Tradition: Salzburg fehlt der Killerinstinkt

Red Bull Salzburg performt in der Champions League gut, die Big Points fehlen noch. Die Elf von Jesse Marsch zahlt derzeit Lehrgeld, aber auch das hat an der Salzach schon Tradition.

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+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Georg Sander

 

Es ist zehn Jahre her, da spielte Red Bull Salzburg erstmals in einer europäischen Gruppenphase. Nach einem von vielen Ausscheiden an der Schwelle zur Champions League gegen Maccabi Haifa gelangen unter Huub Stevens sechs Siege in ebenso vielen Gruppenspielen. Standard Lüttich konnte die Bullen dann trotz einer 2:0-Führung auswärts aus dem Bewerb kegeln.

Einige Jahre später, im Frühjahr 2014, fand das Duell mit dem FC Basel im Achtelfinale der Europa League statt. Hochgejazzt zum Alpengipfel war es wieder nicht Salzburg, das nach zwei fulminanten Spielen gegen Ajax Amsterdam und wieder sechs Siegen in sechs Gruppenspielen, den notwendigen Killerinstinkt an den Tag legte. Es gebe noch eine Reihe an Spielen – Dinamo Zagreb, Roter Stern, das Europa League-Halbfinale – wo dieser fehlte.

Der fehlende Killerinstinkt ist nichts Neues.

Europa League-Gruppenphase ist etwas anderes

In der Liga fällt das kaum auf. Gerade in der heimischen Red Bull Arena lautet die Frage selten, ob Salzburg gewinnt, sondern wie hoch der Kantersieg ausfällt. 106 Torschüsse haben die Salzburger mittlerweile in elf Runden fabriziert, 46 Tore wurden erzielt – fast jeder zweite Versuch zappelt im Netz. International schaut es, außer gegen Genk, diese Saison anders aus. Ein letztlich unbelohntes, starkes Comeback an der Anfield Road mündete in einer 4:3-Niederlage, Napoli fügt den Bullen gestern mit dem 2:3 die erste Heimniederlage seit 72 Pflichtspielen oder dem 27. November 2016 zu.

Ohne auf die möglichen individuellen Fehler in der Abwehr eingehen zu wollen oder taktisches Fehlverhalten, fällt auf: Die Champions League ist nicht die Europa League. Die letzte Europa League-Gruppenphasenniederlage datiert vom 20. Oktober 2010, Gegner war Nizza. Dazwischen konnte niemand mehr die Salzburger in der Group Stage schlagen. Kein Krasondar, Schalke, Guimares, Olympique Marseille, Konyaspor, Leipzig, Celtic oder Trondheim. In der europäischen Erstklassigkeit hängen die Trauben höher, da darf dann nicht nur jeder zweite Ball im Tor landen.

 

Zuschlagen, wenn es sein muss

Gegen Liverpool laute das Ergebnis gemäß expected Goals 2.6 zu 1.5 für die Reds. Nach der fulminanten Aufholjagd durch Hwang, Minamino und Haaland schlug Mohamed Salah zum Endstand zu. Und auch gegen Napoli dauerte es nach dem zweiten Ausgleich nur kurz, bis Lorenzo Insignie zuschlug. Salzburg verbuchte insgesamt 17 Versuche, Napoli 12. Aufs Tor lautet die Statistik 5:4, das Ergebnis aber 2:3. Das sagt schon deutlich, wer hier zuschlägt, wenn es sein muss.

Klar, die Salzburger spielten da gegen den amtierenden Champions League-Sieger bzw. englischen Vizemeister und italienischen Vizemeister. Und es ist beinahe absurd, dass man davon ausgeht, der heimische Meister müsse da auch nur irgendwas holen. Aber am Feld spielen eben elf gegen elf und Salzburg gehört eben mittlerweile zum Konzert der Großen! Gelegentlich, wie erwähnten Duell mit Ajax oder gegen Lazio und Dortmund klappt es, jedoch noch nicht oft genug.

Was als letzter Schritt zum richtig großen Player nun noch fehlt und das eigentlich schon seit Jahren: Dieser Killerinstinkt, nicht nur furios zu spielen, sondern auch zuzuschlagen, wenn es wirklich wichtig ist.

 

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