Koa David Alaba, koa Erfolg?
Wie kann das ÖFB-Team den Ausfall eines Spielers, der bei einem der besten Vereine der Welt unter einem der erfolgreichsten Trainer überhaupt eine verdammt wichtige Rolle spielt, ersetzen? Die Frage ist sinnlos. Österreich muss diesen Ausfall kompensieren
Vor knapp zehn Jahren, am 13. Oktober 2004, spielte Österreich ein legendäres, „irrereguläres" Fußballspiel gegen Nordirland. Es wurde, traut man den Aussagen des damaligen Trainers Hans Krankl, 3:3 gewonnen. Unter den 14 am Feld aktiven Akteuren befanden sich mit Alex Manninger (Siena) und Markus Schopp (Brescia) zwei Legionäre, sechs Kicker spielten bei Vereinen, die mittlerweile nicht mehr in der Bundesliga spielen: Pasching, GAK, SV Mattersburg oder etwa Austria Salzburg.
Am 15. November 2014 stehen die Chancen gut, dass kein einziger Nicht-Legionär in der Startelf stehen wird. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass außer Rubin Okotie und vermutlich Martin Hinteregger neun Akteure in der Startelf stehen werden, die ihr Geld in den großen Ligen des Fußballkontinents verdienen. Zudem führt Österreich die Gruppe G der EM-Qualifikation mit zwei Siegen und einem Heim-Unentschieden gegen Schweden, einen Mitfavoriten, an. Teamchef Marcel Kollers Problem heißt nun: David Alaba ist verletzt.
Druck?
Alaba ist der Verbinder, er ist überall am Platz, schießt Tore, bereitet sie vor, stopft Löcher. Alabas Ausfall in einer so entscheidenden Phase der Qualifikation wiegt schwer. Egal, wie oder wen Koller statt Alaba aufstellt – die werden an die Qualität von Alaba nicht herankommen. Christoph Leitgeb mag ähnlich dynamisch sein, ist aber als Vollstrecker ungeeignet. Stefan Ilsanker würde Julian Baumgartlinger weiter nach vorne schieben, beide sind ebenfalls nicht so torgefährlich. Und Veli Kavlak? Der ist auch eher defensiver und von den Scorerqualitäten ebenfalls nicht vergleichbar. Bliebe noch die Variante mit Dragovic als zweiten Sechser so wie beim Auswärtsspiel in Schweden.
Oder ein 4-1-4-1? Wie es gedreht und gewendet wird: Alaba ist eigentlich nicht ersetzbar. Bei einem Sieg stünde Österreich bis zumindest 27. März 2015 an der Tabellenspitze. Schweden und Montenegro spielen gegeneinander. Wie auch immer dieses Spiel ausgeht, das Nationalteam hat entweder auf einen Konkurrenten fünf oder gar sechs Punkte Vorsprung. Oder die Teams aus dem hohen Norden und vom Balkan trennen sich unentschieden. Dieses best-case-Szenario würde dazu führen, dass Österreich die Tabelle mit zehn Punkten aus vier Spielen anführt, Russland und Montenegro fünf, Schweden vier Punkte Rückstand hätten. In einer Sechsergruppe wären das Welten und ein Grund für den ÖFB, Quartiere in Frankreich mal zu besichtigen. Vor zwei Jahren fehlte Alaba auch, Gegner war Kasachstan in Astana – Ergebnis 0:0. Mit den verlorenen zwei Punkten wäre Österreich nicht fix in der Barrage gewesen, aber die Ausgangsposition viel besser.
Keine Verlegenheitslösung
Aber eine Mannschaft besteht bekanntlich nicht nur aus einem Spieler. Wer sich den Kader ansieht, erkennt, dass eigentlich auch alle anderen Spieler nichts mit dem Status „Verlegenheitslösung" zu tun haben – bei allen individuellen Stärken und Schwächen. Egal wen Marcel Koller aufstellt, dieses Spiel wird auch vor allem sein Gradmesser und nicht nur jener des Teams. Versagt das Team und eiert Alaba-los über das Grün des Ernst-Happel-Stadions, dann wäre Österreich nicht viel mehr als eine Legionärstruppe, die letztlich von einem Spieler abhängig ist. Es wäre sicherlich nicht alle taktische Weiterentwicklung beim Teufel, aber ein Großteil. Ein Team, das ohne DEN EINEN Extrakicker aufgeschmissen ist, ist kein Team. Dann hätte Koller versagt. Was nützen dann England-Legionäre, der zweite der Torjägerliste der zweiten deutschen Bundesliga, Regisseure von Mainz, Werder und Besiktas oder die Pressing-Trendsetter aus Salzburg, wenn ohne Alaba nichts geht?
Hoffnung?
Freilich besteht mehr als Hoffnung, dass die Kicker aus den besten Ligen Europas das packen. Schließlich, das zeigt die Statistik, ist es nicht Alaba alleine, der das Spiel der Österreicher ausmacht.
Der akribische Schweizer wird sich etwas überlegt haben, er wird es seinen Spielern einimpfen. Österreich ist nicht die Tormaschine, ist abschlussschwach – mit oder ohne Alaba. Und kicken können die Russen ebenfalls sehr gut, Fabio Capello versteht sich aufs Verteidigen. Tief stehende Gegner mag die ÖFB-Elf nicht. Das Spiel kann also auch verloren gehen. Es wäre dann noch nicht alles vorbei, die Ausgangsposition von den Punkten her nicht schlimm. Nur ist Österreich nicht nur keine Tormaschine, sondern auch auswärts einfach deutlich schwächer als daheim. Vier oder fünf Punkte aus den drei Heimspielen gegen Montenegro, Schweden und Russland werden nicht reichen. Der Fokus auf Alaba ist vielleicht spielerisch, aber im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Zudem gibt es keine Garantie, dass Österreich beispielsweise mit ihm Kasachstan geschlagen hätte. Es besteht also schlichtweg die Gefahr, dass trotz des guten Starts in die EM-Quali eine Heimniederlage ohne Alaba zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung viel zerstört. Und ein Schweden-Image - frei nach dem Motto eines "FC Ibrahimovic" - wird Teamchef Koller vermeiden wollen.