Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen

0:1 – das ist wohl das unbefriedigendste Ergebnis, welches ein Fußballspiel hervorbringen kann. Austria Wien unterlag beim Champions League-Gruppenphasendebüt dem großen FC Porto mit diesem Resultat und war dem Ergebnis zu Folge nah dran. Eine Einordnugn

 

Prinzipiell ist es eine alte Leier. Der David – österreichisches Nationalteam, Klubmannschaften – spielt gegen den Goliath und liefert ein gutes, mutiges Spiel ab. Das passiert zumeist daheim und nachher sind alles so: „Yeah!". Und tatsächlich: Die Veilchen starteten mit der Grödig-Elf und viel Verve in ihr Königsklassendebüt, kamen zunächst zu einer Reihe Halbchancen, pressten früh an, standen recht sicher. Nachdem sich der FC Porto das ein bisschen angesehen hatte, zogen diese die Daumenschrauben an und schweißten einen Angriff formvollendet ins Netz. Ein Sprint zur Grundlinie, Pass in den Rückraum der Verteidigung; solche Tore hat man genug gesehen, um zu wissen, dass die schwierig zu verteidigen sind. Es sollte der einzige Treffer sein, es folgten eine sehr gute Kopfballchance, ein Konter und der etatmäßige, natürlich verweigerte, Elfmeter. So weit so gut. Am Ende steht, trotz Auflösung des defensiven Mittelfelds und Doppelspitze, vulgo Mut vonseiten Nenad Bjelicas, ein 0:1. Scheiße.

 

Kein Hurrakick, nah dran, aber doch weit genug weg

Klar, die Austria präsentierte sich taktisch reifer als bei so manchem Auftritt anderer österreichischer Mannschaften gegen die „Großen" in den letzten Jahren. Also kein Hurrakick, wie etwa beim 1:2 der Nationalmannschaft gegen Deutschland unter Dietmar Constantini. Sicherlich waren die Veilchen auch moderner, als etwa die Stevens-Bullen gegen Standard Lüttich. Aber am Ende dreht sich alles um das verdammt knappe Ergebnis, das den Wunsch nach einem 0:2 aufkommen lässt, den das würde die Kräfteverhältnisse zwischen den international unerfahrenen Favoritnern und den abgebrühten, lässigen Portugiesen besser beschreiben: Nah dran, aber doch weit genug weg. Dieser Eindruck ließ nie los, nämlich, dass die Gäste irgendwie jederzeit einen egalisierenden Treffer unnütz machen lassen könnten. Außer halt in der 93. Minute.

 

Es mag abgedroschen klingen, aber es fehlt den heimischen Teams in solchen Spielen, um zu überraschen, die Coolness. Jedes Team kann aus einer Chance ein Tor machen. Porto lehnte sich zurück, verwertete einen der ersten ernsthaft vorgetragenen Angriffe und das war es dann. Vielleicht liegt es ja auch an der Spielkultur in der heimischen Liga. Grosso modo gibt's gegen Salzburg nie eine Chance – Konter. Gegen Rapid, Sturm, Ried, wahlweise ein Aufsteiger, begegnen sich die Teams auf Augenhöhe. Gegen die zweite Tabellenhälfte gibt es Tormöglichkeiten en masse, so dass es schlichtweg wurscht ist, ob die vierte, zehnte oder zwölfte Attacke den Weg ins Eckige findet. International spielt's das nicht, nicht einmal für Barcelona oder Bayern, wenn Chelsea sich hinten rein stellt und dann aus einer Chance im übertragenen Sinne zwei Tore macht.

 

Quäntchen Glück gefehlt? Bullshit

Zu wenig scheint es eine Momentaufnahme zu sein, diese mangelnde Kaltschnäuzigkeit vor des Gegners Kasten, zu augenscheinlich sind die Beispiele, als in solchen Spielen auf internationaler Augenhöhe oder gegen Kontrahenten darüber das „Quäntchen Glück im Abschluss" fehlte und „gut mitgespielt" wurde, zuzüglich eines artigen Lobs vonseiten der taktisch, technisch und körperlich überlegenen Gastmannschaft. Das ist Bullshit. Selbiges gilt letztlich auch für das Fenerbahcespiel von Salzburg: Chancen da, eben nicht reingemacht, der Gegner traf. Allerdings ist das Jammern auf einem Niveau, welches vor Jahren noch ungeahnt war. Mittlerweile sind die Leistungsträger heimische Eigengewächse, die hier zu Vollprofis wurden und riesige Entwicklungsschritte machten. Das schließt dann auch einen Kaja Rogulj mit ein, oder einen Alan. Das Produkt verbessert sich. Während vor fünf, sechs Jahren internationale Auftritte noch von Zufall und taktischer Minderbildung – von Technik und Physis, geschweige denn Psyche (!) soll gar nicht geredet werden – geprägt waren, so gibt es anerkannte taktische Konzepte und einen kleiner werdenden Rückstand in den emphasierten Teilen.

 

Die Austria muss sich diese Coolness, die Kaltschnäuzigkeit erst erarbeiten. Dafür kommt die Gruppenphase zu früh. Rapid etwa wird erst im vierten Jahr der Zugehörigkeit zur Europa League eine Chance auf ein Weiterkommen eingeräumt. So werden auch die Veilchen nach dem vervasticten Nachzipf und der sensationellen, glücklichen Champions League-Quali Erfahrungen sammeln. Träumereien vom dritten Platz haben keinen Wert, sind sinnlos. Das muss auch das Umfeld lernen, selbst wenn die Spieler nächstes Jahr anders heißen. Dann können die Violetten in der Europa League zeigen, was sie eine Klasse drüber gelernt haben. Langsam nährt sich das Eichhörnchen – denn Revolutionen auf dem Rasen, das funktioniert kaum.