortschrittlichkeit, sondern wieder einmal ihre Behäbigkeit betont. Vor allem will man Fehler ausmerzen, die bereits begangen wurden. Nach einem ruhigen Trainer kommt ein wilder, nach einem Unerfahrenen ein Erfahrener. Alles wie gehabt. Österreichische Funktionäre bessern ihre Fehler aus, ihr Weitblick bleibt aber weiterhin nahezu nicht vorhanden. Der moderne Fußball würde von ihnen verlangen, dass man Entwicklungen im Fußball frühzeitig erkennt und sich danach am Spieler- und Trainersektor ausrichtet. Auch in Philosophiefragen. Das hängt mit Flexibilität zusammen und mit Fachwissen. Beides aber scheint nicht vorhanden, auch wenn man sich einsichtig und bemüht zeigt. Dass der Trainer nicht die geringe Bedeutung hat, wie von Parits und Kraetschmer angenommen, hat die jüngste Vergangenheit rund um die kurze Vastic-Ära gezeigt. Jetzt soll Foda den Karren wieder flott machen. Und das möglichst offensiv, wie es dem Leitbild entspricht, das man kurzfristig negierte, weil anscheinend mit dem Trainer nicht abgesprochen. Das ist der neu adaptierte Plan und Weg. Punkt. Mehr ist da nicht.
Kein detailverliebter, origineller oder weichenstellender Plan, aber immerhin ein Plan. Denn nachdem in Österreich in der Regel immer noch Präsidenten, Sponsoren und Funktionäre ohne Weitblick Trainer ohne Ahnung installieren und Philosophien ausgeben, die sie dann selbst überwerfen ohne es zu bemerken, sind sogar Eingeständnisse der Austria-Führung, Fehler begangen zu haben, als Fortschritt zu werten. In ernsthaften Ligen wären Szenarien wie diese aber nahezu undenkbar und hätten keine Besserungsgelübde, sondern Konsequenzen für alle Beteiligten zur Folge.
Kontakt: g.gossmann@90minuten.at
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