Die 10 Irrtümer des Didi Constantini
Didi Constantinis ständiger Begleiter wird lästig. Kritik dort, Kritik da. Journalisten, Fans, jetzt der Präsident höchstpersönlich. Constantini mag hereinbrechende Kritik nicht. Er versteht sie auch nicht. Constantini versucht sich zu rechtfertigen, selt
Didi Constantinis ständiger Begleiter wird lästig. Kritik dort, Kritik da. Journalisten, Fans, jetzt der Präsident höchstpersönlich. Constantini mag hereinbrechende Kritik nicht. Er versteht sie auch nicht. Constantini versucht sich zu rechtfertigen, selten wird ihm dabei widersprochen. Daher hier: die größten Irrtümer des Didi Constantini. Ein Widerspruch.
von Gerald Gossmann
Irrtum 1: Das Spiel gegen Belgien hat alles zusammeng´haut.
Weil zu viele diesen Schmarren auch glauben, hier die Bilanz im Zeitraum der EM-Qualifikation:
Seit Beginn holte das Team unter Constantini 3 Siege, 1 Remis und 6 Niederlagen. Die drei Siege holte das Team gegen Kasachstan, Aserbaidschan (mit Hängen, Würgen und seltsamem Konterfußball) und Lettland. Das Remis in Belgien – Österreich kassierte dabei in wenigen Minuten drei Gegentreffer mit einer Abwehr die mehr Scheunentor denn sicher war. Die Niederlagen: gegen die Schweiz, Griechenland, Holland, Belgien, Türkei und Deutschland. Die Pleiten gegen Deutschland, die Schweiz, Griechenland, Holland und die Türkei sind im Kosmos des Didi Constantini aber normal, weil die Länder in der Weltrangliste weiter oben und nicht unten krebsen. Also bleibt Belgien als einziger Wehrmutstropfen. Qualifizieren kann man sich dann aber nie. Auch nicht für 2014.
Irrtum 2: Wir können nix reißen, weil die meisten Länder, laut Weltrangliste, vor uns liegen
Eigentlich ist die Weltrangliste ja komplett irrelevant. Für Constantini ist sie Argumentationshilfe Nummer eins. Bis auf Polen liegen ausschließlich Fußballzwerge hinter uns. Österreich ist also Serien-Underdog. Selbst der kleinste Fußballzwerg geht heute mit Plan aufs Feld. Mit ein Grund warum Österreich, als Planloser, ins Hintertreffen gerät und Lettland mittlerweile auf Augenhöhe hat. Auch Belgien war vor den beiden Duellen gegen Österreich auf Augenhöhe, sogar ein Stück hinter dem ÖFB-Team. Nach ein paar internationalen Punkten, vor allem 4 gegen Österreich, ist Belgien Österreich davon geeilt. Österreich ist 66., Belgien 37. Ohne Plan, keine Siege und ohne Siege kein Vorankommen in der Weltrangliste. Also ist es hausgemachtes Constantini-Schicksal, dass sich Österreich in der Weltrangliste so wild bewegt wie ein Lignano-Urlauber am Sardinenbüchsenstrand.
"Die Frage ist: Akzeptiert man, dass man nicht automatisch besser ist? Oder wehrt man sich? Dann muss man sich auch mehr anstrengen", sagt der moderne Jürgen Klopp. Mit Constantinis steinzeitlichem Pragmatismus („de san von da Papierform her vor uns, und de a, und de erst recht") wird es aber auch für 2014 nicht mit einer Qualifikation klappen.
Irrtum 3: Die Spieler müssen im Ausland zu Führungsspielern werden. Davon haben wir noch zu wenige
Stimmt wieder nicht. Janko (bester Torschütze bei Twente), Harnik (bester Torschütze bei Stuttgart), Fuchs (Leistungsträger in Mainz, jetzt zu Schalke gewechselt), Pogatetz (im Team der Saison der Deutschen Bundesliga), Scharner (Leistungsträger in der Premier League), Alaba (spielte jedes Rückrundenspiel für Hoffenheim), Dag (Besiktas) und Dragovic (Basel) sind Leistungsträger. Ist schon mal ein ganzer Haufen. Dazu kommen die regelmäßig spielenden Prödl (Bremen) und Hoffer (Frankfurt). Plus die verbannten Ivanschitz (Mainz), Manninger (Genua), Garics, Stranzl, Iberstberger, Korkmaz, Arnautovic – Leitgeb, Kavlak und Phelivan dürften seit gestern auch dazuzählen.
Constantini fordert zwar, dass mehr Spieler bei CL-Klubs der vier Topligen Leistungsträger sein müssten. Dann müsste aber auch die Forderung an den Teamchef nach oben schnellen. Und warum gilt Entwicklung ausschließlich für Spieler und nicht für den Teamchef, der bloß Kindercamperfahrung mitbringt. Und kurzzeitig österreichische Mittelständler gecoacht hat. Schließlich könnten Spieler wie Fuchs oder Pogatetz ja auch ein Kaliber wie Rangnick fordern. Fordern darf im patriarchalischen ÖFB aber alleine der Teamchef. Fordert ein Spieler, würden die Medien die Forderung sofort als Rundumschlag bezeichnen. Also traut sich keiner mehr (siehe die Verbannung von Pogatetz und Scharner unter Hickersberger).
Irrtum 4: Die vielen Ausfälle sind schuld. Nie kann mit derselben Mannschaft gespielt werden
Nie mit derselben Mannschaft spielen zu können ist ein Los der Nationalmannschaften. Passt aber das System sind Spieler heutzutage austauschbar. Siehe Deutschland oder aktuell (auch wenn der Vergleich hinkt, weil Vereinsmannschaft) der FC Barcelona, der auch mit der B oder gar C-Mannschaft immer ähnlich stark auftritt, weil das System spielt, alle Spieler haben es intus, egal wer am Feld steht. Eine Mannschaft ohne System steht bei einigen Ausfällen an.
Irrtum 5: Ich habe zu wenig Zeit mit den Spielern. Das System kann nicht in Fleisch und Blut übergehen
Der Länderspielspielplan der UEFA bietet allen Nationen Europas dieselben Vorraussetzungen. Auch die Teamtrainer von Deutschland, Spanien oder Holland haben ihre Mannschaften nicht ganzes Jahr über zur Verfügung. Trotzdem sind dort klare Systeme erkennbar. In Österreich nicht.
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Irrtum 6: Wenn wieder eine österreichische Mannschaft in die Champions League kommt, hätten wir bessere Chancen auf neue Prohaskas und Krankls (Aussage von Constantini in der deutschen FAZ).
Was würde ein Sturmlauf von Sturm Graz in der Königsklasse für den Fußball auf Nationalmannschaftsebene bewegen? Antwort: Nichts, da sowieso fast der komplette Kader aus Legionären gebildet werden könnte. Einer der skurrilsten Irrtümer des Teamchefs.
Irrtum 7: Die Teamchefs vor mir haben doch auch nicht mehr erreicht
Krankl und Hickersberger hatten aber lange nicht dieses Spielermaterial zur Verfügung. Auch wenn die Leistungen der Spieler in Österreich – warum auch immer – nicht gewürdigt werden, steht eine Riesenauswahl an Topspielern, die bei ihren Vereinen allesamt Leistung bringen zur Verfügung. Das sehen auch internationale Trainerasse wie Löw, Hitzfeld, Sammer, Wenger oder Hiddink so. Trotzdem haben in Österreich immer wieder die Spieler die Krot zu fressen, wenn es zu ergründen gilt warum´s nicht läuft.
Irrtum 8: Unsere Spieler zeigen oft zu wenig Charakter und sind lauffaul
Gegen Belgien und die Türkei hat es der Boulevard laut gesungen: Unsere Kicker laufen zu wenig und zeigen keinen Einsatz. Der Teamchef nickt dann gerne, weil er sich aus der Schusslinie wähnt. Zahlen und Fakten belegen aber mittlerweile, dass Österreichs Kicker mehr Kilometer als Türken oder Belgier gelaufen sind. Freilich posaunt das die „Krone" dann nicht mehr.
Nach lobenden Worten von Jupp Heynkes für David Alaba sprach der Teamchef vor ein paar Tagen: „Der David ist ein super Bursch. Wenn nur alle so wären wir er." Kurier-Haberer-Urgestein Wolfgang Winheim ergänzte, den ungesagten, aber höchstwahrscheinlich gedachten Nachsatz des Teamchefs: „Ja, wenn alle so wären wie Alaba, hätte sich das ÖFB-Team wohl für die EM qualifziert." Es stimmt schon, dass Alaba ein außergewöhnlich talentierter und dazu charakterstarker junger Mann ist. Aber das sind zweifelsohne Fuchs, Pogatetz, Janko, Harnik, Prödl, Dragovic, Baumgartlinger, Ivanschitz, Junuzovic & Co. auch. Warum also den Grund für das Scheitern wieder einmal im schlechten, charakterlosen Spielermaterial suchen.
Irrtum 9: Ich habe als Trainer mehr erreicht als andere je erreichen werden
Constantini war Interimstrainer verschiedener Bundesligisten und Kurzzeittrainer in Mainz Mitte der Neunziger. Erfolge und Titel: Null. Dank der verhaberten, unprofessionellen Strukturen im ÖFB sind auch Teamchefs wie Krankl oder Constantini möglich. Während Constantini in anderen Ländern mit einem Schlag als inkompetenter Schmähbruder entlarvt wäre, rätselt der ÖFB seit einem Jahrzehnt, warum es auf Nationalmannschaftsebene nicht läuft. Während Klopp, Tuchel & Co. nie aufhören zu lernen, steht Constantini in Sachen Bildungsstand. Oder kümmert sich um Kindercamps.
Irrtum 10: Taktik ist überbewertet
Würde keine Nation auf diesen Taktik-Schmarren setzen, wäre Taktik wirklich egal. Nachdem aber (und so schaut´s in der Realität aus) nahezu alle Länder auf System und die Verwissenschaftlichung des Fußballs setzen, also mit einem klaren Plan auf den Platz schreiten, hat ein Österreich mit Constantini und ohne Plan keine Chance. Der „Spiegel" schreibt diese Woche: „Die Wahrheit liegt heute nicht mehr auf dem Platz, sondern im Kopf." Es ist kein Zufall, dass Klopp, Tuchel, Slomka und Dutt in der deutschen Bundesliga heuer vorne waren. Ausgerechnet jene Trainer, die jedes Detail analysieren.
Constantini glaubt nun um seinen Job zittern zu müssen, nachdem Präsident Windtner den Teamchef medial zur Fortbildung angehalten hat. Muss er aber nicht. Es wäre nicht der ÖFB, würde Constantini entmachtet, eine teamchefübergreifende Philosophie eingeführt und ein akribisch arbeitender Slomka, Tuchel oder Rangnick geholt. Es wird weiter im „eigenen Saft gebraten" (Zitat: Leo Windtner). Constantini muss nicht um seinen Job zittern, nicht bei einem Arbeitgeber wie dem ÖFB. Sollte Constantini ernsthaft zittern, es wäre wohl sein elfter Irrtum.
Gerald Gossmann