In alten Denkmustern zur ÖFB-Reform
Der ÖFB darf nicht nur Strukturen reformieren und einen neuen Teamchef bestellen. Die Führungsriege muss moderne Entwicklungen erkennen und umsetzen, sprich die eigenen Denkmuster reformieren. Weil das aber nicht möglich scheint, bleibt die Zukunft des ÖF
Der ÖFB darf nicht nur Strukturen reformieren und einen neuen Teamchef bestellen. Die Führungsriege muss moderne Entwicklungen erkennen und umsetzen, sprich die eigenen Denkmuster reformieren. Weil das aber nicht möglich scheint, bleibt die Zukunft des ÖFB ungewiss.
von Gerald Gossmann
Präsident Windtner will also von heute auf morgen modern werden. War gestern der altmodische Constantini noch gut, soll heute das Anforderungsprofil für einen Teamchef auf den neuesten Stand gebracht werden. Vielleicht wird sogar ein Teammanager nach deutschem Vorbild installiert. Die Strukturreform im ÖFB ist wichtig, es braucht eine kompetente Führungspersönlichkeit, die das Nationalteam in die Zukunft führt. Willi Ruttensteiner wäre so einer. Denn ein Präsident, für den der ÖFB nur ein zusätzliches Amt bedeutet, wird nicht ausreichen. Heißt der zukünftige Sportmanager des ÖFB aber Herzog oder Polster wird es problematisch. Dann hat der ÖFB zwar die Strukturreform bewältigt, die Bedeutung der handelnden Personen aber nicht kapiert. Die neue Struktur als zusätzliche Möglichkeit zu missbrauchen, Ex-Kickern Versorgungsposten zuzuschanzen, wird nicht den gewünschten Erfolg bringen.
Bislang dürfte man im Hause ÖFB durchaus davon ausgegangen sein, dass der Teamchef ohnehin bedeutungslos sei. Warum ansonsten wurden Maskottchen der Marke Krankl oder Feuerwehrmänner wie Constantini zu Teamchefs bestellt? Dass dem nicht so ist, dürfte in fast alle Köpfe des Landes gedrungen sein. Das Problem: Die Köpfe der ÖFB-Führungsriege zählen zu den Auserwählten, die das nicht überzuckert haben dürften. Es birgt durchaus Gefahrenpotential in sich, wenn der Präsident des Tiroler Landesfußballverbandes Theoretiker als Trainer kategorisch ablehnt, mit der Begründung: „Mit Praktikern wie Constantini sind wir bislang ganz gut gefahren." Warum das Probleme bereiten könnte? Der Präsident des Tiroler Fußballs ist stimmberechtigt, wenn es um die Bestellung des neuen Teamchefs geht. Krone-Reporter Peter Linden will nach dem Länderspiel gegen Deutschland von Präsident Windtner gehört haben, dass er den Teamchef gar nicht absetzen wolle, bloß die Medien würden mehr Druck als noch zu früheren Zeiten ausüben. Nichts kapieren und nur auf Druck diverser Einflüsse zu reagieren, scheint aber auch nicht sinnvoll.
Auch neue Strukturen im ÖFB würden solches Denken nicht ausrotten. Es würde die neuen Strukturen, die durchaus sinnvoll sein mögen, sofort wieder mit Postenschacher und fehlendem Fußballsachverstand unterwandert werden.
Präsident Windtner vertraut den Prohaskas des Landes
In Sachen Teamchef wird der von Windtner angekündigten „Expertenrunde“ ein gewichtiges Wort zukommen. Es kursieren die Namen von Thomas Parits, Heinz Hochhauser und Carsten Jancker. Es ist davon auszugehen, dass Herbert Prohaska den Präsidenten persönlich beraten wird. Wie Prohaska denkt, kann man in jedem Länderspiel beobachten, wenn er statt Analyse Propaganda betreibt. „Die Spieler müssen bei ihren Vereinen spielen“, sagte er nach dem Türkei-Länderspiel. Nachsatz: „Und auch dann werden wir in Zukunft nur eine kleine Chance haben uns zu qualifzieren.“ Entweder versucht der Analytiker des ORF bewusst den Zuseher hinters Licht zu führen oder er weiß es nicht besser. Beide Varianten würden nicht für Prohaska sprechen. Mit Janko, Harnik, Fuchs, Pogatetz, Arnautovic, Dragovic, Scharner, Ivanschitz, Alaba und Kavlak verfügt das ÖFB-Team über beinahe eine gesamte Nationalmannschaft, deren Spieler in Topligen Stammspieler, Leistungsträger oder beides sind. Nur Alaba spielt von den aufgezählten derzeit nur 30 Minuten im Schnitt, aber das immerhin bei Bayern München. Länder mit wesentlich schlechterem Spielermaterial spielen derzeit noch um einen Platz bei der nächsten Europameisterschaft.
Altkicker wie Herbert Prohaska, der in Österreich den Status des uneingeschränkten Fußballfachmanns genießt, spielen bei Teamchefbesetzungen auch unbewusst eine gewichtige Rolle. Windtner vertraut Männern mit der Erfahrung eines Prohaskas. Prohaska meinte einmal nach einem Länderspiel, man solle Constantini noch Zeit geben und auf Kontinuität setzen. Kurz darauf befolgte Windtner Prohaskas dogmatische Richtlinie. Jetzt sprach Prohaska davon, doch auf eine österreichische Lösung zurückzugreifen. Nur einen Tag danach sprach sich auch Windtner dafür aus.
Warum überprüft man nicht das Spielermaterial mit der Trainermethodik?
Zu einer fast österreichischen Lösung könnte es auch kommen. Franco Foda steht bei einigen Präsidiumsmitgliedern des ÖFB ganz oben im persönlichen Teamchefranking.
Dabei vergisst der ÖFB aber die Kompatibilität zwischen Spieler und Trainerphilosophie zu überprüfen. Bei Franco Foda vergisst man zu hinterfragen ob seine Arbeit bei Sturm Graz – sprich Kurzpassspiel – auch auf die Nationalmannschaft umzulegen wäre. Um sein Sturm-System spielen zu können, braucht es die tägliche Arbeit mit der Mannschaft. Das geht beim Team nicht. Hier braucht es einen Trainer, der ein Team taktisch punktgenau auf den Gegner einstellen kann. Es ist zu bezweifeln, dass die Kombination Foda/Team passen würde. Auch ein Hickersberger lies bei Rapid erfrischenden Kombinationsfußball spielen und scheiterte beim Team wegen der so gegensätzlichen Trainingsarbeit im Vergleich mit dem Klubfußball.
Es reicht also nicht, den Teamchef nach Namen (Rehagel, Daum, Hitzfeld) oder persönlicher Präferenz (Herzog, Foda, Kühbauer) auszuwählen. Es bedarf eines Vergleichs von Spielermaterial und Trainermethodik. Österreich hat mit Royer, Harnik, Alaba, Arnautovic, Kavlak, Korkmaz, Hoffer & Co. einen Haufen schneller, dynamischer und trickreicher Spieler zur Verfügung. Ein Rehagel wäre also eine völlig deplatzierte Lösung, da eine destruktive Fußballauffassung eine Beleidigung des derzeitigen österreichischen Spielermaterials darstellen würde. Es Bedarf eines Trainers, der auch das Offensivspiel planen kann. Demnach muss der ÖFB bei der Wahl des neuen Teamchefs auch vorgehen. Oberflächliche Kriterien, wonach der Teamchef Professionalität, Qualität und Herzblut mitbringen müsse, werden zu wenig sein.
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