Die beste Lizenzierung ist wohl nicht die richtige
Die Bundesliga verschärft die Lizenzierung Jahr für Jahr. Fälle wie jene von Austria Salzburg können dadurch dennoch nicht verhindert werden. Das liegt möglicherweise auch daran, dass „eine der besten Lizenzierungen Europas" an der wirtschaftlichen Realit
Es ist wieder einmal an der Zeit, sich die Lizenzentzüge der vergangenen Jahre vor Augen zu führen. Gestern hat es Austria Salzburg erwischt. 2013/14 wurden der Vienna für die laufende Saison drei Zähler, für eine mögliche kommende Saison zehn Zähler abgezogen. 2012/13 musste der FC Lustenau wegen mehrfacher Verstöße gegen die Lizenzierung als sportlich Achter absteigen. 2011/12 wurde der LASK als Dritter in die Regionalliga verbannt. Der Bundesligaabsteiger von 2010, Austria Kärnten, erhielt für 2010/11 keine Profilizenz. 2009/10 wurde dem FC Dornbirn die Lizenz verweigert, man stieg ohne Relegationsspiel ab. 2008/09 war es der DSV Leoben, dem noch im Februar die Lizenz wegen Konkurs entzogen wurde. Im Spieljahr 2007/08 stieg der Kapfenberger SV von der zweiten Liga in die erste auf, auch nur, weil der GAK für diese Spielzeit keine Lizenz mehr bekommen hat. Und schon wären wir in der Spielzeit 2006/07, in der Sturm Graz mit -3 Punkten gestartet war, weitere zehn Punkte abgezogen bekam. Der GAK erhielt -6 Punkte von der FIFA (!), weitere 22 Punkte Abzug wegen des Lizenzierungsverfahrens. Hinzu kommen noch unzählige weitere Pleiten nach Abstiegen aus dem Profibereich, wie etwa von Bad Aussee, FC Gratkorn, dem FC Kärnten oder dem FC Vöcklabruck. Das ist die traurige Realität der vergangenen 15 Jahre.
Keine Kontrollmechanismen
„Innerhalb dieser kurzen Zeit übers Budget hinauszuschießen – dafür gibt es keine Kontrollmechanismen", sagte Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer gestern bei Sky Sport Austria. Während er darüber redete, huschte ein Lächeln über die Lippen; aber wohl mehr aus Resignation, weil man sich eben irgendwann entscheiden muss, ob man lacht oder weint. Vielleicht, weil Austria Salzburg nicht das einzige Sorgenkind ist. Anfang November erzählte Günter Kreissl, Manager und Trainer beim SC Wiener Neustadt, dass „ich nicht sagen kann, dass die Lizenzierung für nächstes Jahr ein Selbstläufer wird. Auf wie viele andere Klubs trifft das noch zu? Hört man sich um, geht es einigen Sky-Go-Liga-Klubs aus finanzieller Sicht nicht gerade gut. Da stellt sich die Frage, was bei der Lizenzierung überhaupt beurteilt wird.
„Die Eigenverantwortung liegt bei den Gesellschaften", meinte Ebenbauer. Aus wirtschaftlicher Sicht ist er aber überzeugt „eines der besten Lizenzierungsverfahren in Europa" zu haben. Probleme sieht der Bundesliga-Vorstand eher bei der Infrastruktur und den Ausweichstadien.
Lösungen müssen auf den Tisch
Doch das ist anscheinend vollkommen an der wirtschaftlichen Realität Österreichs vorbei. Zwar wird im Zuge beinahe jedes Lizenzentzuges Besserung gelobt, aber dann oft genau in die andere Richtung gehandelt. Ein Beispiel: Eine zweite Liga mit zwei Fixabsteigern verleitet letztlich fast zu finanziellem Harakiri in der Winterpause – oder wie im Falle von Austria Salzburg sogar noch davor.
Wie Recherchen von 90minuten.at in den letzten Wochen ergeben haben, funktioniert die Sky-Go-Liga ja sowie so nicht. Die Liga ist zu alt, es ist keine Ausbildungsliga – und jetzt fliegt der Bundesliga auch noch die Euphorie über Traditionsvereine um die Ohren. Natürlich scheitert viel auch an dem auch den Fußball zersetzenden Föderalismus. Alle Landesverbandspräsidenten wollen ihre Regionen vertreten sehen. Aber es geht so nicht. Es ging sich in den letzten Jahren offensichtlich nie wirklich aus; das zeigen auch die anhaltend verteilten Lizenzauflagen. Von entzogenen Stadionbewilligungen haben wir dabei noch gar nicht angefangen.
Die Besten und die Richtigen
Die Erfolge des Nationalteams, das nun schon dritte europäische Überwintern heimischer Klubs, die Erfolge der Nachwuchsmannschaften, das alles steht offenbar auf tönernen Beinen. Hinter den arrivierten Klubs rumort es aus finanzieller Sicht, aber im Jubel um Erfolge wird es überhört. Spätestens jetzt, mit dem x-ten finanziellen Crash in den letzten Jahren, muss klar sein, dass etwas nicht stimmt.
Austria Salzburg ist einfach nicht reif für den Profifußball, andere Vereine möglicherweise auch nicht. Kurz gesagt heißt das: Die Lizenzierung und das aktuelle Ligenformat passen daher nicht zusammen. Wenn man also die Lizenzierung in dieser scharfen Form beibehalten will, muss man etwas am Ligenformat ändern, denn die beste Lizenzierung nützt nichts, wenn die wirtschaftlichen Gegebenheiten keine zwei Profiligen in Österreich zulassen. Wenn also Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer von der besten Lizenzierung Europas spricht, dann ist es – um Ex-Teamchef Josef Hickersberger zu zitieren – anscheinend noch lange nicht die richtige.
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