Ein Teamchef, ein System, keine Zukunft

Österreich spielt gegen Deutschland stark. Schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive, ballsicherer als zuletzt, Alaba bester Mann, Harnik nicht viel schlechter, die Abwehr weniger konfus, die Laufwege wirken nahezu einstudiert, der Ball läuft mehr

logo_qualitaetsjournalismusÖsterreich spielt gegen Deutschland stark. Schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive, ballsicherer als zuletzt, Alaba bester Mann, Harnik nicht viel schlechter, die Abwehr weniger konfus, die Laufwege wirken nahezu einstudiert, der Ball läuft mehr als die österreichischen Teamspieler. Das war nicht immer so.

 

Wissenschaftlich erhobene Zahlen zeigen gerade, dass Österreichs Spieler gegen Belgien und die Türkei überdurchschnittlich viele Kilometer zurückgelegt haben. Entgegen aller Beschimpfungen, Österreichs Teamspieler seien lauffaul. Heute wurde der Ball zum Laufen gebracht, das fällt Österreichs Spielern aber schwerer, wenn das Spiel selbst gestaltet werden muss. Dann läuft man eben selbst zu viel, ohne zählbaren Erfolg.

 

Betrachtet man das Spiel gegen Deutschland nüchtern, brachte es wenig neue Erkenntnisse. Schon zu Beginn der Amtszeit von Didi Constantini spielte man in Serbien ähnlich wie gegen Deutschland. Gut in der Defensive, schnelles Umschalten, guter Konterfußball, unglücklicher Spielverlauf samt Niederlage. Der Teamchef und das Team wurden damals für die couragierte Spielweise bejubelt. Es folgten Spiele ohne Plan, vor allem wenn Österreich selbst das Spiel zu gestalten hatte.

 

Selbes Szenario beim 4:4 gegen Belgien. Das Konter-Rezept funktionierte, auch wenn das keine neue Erkenntnis war. Österreichs Spieler samt Teamchef wurden bejubelt. Gegen Belgien zu Hause folgte der nicht ganz unerwartete Rückschlag. Österreichs Team kann nämlich kein Spiel gestalten, wenn es darauf ankommt. Das hat es nicht gelernt, weil der Teamchef auf den Kontertrick baut – egal gegen wen. Sogar gegen Kasachstan und Aserbaidschan – wohlgemerkt in Heimspielen – wurde auf Konter gesetzt. Seltsameres hat man selten gesehen.

 

Heute dürfte sich das Rad wieder einmal neu zu drehen begonnen haben. Österreichs kollektives Langzeitgedächtnis ist ein kurzzeitiges.  Wieder einmal wird die Kontertaktik gegen einen klar über uns zu stellenden Gegner bejubelt. Auch wenn der zweite Trick – ein spielgestaltendes System - weiterhin nicht gekonnt wird.

 

Schon andere Trainer sind an ihrer Einfältigkeit in Systemfragen gescheitert. Jüngstes Beispiel: Huub Stevens, der partout gegen jeden Gegner mit demselben System spielen wollte.

 

Und Constantini weiß um die Hürde der Einfältigkeit. Nach den Spielen gegen Belgien und die Türkei verurteilte der Teamchef die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und umging so eine Dískussion um die fehlende Spielgestaltungsfähigkeit seines Teams. Constantini wusste genau, dass gegen die großen Deutschen vieles leichter wird. „Vielleicht liegt uns die Rolle, in der uns niemand etwas zutraut mehr“, sagte er schon damals. Nur wie soll Österreich je ein Endturnier erreichen, wenn man scheitert sobald man das Spiel gestalten muss und Erwartungshaltung gegen einen ebenbürtigen Gegner vorhanden ist.

 

Österreichs Team hat heute seine einzig brauchbare Strategie präsentiert. Die Konter-Taktik. Der Aufschluss über die Funktionalität dieser Taktik gibt trotzdem wenig Hoffnung auf die Zukunft des Teams und eine mögliche Qualifikation für ein Großereignis in den nächsten Jahren.

 

Naturgemäß wird jetzt von einem Schritt nach vorne gesprochen werden. Constantini ist eindeutiger Sieger der Partie. Hansi Müller, deutscher Ex-Internationaler, fordert in Waldi´s EM-Klub sogar einen Langzeitvertrag für diesen Teamchef, der die Deutschen an den Rand eines Remis bringt. Constantini sitzt wieder fest im Sattel, auch wenn das 1:2 die fünfte Niederlage in Folge bedeutet und weiterhin nur ein System gespielt werden kann.

 

In Österreich verweigert man Analysen solcher Art. Es wird nur auf das aktuelle Spiel eingegangen, vom fehlenden Glück gesprochen, ohne die Spiele der Ära Constantini in einem Gesamtkontext zu sehen. Genau das wäre aber nötig, soll sich der österreichische Fußball entwickeln. Ansonsten ist er bloß von Launen nach guten oder schlechten Spielen abhängig.

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