Fränky Schiemer: Ein Experiment zwischen Bickel und Wohlfahrt
Die SV Ried überrascht. Franz Schiemer soll in die großen Fußstapfen von Stefan Reiter treten. Ein gewagtes Experiment ist es aber eigentlich nicht. Eine Gegenansicht von Georg Sander
Franz Wohlfahrt war eine Fußballlegende, ehe er Sportdirektor wurde. Fredy Bickel war Journalist und Pressesprecher, ehe er Sportchef wurde. Als beide bei der Wiener Austria, beziehungsweise bei Rapid ihren Posten als Leiter der sportlichen Geschicke antraten, sprachen verschiedene Dinge für sie. Denn Wohlfahrt hat den Namen, Bickel hat die Erfahrung. Beides sind unverzerzichtbare Elemente für einen Sportdirektor. Dieser muss mittel- bis langfristig denken, muss sich mit anderen Sportdirektoren austauschen können, mit Beratern und Familienmitgliedern umgehen können, einen passenden Vertrag aushandeln können, sportlich erfolgreich sein. Was dabei immer hilft: Das Netzwerk. Dieses hat Wohlfahrt durch erfolgreiche Jahre in Österreich und in Stuttgart sowie beim ÖFB aufbauen können. Bickel mag es in Österreich fehlen – er arbeitete aber jahrelang in der Schweiz, es gibt Analogien. Wie passt Franz Schiemer da rein? Vor allem, weil sich sein Vorgänger Stefan Reiter all das durch viele Jahre harter Arbeit, geprägt von Erfolgen und Rückschlägen, erarbeitet hat?
Schwierige Situation
Als Spieler war Franz Schiemer kompromisslos. Nicht nur gegenüber dem Gegner, sondern auch gegenüber der eigenen Gesundheit. Mit nicht einmal 30 Jahren beendete er die aktive Karriere, studierte Projekt- und Sportmanagement, war nun Co-Trainer beim FC Liefering. Schiemer hat null Erfahrung als Manager, die große, europaweite Karriere blieb ihm versagt, mit 30 ist er sehr jung. Nicht zu vergessen ist, dass Stefan Reiter ohne „unüberbrückbare“ Differenzen mit dem Vorstand gar nicht gegangen wäre. Und Ried-Coach Christian Benbennek auch alles andere als ein eingefleischter Innviertler ist, die Personalie ist stark mit Reiter verbunden . Noch dazu steht die SV Ried sportlich auf der Kippe, zudem laufen viele Verträge aus. Eine schwierige Situation, in die Franz Schiemer da rein geraten ist.
All diese Dinge würden auch für andere Sportdirektoren gelten. Und für österreichische Verhältnisse ist Schiemer doch relativ genau zwischen Wohlfahrt und Bickel. Denn Schiemer hat einen guten Namen, zumindest in Österreich. Wie Bickel ist er ein Außenseiter. Bickel hatte als Journalist einen anderen Blick auf den Fußball, Schiemer hat das als Spieler, der erst jüngst die Karriere beendete, wohl auch. Und die engen finanziellen und personellen Maßstäbe in Ried können auch ein Vorteil sein. Im Innviertel kann man mit Geld nicht herum schmeißen; die Spieler, die verfügbar sind, werden auch immer weniger, wird Ried doch außerhalb von Salzburg, Wien und Graz ohnehin kopiert. Da braucht es neue Reize und Wege; hinzu kommt noch der Red Bull-Stallgeruch. Diese Achse mit Ulmer, Zulj und Lainer, aktuell Brandner und Honsak, funktioniert. Das sind Kontakte, die im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein können.
Kann auch seriös sein, der Franz Schiemer. Muss er nun auch. (Foto: GEPA)
Tendenz schwierig festzustellen
Die Tendenz, wo die gemeinsame Reise von Ried und Schiemer hingehen kann, ist nicht leicht auszuloten. Zu viel hängt von den abgesteckten äußeren Einflüssen ab. Die SV Ried hat unter Reiter Aufbauarbeit für die von ihm selbst mit geprägten Ligareform gemacht. 2018/19 in der Bundesliga sein, das ist das Ziel. Benbennek, oder wer auch immer, muss dafür nicht einmal mehr machen, als die Klasse zu halten. Das wird mit jedem Sportdirektor und den finanziellen Gegebenheiten schwierig, egal ob dieser Ralf Rangnick oder Franz Schiemer heißt. Und es leiten 30-Jährige auch anderswo mittelständische Unternehmen. Fehler, das weiß auch Stefan Reiter selbst und er wird es uns nicht krumm nehmen, kann man auch mit viel Erfahrung machen.
Schiemer und die SV Ried – das kann gut gehen oder nicht. Letztlich hängt es aber aufgrund der sportlichen und finanziellen Gegebenheiten gar nicht so sehr vom Sportdirektor ab, ob diese und nächste Saison überstanden werden.
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