Der verbannte Aufstand

Christian Fuchs trainiert in Mainz unter Tuchel, Pogatetz unter Slomka, Arnautovic trainierte unter Mourinho. Es ist davon auszugehen, dass viele ÖFB-Teamspieler sehr wohl wissen, wie ein Trainer seine Mannschaft vorzubereiten hat. Tuchel, Slomka und vor


Warum spielt ein Alaba in Deutschland wie ein Großer und unter Constantini wie ein Kleiner? Warum sieht Harnik in Stuttgart nach internationaler Klasse aus, während er sich nach Länderspielen von Hans Krankl sogar Schülerliganiveau absprechen lassen muss?

 

An der Nervenstärke der Spieler, wie von Constantini behauptet, kann es nicht liegen. Sie stehen in Deutschland, England und Holland ständig unter größerem Druck.

 

Constantini hat mehrmals erwähnt, dass ihm detaillierte Matchvorbereitungen egal sind, dass Taktik überbewertet sei und überhaupt und sowieso. Für den heutigen Fußball sind diese Bereiche aber unerlässlich. Der Teamchef lässt seine Spieler gegen die Wand laufen und putzt sich danach noch an ihnen ab.

 

Warum aber lassen sich die Spieler die Verdrehung der Tatsachen gefallen? Warum zeigen sie die Missstände nicht auf, anstatt sich vom Teamchef und der Öffentlichkeit die Klasse absprechen zu lassen?

 

Ganz einfach. Die Vergangenheit hat sie gelehrt, was man beim ÖFB besser nicht tut. Pogatetz und Scharner haben es versucht. Pogatetz sagte in der Ära Hickersberger: „Wir gehen in ein Spiel wie Schüler, die für eine Schularbeit nichts gelernt haben.“ Pogatetz, der gerade in England spielte, war damals schon anderes gewohnt. Der Öffentlichkeit wurde die konstruktive Kritik als Rundumschlag verkauft und Pogatetz verbannt.

 

Auch Garics wurde trotz seiner hervorragenden taktischen Ausbildung, und ohne Blick auf die ohnehin nicht klar besetzte Rechtsverteidigerposition, vom Teamchef wenig geschätzt. In einem Interview erzählte Garics einmal von italienischen Trainingseinheiten. Garics kannte aus Österreich davon nichts. Anfangs glaubte er an den Systemkram, den österreichische Trainer ja auch lächerlich machen, nicht wirklich, „bis ich merkte, dass man durch eintrainiertes, zentimetergenaues Stellungsspiel Tore verhindern kann.“ Vielleicht mochte Constantini Garics gerade wegen seines großen Wissens darüber so wenig. Erst nach vielen Nichtberücksichtungen holte Garics zum unnötigen, weil untergriffigen, Verbalschlag aus. Er sprach dem Teamchef die Eier ab, verschonte ihn aber, indem er seine fachlichen Unzulänglichkeiten nicht erwähnte. Warum auch immer.

 

Vielleicht halten sich Arnautovic, Harnik, Janko & Co. deshalb zurück, weil sie das abschreckende Bild der Verbannung nicht aus dem Kopf bekommen. Auf der anderen Seite: ist es für den Marktwert eines Spielers nicht egal ob man kein Teamspieler ist oder ein grottenschlecht Wirkender? Denn welchen Vorteil ziehen ÖFB-Nationalspieler noch aus ihrer Rolle? Von einem taktikunterbewertenden Teamchef planlos aufs Feld gestellt werden und danach öffentlich Watschen zu kassieren ist keine reizvolle Kombination, die es lohnt regelmäßig an, ausschließlich gute Laune erzeugenden, Teamcamps teilzunehmen.

 

Bleibt der Teamchef weiter lernresistent scheint der Aufstand provoziert. Denn wie viele fachlich überqualifizierte Mitarbeiter verträgt ein fachlich unterqualifizierter Chef. Je mehr Wissen sich die Legionäre im Ausland aneignen, je mehr sie die Wirklichkeit dort und die verdrehte Wirklichkeit hier bemerken, desto größer wird die Gefahr für kritische Stimmen und desto dünner wird die Luft für den Teamchef. Constantini würde in diesem Fall, mit der Zahl an Verbannungen nicht fertig werden. Er könnte nur mehr auf Spieler aus der österreichischen Liga, in der Taktik und System weiterhin fast nicht existieren, und die ihm daher fachlich auf Augenhöhe begegnen, zurückgreifen.

 

Denn setzt der ÖFB weiterhin auf ein Fortschrittsverbot durch die Verbannung jener, die konstruktiv etwas beitragen, wird eine Bundesligatruppe, die keine taktischen Anweisungen kennt und daher schweigt, als Nationalteam übrig bleiben.