98er statt 78er – Eine Wachablöse ohne korrigierten Systemfehler
Die Spiele der Bundesliga sind konstant schlecht. Das liegt auch daran, weil ehemalige Kickergrößen ohne große Anstrengungen einen Platz als Trainer bekommen. Ein ganzes System trägt Schuld daran. von Gerald Gossmann Peter Schöttel ist beleidigt. Rapids
Die Spiele der Bundesliga sind konstant schlecht. Das liegt auch daran, weil ehemalige Kickergrößen ohne große Anstrengungen einen Platz als Trainer bekommen. Ein ganzes System trägt Schuld daran.
von Gerald Gossmann
Peter Schöttel ist beleidigt. Rapids Tabellenführung wird nicht gewürdigt, dazu wollen die Fans nicht jubeln, sondern lieber pfeifen. Ricardo Moniz ist auch beleidigt. „Es ist eine Provokation, wenn man mich fragt, wann ich zurücktreten werde“, sagt er, während seine Mannschaft, wie die gesamte Liga, auf unterirdischem Niveau dahindümpelt.
Teamchef Marcel Koller verweigert mittlerweile jeglichen Kommentar zu Bundesligaspielen und zeigt sich damit trotzdem aussagekräftig.
Aber wo liegen die Gründe für die Nivellierung der Liga in ungeahnte Niederungen? Ein Grund bleibt, dass die Klubverantwortlichen die Person des Trainers und eine Spielphilosophie noch immer als zu wenig wichtig erachten.
Peter Schöttel beispielsweise hat den Umstieg vom Wr. Neustadt-Coach zum Rapid-Trainer noch immer nicht bewältigt. Bei Wr. Neustadt war es für Schöttel wohl die klügste Variante auf Basis einer guten Organisation zu agieren. Die Großen müssen angreifen, Konter kommen so sicher wie das Amen im Gebet. Der ehemalige Pasching-Erfolgstrainer Georg Zellhofer bietet sich da als guter Vergleich an. Auch er machte sich bei einem Mittelständler einen Namen, wechselte zu Rapid, später zur Austria und scheiterte daran, weil eine biedere Organisation der Mannschaft, die aber nicht wirklich auf Spielgestaltung setzt, bei einem Großklub eben nicht reicht. Das Problem war abzusehen. Das Anforderungsprofil zu seiner Bestellung forderte aber ohnehin keinen modernen Trainer, sondern eine Grün-Weiße Ikone.
Schöttel zeigt sich bislang als widersprüchlich: Er erzählt zwar in Interviews von taktischen Maßnahmen und gezielter Vorbereitung im Training, die die Kreativität seiner Mannschaft erhöhen sollen. Zu sehen ist dann aber eine Angsthasentaktik ohne wirklichen Plan nach vorne. Da klaffen Erzähltes und Praktiziertes weit auseinander. Am Platz überwiegt ausschließlich die Angst vor Niederlagen. Rapid ist zwar seit elf Spielen ungeschlagen - sieben Mal davon wurde aber remisiert, viermal gab es ein 0:0. Vastic sieht in seiner destruktiven Strategie sogar einen aufgegangenen Plan. Und bei Salzburg ist bis heute noch nicht klar, ob Trainer Moniz überhaupt die Qualifikation für einen Cheftrainer mitbringt. Immer öfter kommt der Spartentrainer in ihm hervor, wenn er nach einem Spiel ausschließlich die mentale Komponente einer Analyse unterzieht.
Auch wenn sich Schöttel oder Vastic öffentlich moderner als ihre Urtrainerväter Krankl und Pacult verkaufen – einem internationalen Anspruch wird man damit noch lange nicht gerecht, wenn man Lactat-Tests und Videoanalysen ihre Berechtigung zubilligt. Außerdem scheint die neue Trainergeneration nur so lange erfolgreich zu sein, so lange man Wr. Neustadt oder Innsbruck trainiert und abwartend und etwas spielzerstörend agieren kann. Alles andere überfordert sie. International ist man da schon einige Schritte weiter.
Ein Inzucht-System ohne Erfolgsformel
Zwei große Probleme tauchen bei Trainerbestellungen in Österreich auf: Trainer werden weiterhin ausschließlich nach Wesensmerkmalen und ihrem Status in der kleinen österreichischen Fußballwelt bestellt. Auf den emotionalen Krankl folgte auf Nationalmannschaftsebene der nüchterne Hickersberger. Bei Rapid folgte auf den wilden, stänkernden Pacult, der ruhige, sachliche Schöttel. Und es ist darauf zu wetten, dass auf den ruhigen Schöttel der laute Kühbauer folgen wird. Das hat lange Tradition, auch wenn Wesensmerkmale bekanntlich nichts über die fachliche Qualität eines Trainers aussagen. Eine Vergangenheit als glanzvoller Kicker ebenso wenig.
Die deutschen Tuchel, Slomka, Klopp oder Favre wurden nach ihren fachlichen Qualitäten bestellt und verstehen es bei ihren Klubs zu überzeugen. Wo aber gibt es in Österreich diese jungen, hungrigen, fachlich arbeitenden Jungspunde? Im letzten ÖFB-Trainerlehrgang zur höchsten Trainerlizenz saßen von 15 Teilnehmern ebensoviele Ex-Profis, die anschließend allesamt die österreichische Bundesliga als ihr Arbeitsfeld sehen. Ein Inzucht-Vorgang, der nach der 78-er Spielergeneration jetzt die 98er-Helden von einst in die Bundesliga befördert. Eine Wachablöse ohne korrigierten Systemfehler.
Während sich die Tuchels, Klopps und Slomkas ihren Platz in der Deutschen Bundesliga, aufgrund fehlender Bekanntheit, hart erkämpfen mussten, fällt den Schöttels der Liga ein Trainerposten mehr oder weniger in den Schoß. Ohne große Anstrengungen, ohne viel Vorarbeit, die geleistet werden müsste. Also sind auch große Ambitionen und Visionen nicht nötig. Ein Platz in der Bundesliga ist schnell erreicht, mehr will man nicht.
Keine Vision für die große Chance
Die neue österreichische Trainergeneration um Schöttel und Vastic hat zwar verstanden, dass man sich der Moderne nicht verschließen darf. Jedenfalls, wenn man in Interviews zu Videoanalysen oder taktischen Spielereien befragt wird, weil alles andere mittlerweile öffentlich beschossen werden würde. Daher sind auch immer wieder vernünftige Stellungnahmen der neuen Trainergeneration zu lesen. Wären da nicht die Fußballspiele am Platz, die alle Aussagen als Luftblasen entlarven.
Dabei hätte man eine große Chance: Österreichs Klubfußball hat, auch durch den veränderten Modus der UEFA und auch durch vereinzelt gute Leistungen in den letzten Jahren, die Möglichkeit einen Fixplatz in der Champions Leaque zu erreichen. In einer Liga, deren Funktionäre die Wichtigkeit der Kompetenz des Trainers aber immer noch nicht kapiert haben, scheint das wenig realistisch.
.