Wie findet man den richtigen Teamchef?

Welchen Fußball soll Österreich in Zukunft spielen? ÖFB Präsident Windtner darf nicht nur seinen Teamchef maßregeln, über den Tellerrand zu schauen, er muss es auch selbst tun und eine Philosophie für den ÖFB entwickeln. Mit einem Schnellschuss Daum würde

logo_qualitaetsjournalismusWelchen Fußball soll Österreich in Zukunft spielen? ÖFB Präsident Windtner darf nicht nur seinen Teamchef maßregeln, über den Tellerrand zu schauen, er muss es auch selbst tun und eine Philosophie für den ÖFB entwickeln. Mit einem Schnellschuss Daum würde sich der ÖFB nur seiner Verantwortung entledigen.

 

Didi Constantini ist nicht der richtige Teamchef für Österreich. Höchstwahrscheinlich wäre er auch der falsche Mann für Brasilien, Spanien oder die Färöer Inseln. Jemand der Taktik ablehnt, Systemkram verteufelt und die Wahrheit am Platz liegend vermutet, hat im heutigen Fußball nichts mehr verloren. Auch wenn Constantini, Windtner & Co. fehlendes Spielglück, Mario Gomez, individuelle Fehler, unglückliche Gegentreffer und nicht verwertete Elfer für die unglücklichen Auftritte des ÖFB-Teams verantwortlich machen. Wer Dortmund zuschaut oder Spanien oder Mainz oder Hannover oder Ried, der sieht, dass Fußball auch planbar sein kann. Vorausgesetzt man schert sich um Entwicklungen.

 

Wie könnte Österreich also auftreten in Zukunft. Wenn die Steinzeit Geschichte sein sollte und die Zukunft die Gegenwart bestimmt. Die Sache ist schnell geklärt. Mit Harnik, Leitgeb, Korkmaz, Kavlak, Arnautovic, Baumgartlinger, Alaba, Hoffer, Royer & Co. stehen Österreich so viele dynamische, flotte, kreative Spieler wie schon lange nicht mehr zur Verfügung.

 

Mit Pogatetz, Dragovic, Fuchs, Scharner, Prödl, Stranzl, Garics, Ibertsberger und Dag ist auch die Abwehr mehr als hochkarätig doppelt besetzt. Die meisten Legionäre spielen in ihren Vereinen in modernen Systemen und entwickeln sich (vielleicht gerade dadurch) zu Leistungsträgern. Siehe Pogatetz bei Hannover, Ivanschitz und Fuchs bei Mainz (jetzt bei Schalke), Janko bei Twente oder Alaba in Hoffenheim. Österreich hat junge, qualitativ hochwertige, dynamische Spieler. Ähnlich wie Mainz oder Dortmund oder im kleinen auch wie das deutsche Nationalteam. Warum also nicht auch ähnlich spielen? Viel gelaufen wird beim ÖFB-Team ja schon jetzt – sagen Zahlen. Nimmt man gut gespieltes Pressing und einen klaren Spielaufbauplan dazu, kann das schon was werden.

 

Welcher Trainer wäre also ideal für das Team?

Klopp, Tuchel, Rangnick, Dutt stehen alle unter Vertrag in der deutschen Bundesliga. Dürfte schwer werden, Klopp von Dortmund, Tuchel aus Mainz oder Rangnick aus Gelsenkirchen wegzulotsen. Unrealistisch.

 

Der ÖFB tendiert entweder zu einer internen Lösung mit Herzog (fehlt aber jeglicher Erfolg mit der U-21) oder Heraf (hat sich mit seinem Taktik-Chaos bei der U-20 WM wohl selbst demontiert). Oder man will der Öffentlichkeit einen international erfahrenen Mann präsentieren. Dann wird man an die überwuzelten Daum, Magath oder Vogts (dem ÖFB ist alles zuzutrauen) denken.

 

Was gegen den Trainertypus Daum spricht, brachte der „Spiegel" auf den Punkt: „Klopp, Tuchel, Slomka - diese Saison war die Erfolgsgeschichte eines modernen neuen Trainertyps. Die Meistertrainer Felix Magath und Christoph Daum wirkten dagegen wie aus einer früheren Epoche. Ihre Methoden sind von der Zeit überholt worden."

 

Oder weiter: „Der Fußball hat sich seit Daums großer Zeit Anfang der neunziger Jahre extrem verändert, was die Arbeitsweisen angeht, die Lehrmethoden. Der Eintracht-Coach war mal Trendsetter. Der Trend hat ihn längst überholt, vor Jahren schon. Zuletzt hatte er nur noch ein Retter-Image, der ehemalige Fast-Bundestrainer als Feuerwehrmann. Es ist nichts verheerender für einen Trainer, als ein Retter, der nicht retten kann. Dann bleibt nichts mehr übrig."

 

Und einen Feuerwehrmann ohne Retterqualitäten hat der ÖFB gerade auf seiner Trainerbank.

 

Also was tun? Ein wenig untergegangen im Trubel um Klopp und Tuchel ist Mirko Slomka, der (und das hat er gegen Ende der letzten Saison schon mehrere Male betont) bei Hannover 96 nicht mehr lange eine Perspektive sehen wird. Slomka war schon einmal nahe dran österreichischer Teamchef zu werden. Überzeugungsarbeit bräuchte es ein wenig, aber nicht so viel wie manche denken.

 

Die ÖFB-Führung hängt ihre Verantwortungsbereiche dem Teamchef im Untergang mit um

Internationale, über den Tellerrand blickende Trainer, wissen Bescheid über die sprudelnde Spielerquelle des österreichischen Kicks. Trainer wie Slomka wissen, dass eine Teilnahme der österreichischen Nationalmannschaft bei einem großen Turnier (einer WM oder EM) einer Sensation gleichkäme, die unmittelbar mit der Person des Trainers verknüpft werden würde. Es liegt an der ÖFB-Führung Spielmaterial und vorhandenes Trainermaterial einem Vergleich zu unterziehen und man würde unweigerlich den Richtigen treffen.

 

Der ÖFB pfeift aber auf seine Eigenverantwortung. Ein internationaler Fachmann (auch wenn schon überwuzelt) soll die Kritiker verstummen lassen und sich alleine um die Philosophie des ÖFB kümmern. Präsident Windtner hält zwar den amtierenden Teamchef an, über den Tellerrand zu blicken und internationale Entwicklungen aufzusaugen. Selber schert er sich aber, ohne schlechtes Gewissen, ebenso wenig darum. Es liegt an den Verantwortlichen des ÖFB eine Philosophie zu entwickeln und einen Teamchef demnach auszuwählen. Den Teamchef zum Alleinherrscher zu ernennen und ihn nach ausbleibendem Erfolg maß zu regeln, mutet mittlerweile lächerlich an. Die ÖFB-Führung vergisst ihre Verantwortungsbereiche und hängt sie dem Teamchef, der ohnehin nicht mehr zu halten ist, im Untergang mit um. Eine feige, nicht zukunftsorientierte und sicher nicht Ziel führende Strategie.

                                                                                             Gerald Gossmann

 

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