Wacker Innsbruck - Frauen raus und Fans in den Käfig?
Die Aussagen nach dem Spielabbruch bei Wacker Innsbruck gegen Sturm Graz von Tirol-Trainer Roland Kirchler und Manager Gerald Schwaninger waren wenig durchdacht – hoffentlich. Ansonsten würden diese ein Weltbild offenbaren, welches mit dem Jahr 2012 nur s
„Fußball ist ein Männersport und da sollten auch Schiedsrichter Männer sein." Roland Kirchler
Sexismus pur bei Roland Kirchlers Aussagen. Wie soll da wo angefangen werden? Sicherlich können hier nicht alle Aspekte zusammengefasst werden, warum diese Aussage absolut unangebracht ist.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der FC Wacker Innsbruck löblicherweise der einzige tipp3-Bundesligist ist, der in der Frauenbundesliga ein Team hat. Torfrau Daniela Iraschko ist noch dazu eine, die sich in einer weiteren Männer-dominierten Sportart durchsetzte und zur Weltspitze gehört – sie ist Skispringerin und wurde 2011 in Oslo Weltmeisterin auf der Normalschanze. Darüber hinaus wird der Frauenanteil in Fußballstadien immer höher. In Deutschland liegt dieser bei rund einem Drittel, Tendenz steigend. Dass die Stimmung darunter leiden würde, ist Blödsinn. Als Fenerbahce Istanbul vom Verband wegen Ausschreitungen mit zwei Geisterspielen bestraft wurde, schloss Fener alle Männer aus, legte 10.000 Karten für Kinder und Frauen auf. 41.663 Fans machten das Heimspiel gegen Manisaspor zu einem Fußballfest. Allerdings flogen auch Gegenstände – die Gäste aus Manisa, eigentlich gewohnt, beschimpft zu werden, warfen Blumensträuße Richtung Tribüne.
„Natürlich gehört so etwas nicht zum Sport, aber das passiert seit 100 Jahren, dass Bierbecher reingeworfen werden. Das werden wir nicht verhindern können, außer wir bauen Käfige." – Wacker-Manager Gerald Schwaninger
Auch der ansonsten als sehr besonnen geltende Geschäftsführer der Innsbrucker ließ sich zu einer Aussage hinreißen, die er nach zwei Mal drüber schlafen hoffentlich überdenkt. Wer seinen Verein liebt, der schmeißt nichts aufs Spielfeld. Bis zu 50.000 Euro könnte die Geldstrafe für Wacker kosten. Dabei geht es gar nicht darum, dass Emotionen aus den Stadien verbannt werden. Anscheinend haben die dümmsten Fans noch nicht kapiert, wohin ihr Fehlverhalten führen kann. Und wenn seit 2000 Jahren Becher bei Sportveranstaltungen geworfen werden würden, wäre es nicht in Ordnung.
Schwaninger hätte etwa auch sagen können, dass sich Wacker Innsbruck schadlos halten wird und die Strafe an die Werfer abtritt. Eine derartige Aussage ist Wasser auf die Mühlen derer, die ihren persönlichen Frust im Stadion abhalten wollen und ein Schlag ins Gesicht jener, die sich bei einem gemütlichen Bierchen am Fußballplatz freuen wollen. Bei einer sehr kleinen Minderheit an Fans aller Couleurs scheint jeder Realismus verloren gegangen sein. Jene, die gegen Repression, Fangnetze und Hochsicherheitsgefängniszuständen in Stadien am lautesten plärren, sind zu einem gewissen Prozentsatz auch die, die dem Prinzip Law and Order Munition liefern.
Daher:
Selbst wenn beide Aussagen aus der Emotion einer unbefriedigenden Situation heraus entsprungen sind, skizzieren sie ein Weltbild, dem der Realismus abhanden gekommen ist. Ein Zurückrudern? 24 Stunden danach noch immer nicht.
Zum Thema: Becherwurf @ Innsbruck
Vielleicht werden die Verantwortlichen umdenken, wenn der finanzielle Schaden für den Verein (zu) groß wird. Und wollen die Innsbrucker wirklich, dass der Zuschauerschnitt von knapp über 5.200 Fans pro Heimspiel um ein Drittel auf gut 3.500 fällt, wenn alle Frauen daheim blieben und die, die kommen, in Käfigen sitzen müssen?
Mail an den Autor: g.sander@90minuten.at