Das ÖFB-Team stößt ins Einmaleins der Moderne vor
Das ÖFB-Team stößt in die Moderne vor und befindet sich international wieder auf Augenhöhe. Egal ob das Spiel gegen die Ukraine verloren wurde. Egal was Herbert Prohaska sagt. von Gerald Gossmann Österreich verliert in letzter Minute 1:2 in der Ukraine
Das ÖFB-Team stößt in die Moderne vor und befindet sich international wieder auf Augenhöhe. Egal ob das Spiel gegen die Ukraine verloren wurde. Egal was Herbert Prohaska sagt.
von Gerald Gossmann
Österreich verliert in letzter Minute 1:2 in der Ukraine und Herbert Prohaska analysiert: „Alle Journalisten müssen ihre Berichte in den Papierkorb werfen. Auch wir. Bis zum 2:1 hätten wir gesagt, dass das Debüt von Koller geglückt ist.“ Aber jetzt?
Vor dem Spiel wies der Chefanalytiker des Fußballlandes noch darauf hin, Marcel Koller nicht am Ergebnis messen zu wollen. In vorauseilender Angst, der neue Theoretiker-Teamchef könnte mit einem Sieg Österreichs in der Ukraine den Ruf seiner Praktiker-Haberer endgültig zerstören. Also vorbauen.
Eine Niederlage bringt anscheinend andere Voraussetzungen. „Irgendwann ist der Aufbau zu wenig. Spiele, wo du so überlegen bist, musst du gewinnen“, spricht Herbert Prohaska kurz nach Abpfiff. Und dann der Verweis samt Vergleich: ein ähnliches Spiel von Österreich habe er, Prohaska, schon gegen Deutschland gesehen. Unter Constantini. In Rückstand, Ausgleich, später Gegentreffer nach guter Leistung. Die Message: Da hat sich nichts geändert. Constantini und Koller. Kein Unterschied.
Aber war da gestern wirklich kein Unterschied zu den Spielen seines Vorgängers?
Wohl nur, wenn man, wie Chefanalytiker Prohaska, stur nach dem Ergebnis beurteilen mag.
Österreich verteidigt seit gestern nicht mehr tief im eigenen Strafraum, man verteidigt wie international üblich hoch. Man versucht zu agieren, spielt Pressing, reißt das Mittelfeld an sich, versucht leere Kilometer zu vermeiden, die Formationen kompakt zu verschieben. Da war vieles gestern diametral anders zur Ära Constantini. Auch wenn manches noch sehr holprig wirkte. Auch wenn viele Räume nicht genützt wurden, der Ball zu oft leichtfertig verspielt wurde. Die Spielanlage ermöglicht es, einem Gegner wie der Ukraine auf Augenhöhe zu begegnen. Da versucht eine österreichische Mannschaft das Spiel zu gestalten. Und agiert anstatt zu reagieren. Anders noch als unter Constantini, als sogar bei Heimspielen gegen Aserbaidschan und Kasachstan die Kontertaktik herhalten musste.
Herbert Prohaska hält sich trotzdem stur an nackte Zahlen. Und da steht am Ende ein 2:1 für die Ukraine. Das Ergebnis ist negativ, die Leistung ist Nebensache. Anders bei Karel Brückner, der mit einem 2:2 in Italien und einem 3:1 gegen Frankreich startete. Prohaska bemängelte die Spielanlage und verwies auf das Glück, das Österreich bei der Entstehung der Treffer hatte. Ergebnis egal, die Leistung war damals Hauptsache. Prohaska dreht und wendet seine Analysen nach Bedarf.
Seine größte Sorge bleibt weiterhin die sinkende Aktie seiner verhaberten Trainergilde. Hat ein Koller Erfolg, dann wird Wissenschaft im Fußball zum neuen Credo erhoben. Nicht gut für einen Haufen an Praktiker-Haberern.
Prohaska hielt sich gestern Großteils zurück. Er weiß mittlerweile, dass zu offensiv geäußerte Kritik am Teamchef seine Glaubwürdigkeit beschädigt.
Das Einmaleins des Fußballs kommt nach der Ära Constantini einer Reform gleich
Man hätte durchaus sachlich kritisieren können, dass Österreichs Team zwar bemüht war das Spiel zu gestalten, zwingende Momente aber Mangelware blieben. Dass viele Räume, die die Ukraine nach dem ersten Treffer zustellte, von Österreich nicht geöffnet werden konnten.
Marcel Koller ist mit Sicherheit kein Wunderwuzzi. Sagt er auch selbst. International sind die Maßnahmen, die der ÖFB und sein Trainerteam jetzt umsetzen, keinen Aufschrei wert. Das ist gängige Praxis. Das mag sogar biederes Einmaleins des Fußballs sein.
Für Österreichs Nationalteam kommen diese Maßnahmen aber einer Revolution gleich.
Man hat sich aus dem Niemandsland auf Augenhöhe katapultiert. Innerhalb eines Spieles. Und man kann davon ausgehen, dass auch in einer kommenden WM-Qualifikation gegen Schweden, Irland und Deutschland nicht gleich mit Anpfiff die Segel gestrichen werden müssen. Man wird sich auf Augenhöhe begegnen. Egal zu welchen Schlüssen Herbert Prohaska in seinen Analysen kommt.
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