Die 10 Irrtümer des Herbert Prohaska

Im aktuellen Interview mit dem „Sportmagazin“ äußert sich Herbert Prohaska erneut zu den heißen Themen des österreichischen Fußballs. Seine Behauptungen lassen sich dabei selten mit Fakten untermauern. Seine 10 größten Irrtümer im Faktencheck. Ein Widersp

logo_qualitaetsjournalismusIm aktuellen Interview mit dem „Sportmagazin“ äußert sich Herbert Prohaska erneut zu den heißen Themen des österreichischen Fußballs. Seine Behauptungen lassen sich dabei selten mit Fakten untermauern. Seine 10 größten Irrtümer im Faktencheck. Ein Widerspruch.

von Gerald Gossmann

 

1) „Ich hätte dem Andi Herzog eine Chance gegeben. Der Punkt ist einfach, dass ich gerne einen Österreicher gesehen hätte.“


Aber warum wäre die Umsetzung seines Wunsches nicht klug gewesen? Herzog erzählte vor kurzem dem „Standard“: „Ich war gerne U21-Teamchef. Aber es ist nicht erfüllend nur alle paar Monate eine Partie zu haben.“ Also warum einen Mann zum Teamchef ernennen, der diese Aufgabe mit wenigen Spielen im Jahr als nicht erfüllend bezeichnet? Prohaska erzählt im Interview auch, dass Herzog schon bei der Bestellung von Constantini enttäuscht gewesen sei. „Mir hat er damals gesagt, dass er bei der nächsten Gelegenheit geht.“ Sehr professionell klingt auch das nicht, wenn man in zwei Qualifikationen mit der U21 geht, ohne wirkliche Ambitionen. Prohaskas Idealkandidat scheint also neben der geringen Erfahrung als Trainer auch ansonsten mehr als unideal.

Auch sein Wunsch nach einem Österreicher geht ins Leere: Die letzten österreichischen Teamchefs konnten trotz langer Amtsperioden nicht überzeugen – vor allem in taktischer Hinsicht. Krankl setzte zwei Qualifikationen in den Sand, Hickersberger holte in seiner miesesten Phase aus 15 Spielen nur einen Sieg und Constantini vergeigte die letzte Qualifikation brachial. Also warum erneut einen Österreicher ans Ruder lassen?

 

2) „Herzog ist jetzt 43. Ich mein, irgendwann muss er doch damit (als Trainer, Anm.) anfangen. Wenn du ihm aber nie die Chance gibst, sammelt er nie Erfahrung.“

Ist aber das Aushängeschild des österreichischen Fußballs, eine Nationalmannschaft mit hohem Potential, das ideale Probierfeld für Trainerneulinge? Oder sollte nicht der Erfolg der österreichischen Nationalmannschaft an erster Stelle stehen, indem man den fachlich Besten, den man bekommen kann, auf den Teamchefsessel setzt? Für Prohaska ist anscheinend der Lernprozess beziehungsweise die Unterbringung von Haberern im ÖFB wichtiger.

 

3) „Marc Janko muss sich endlich einmal wo durchsetzen.“

Die Aussage ist nicht nachvollziehbar. Janko wechselte als Salzburgs Topstriker (in seiner besten Saison holte er mit 39 Treffern den Schützentitel) zum holländischen Spitzenklub Twente Enschede, wo er in 75 Spielen 37 Tore erzielte – also in jedem zweiten Spiel netzte. In ein paar wenigen Spielen gegen Ende seiner Zeit bei Twente stand Janko nicht mehr in der Startelf. Darauf folgte sein Wechsel zum amtierenden EL-Sieger FC Porto, wo er in drei Spielen drei Treffer erzielte.

 

4) „Realistisch gesehen können wir uns nicht qualifizieren. Aber das ist das Reizvolle an dem Job als Teamchef.“

Realistisch ist es aber nur dann nicht, wenn man die Weltrangliste als Maßstab heranzieht. Dort liegen wir auf dem abgeschlagenen 71. Platz. Was aber nicht die Qualität der Spieler in der Mannschaft widerspiegelt. Schon in der abgelaufenen Qualifikation hätte Österreich den schwächelnden Türken und Belgiern die Stirn bieten müssen. Nahezu alle Spieler der Türkei, die gegen Österreich aufliefen, spielten in der Heimat, während Constantini aus starkspielenden Legionären wählen konnte. Mit einem Teamchef, der Taktik nicht für überbewertet hält, bestehen durchaus auch realistische Chancen gegen die EM-Teilnehmer Irland und Schweden.

 

5) „Unsere Mannschaft braucht zwei sehr gute Spieler, die international für Aufsehen sorgen. Ich hatte mit einem Herzog, Polster und Feiersinger herausragende Spieler.“

Auch wieder nicht nachvollziehbar. Österreich hat so viele stark spielende Legionäre wie lange nicht mehr. Pogatetz und Fuchs sind Leistungsträger in der deutschen Bundesliga und wurden bereits in diverse Teams der Saison gewählt. Harnik hat in 22 Spielen in dieser Saison bereits 11 Treffer für den VfB Stuttgart erzielt, wird von Vereinsspitzen als das Gesicht der Stuttgarter bezeichnet, war vorletzte Runde Spieler des gesamten Spieltages. Alaba wird immer besser, spielt bereits eine wichtige Rolle bei den Bayern. Janko wechselte nach 37 Treffern in 75 Spielen für Twente zum FC Porto, trifft auch dort einmal pro Spiel. Fallen wohl alle in die Kategorie: Für Aufsehen sorgen.

Dazu bringen Dragovic, Arnautovic, Kavlak, Ivanschitz, Baumgartlinger, Kayhan, Garics,
Junuzovic & Co. konstant gute Leistungen. Herzog, Polster und Feiersinger in Ehren, aber die Dichte der heutigen Legionärszunft samt herausragenden Einzelakteuren ist beachtlich.


 

6) „Warum soll ein Ogris als Trainer gar nicht gehen?“

Trainerstationen: FAC und PSV Wien. Amtszeit als Trainer gesamt: 1,05 Jahre (lt. Transfermarkt.at) Keine Titel, keine weiteren Stationen. Und das trotz großer Lobby im Hintergrund.

 

7) „Wie das Trainerteam (des Nationalteams, Anm.) zusammengestellt ist – da ist kein Schlechter dabei – aber das ist für mich Ruttensteiner-Handschrift.“

Prohaska hat es Ruttensteiner anscheinend noch immer nicht verziehen, dass er seine Ogris-Intervention nicht berücksichtigte. Warum sonst sollte es ein Problem sein, wenn trotz guter Zusammenstellung des Trainerteams (wie Prohaska ja betont), die Handschrift Ruttensteiners erkennbar ist.

 

8) „Das Schlimmste ist für mich, wenn sich Spieler auf schlechtes Training oder schlechte Taktik ausreden. Dem würde ich am liebsten sagen: Wenn du glaubst, der Gegner spielt anders als es der Trainer erwartet hat, dann komm nicht raus und erzähl es ihm, sondern mach etwas auf dem Feld, sag was, teil ein.“

Heißt konkret: Schert sich ein Trainer nicht um Taktik, soll der Spieler trotzdem die Goschn halten, die Missstände nicht bemängeln (selbst intern nicht), sondern am Platz selbst schauen, dass er seine Kollegen einteilt. Nur hat Prohaska nicht begriffen, dass das durch die veränderten Anforderungen nicht mehr möglich ist. Gegen taktisch hervorragend eingestellte Teams wird spontane Selbstorganisation unter den Spielern ungefähr immer schief gehen. Während die Klopps, Favres und Mourinhous jeglichen Zufall beseitigen, drehen sich Prohaskas Tipps noch immer um die Fußball-Steinzeit. Prohaska scheint bei seinen Aussagen die Abläufe des modernen Fußballs noch immer nicht verstanden zu haben. Problematisch wird das dann, wenn er Spiele fürs Fernsehen analysieren soll, aber sein Wissen aus einer Spielerkarriere aus den 70ern und einer Trainerlaufbahn aus den 90ern stammt – also längst überholt ist.

 

9) „Ich bin ja froh, dass längst die neue Trainergeneration am Ruder ist – ein Vastic, Kühbauer, Schöttel, Kogler. Gott sei Dank kommen die Jungen und bringen neue Ideen.“

Junge kommen zwar nach. Aber während in Deutschland Nicht-Ex-Profis anstatt satter Ex-Kicker als Trainer für Furore sorgen, schafft es das österreichische Inzucht-System nur ganze Kickergenerationen mit Trainerposten in der Bundesliga zu versorgen. Im letzten Kurs für die höchste Trainerlizenz saßen von 15 Teilnehmern 15 Ex-Profis. In Deutschland punkten die jungen Tuchel, Klopp und Slomka mit wissenschaftlichem Konzeptfußball. In Österreich sind – man nehme das Derby als eines von vielen Beispielen – weniger neue Ideen, sondern die gar nicht zeitgemäße Angst vor Niederlagen und damit verbundene destruktive Spielweisen en vogue. Neue Ideen sind weit und breit nicht zu sehen.

 

10) „Es geht mir auf die Nerven, wenn ich mich rechtfertigen muss. Aus diesem Grund hätte ich lieber nichts gesagt.“

Rechtfertigen musste sich Prohaska aber nur wegen der unfachlichen Subjektivität seiner Aussagen. Das mag ihm auf die Nerven gehen. Bei Sagern wie: „Marcel Kollers haben wir in Österreich genügend...auch wenn ich seine Arbeit nicht kenne“, „Der Andi Ogris könnte morgen schon Barcelona trainieren“ oder den hier angeführten Aussagen, bleibt ihm aber nichts anderes übrig als sich zu rechtfertigen. Wer eine Behauptung nicht mit Argumenten untermauern kann, sollte sie besser lassen.

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