Gludovatz, nein danke! Warum es Fußballprofessoren in Österreich schwer haben

Der ÖFB versucht krampfhaft Ex-Profis als Trainer in die Bundesliga zu hieven. Auch wenn in Österreich und Deutschland derzeit ausschließlich Nicht-Ex-Profis für Furore sorgen. von Gerald Gossmann    Paul Gludovatz hat eigentlich alles, warum man ihn als

logo_qualitaetsjournalismusDer ÖFB versucht krampfhaft Ex-Profis als Trainer in die Bundesliga zu hieven. Auch wenn in Österreich und Deutschland derzeit ausschließlich Nicht-Ex-Profis für Furore sorgen.

von Gerald Gossmann

 

 Paul Gludovatz hat eigentlich alles, warum man ihn als modernen Trainer bezeichnen könnte. Erfahrung im Jugendbereich, einen mathematischen Zugang zum Fußball, Taktikaffinität, keine große Spielervergangenheit aber Erfolg als Trainer. Das alles hat Gludovatz mit seinen deutschen Kollegen Klopp, Tuchel, Slomka und Dutt gemeinsam. Sie alle predigen derzeit Konzeptfußball. Ohne selbst große Kicker gewesen zu sein. Allesamt fahren sie gut damit.

 

 

Paul Gludovatz holte gestern gegen den dänischen Spitzenklub Bröndby Kopenhagen in der Euroleaque-Quali ein 2:0, was ihn und seine Rieder wohl eine Runde weiter bringt. Mit einer durchschnittlichen Bundesligatruppe aber einem überdurchschnittlichen taktischen Konzept. Man könnte den Sieg mit Glück, einem überragenden Rieder Torwart oder einer unverschämt guten Chancenverwertung argumentieren. Aber auch mit einem Spielsystem, das so ganz unösterreichisch daherkam. Keine hohen Bälle nach vorne, viel Ballkontrolle, eine fein abgestimmte Defensive. Da war wenig Zufall dabei gestern. Für den ersten Europacupauftritt unter Gludovatz: Respekt.

 

Der ÖFB hatte Gludovatz viele Jahre vor der Haustür sitzen. Auch als er mit dem U-20 Team WM-Vierter wurde. Als Teamchef war er aber nie wirklich eine Option. Den Job bekamen Krankl, Hickersberger, Constantini. Ein bisschen Ex-Kicker sollte man halt doch gewesen sein. Gludovatz kann damit nicht dienen.

 

Die Deutschen haben den Trend zur Verwissenschaftlichung des Fußballs bereits erkannt und setzen vermehrt auf Fußballprofessoren im Trainerbereich. Matthias Sammer dazu: „Wir müssen bei den ehemaligen Spielern ein bisschen umdenken. Fußball spielen und Fußball lehren ist ein gewaltiger Unterschied.“

 

Der ÖFB setzt seit Jahren auf Ex-Profis im Trainerbereich und fährt schlecht damit. Weder Krankl, noch Hickersberger, noch Constantini waren die Heilsbringer des österreichischen Fußballs. Im Ausland sind österreichische Trainer nicht gefragt.

 

Man könnte jetzt hergehen, wie das viele Medien und auch Trainer selbst tun, und den Spielern den schwarzen Peter zustecken. Oder, wie Chef-Trainerausbildner Janeschitz, den Grund im schlechten Image des heimischen Kicks suchen.

 

Geht aber schwer, wenn österreichische Spieler in Scharen ins Ausland wechseln, dort spielen, teilweise sogar zu Leistungsträgern avancieren und nach österreichischen Coaches weiterhin kein Hahn kräht.

 

Österreich liegt in einer Liste, was seine Coaches im Ausland betrifft an 40. Stelle in Europa von 44 Ländern, hat Martin Blumenau in seinem Fußballjournal errechnet.

 

Sogar Trainer aus Weißrussland, Finnland, Ungarn, Litauen, Georgien, Mazedonien, Estland, Wales, Nordirland, Polen, Moldawien, Albanien, Luxemburg und Island liegen in Sachen Auslandsengagement-Häufigkeit vor uns. Auch wenn bezweifelt werden darf, dass die Imagewerte dieser Fußballländer über das Image des österreichischen Kicks zu stellen sind.

 

Peter Pacult sagte vor kurzem auf Servus TV, seinem jetzigen Haus- und Hofsender, dass er nie im Leben Lehrer geworden wäre, da es sein erklärter Alptraumberuf sei. Didi Constantini erklärt Taktik für überbewertet, Hans Krankl leugnete als österreichischer Teamchef gar deren Existenz. Die ehemaligen Kickergrößen verlassen sich in ihrer Trainingsarbeit lieber auf Profanes wie Motivation oder das Herbeisehnen von Glück und das Bejammern des logisch darauf folgenden Pechs. Keine Verwissenschaftlichung des Kicks, nicht zu viel Moderne.

 

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Die bunte „Österreich"-Tageszeitung fragte Constantini vergangenen Sonntag, was Sturm Graz benötige um gegen die Georgier im Europacup aufzusteigen. Constantini sprach von Tagesverfassung und einer Portion Glück. Österreichische Trainer – vor allem jene mit einer großen Spielervergangenheit – reden den Part des Trainers immer öfter klein. Kühbauer: „Als Spieler kannst du eben mehr ins Spiel eingreifen. Als Trainer nicht mehr so." Ausländische Coaches ohne große Kickvergangenheit tun das nicht. Dortmunds Meistertrainer Klopp: „Jetzt als Trainer kann ich endlich in ein Spiel eingreifen, es lenken."


Es ist kein Zufall, dass drei der vier Europacupstarter entweder von ausländischen Trainern oder Nicht-Ex-Profis trainiert werden. Moniz und Foda bei Salzburg und Sturm, Gludovatz, der Mann ohne große Kickervergangenheit, bei Ried.

 

Der ÖFB versucht trotzdem weiterhin krampfhaft ausschließlich ehemalige Profikicker in die Bundesliga zu hieven (90Minuten.at hat ausführlich berichtet: etwa hier, hier oder hier).

 

Nur wer die UEFA Pro-Lizenz besitzt, ist ermächtigt eine Bundesligamannschaft zu trainieren. Im diesjährigen Kurs sitzen 14 Schüler. 14 davon waren Profis. Darunter Vastic, Pfeifenberger, Hütter und Kühbauer. Viele Alternativen werden die Bundesligisten und das ÖFB-Team demnach nicht haben, als einen Ex-Profi werken zu lassen.

 

Martin Scherb, derzeit SKN St.Pölten-Coach, ist als einer der wenigen Nicht-Profikicker im Besitz der UEFA Pro Lizenz. Und das obwohl der ÖFB 20 von 100 Punkten für eine ehemalige Spielerkarriere vergibt. „Für ehemalige Profispieler ist es viel einfacher in die Ausbildung zu kommen als für Trainer wie mich, die sich von unten nach oben raufarbeiten. Ohne den Aufstieg des SKN in die 2. Bundesliga im Jahr 2008 hätte ich, aller Voraussicht nach, keine Möglichkeit gehabt, diesen Kurs zu absolvieren“, erklärt Scherb auf seiner Homepage in Anlehnung an die aufdeckenden Artikel auf 90Minuten.at.

 

„Das Hauptptroblem ist, dass praktisch der ÖFB entscheidet, wer überhaupt die Möglichkeit hat im Profifußball als Trainer zu arbeiten. Aus meiner Sicht dürfte die Spielerkarriere kein Kriterium für die Zulassung sein, sonst könnte ja jeder, der in die Schule gegangen ist, und das sind ja die meisten, auch jederzeit in der Schule unterrichten.“

 

Gludovatz war in seinem früheren Leben zwar kein großer Kicker, aber Lehrer. Dem ÖFB ist er aber ohnehin zu kritisch: „Die Herren vom ÖFB werden mich nicht fragen. Denen bin ich zu unbequem“, sagt Gludovatz.

 

Ein Vergleich: Didi Constantini, ehemaliger Kicker, hält Taktik für überbewertet, heute erfolgloser Teamchef, trotz einer Legionärsauswahl im Kader die allesamt Stammspieler in Topligen sind.

 

Dagegen Paul Gludovatz, ehemaliger Lehrer, hält Taktik für wichtig, WM-Vierter mit der U-20, heute erfolgreicher Trainer in Ried, trotz geringem Spielermaterial, trotz geringer Mittel.

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