Mehr Fans in die Stadien? Warum das eher nichts wird

90minuten.at dokumentiert Runde für Runde den mauen Stadionbesuch. Gegenwärtig bewegt sich der Zuschauerschnitt auf Vorjahresniveau. Warum eigentlich?

Eine Gegenansicht von Georg Sander

 

Eigentlich wäre ja alles angerichtet gewesen für Zuschauerzahlen, die in die Höhe gehen. Von Anbeginn der Saison weg sind einige gute Dinge passiert. So ist etwa mit Wacker Innsbruck ein Traditionsverein aufgestiegen. Der TSV Hartberg mag zwar kein großes Stadion haben, zieht aber einerseits besser als Mattersburg und die Admira und der TSV wäre mit dem gegenwärtigen Schnitt auf Basis des Grunddurchgangs quasi auf den Fan genau ex aequo Siebter in der Spielzeit 2017/18 geworden. In der niederösterreichischen Landeshauptstadt hatte das Kühbauer-Team eine Siegesserie zu bieten. Hinzu kommt ein neues Stadion bei bei Austria Wien, eine klare Verbesserung bei Serienmeister Red Bull Salzburg. Und bei Rapid ist es sowieso immer ein bisschen eine Wundertüte: Spielen sie oben mit, kommen 24.000, brechen sie ein, müssen sie mit weniger als 13.000 vorlieb nehmen. 

Doch warum haben sich die Zuschauerzahlen bisher nur punktuell positiv entwickelt und sind insgesamt jedoch eher stagniert? Ein paar Gedanken dazu:

 

Die Geographie bleibt hinderlich

Zehn von zwölf Ligaklubs waren schon im Vorjahr in der Bundesliga. Wirft man nun einen Blick auf die Landkarte, merkt man, dass fünf Klubs in und rund um Wien 'picken'. Die Weststrecke zum LASK und nach Salzburg ist recht gut ausgebaut, aber ansonsten firmieren die Wege für zwei, drei Stunden Auswärtsfahrt oder mehr doch unter 'brader Hatscher'. Über drei Stunden von Wolfsberg nach St. Pölten, gute sieben in der Maximalausdehnung von Mattersburg nach Altach. Während die viereinhalb bis fünf großen Klubs untereinander noch relativ gut erreichbar sind, dauert es grade für die kleinen eher länger, um von A nach B zu kommen. Wer Auswärtsfahrten kennt, weiß, dass sie zuweilen ein Spaß sind, 2 Stunden und 22 von Salzburg nach Wien per Westbahnstrecke sind aber doch um einiges angenehmer, als Stundenlang im Bus zu hocken. Noch dazu, wenn man am Sonntag um 19:30 erst die Heimreise antreten kann.

 

Mediales Dauerfeuer aus einer Ecke

Nach vielen Jahren der Kritik hat man sich damit abgefunden, dass Red Bull Salzburg das Maß aller Dinge im heimischen Fußball ist. Die Zuschauerzahlen, die sich in der kleineren Stadt nicht weit von Sturm entfernt bewegen, könnten sogar als in Ordnung durchgehen – vor allem, wenn man bedenkt, dass Celtic und Napoli unter der Woche attraktivere Gegner sind als Hartberg und Altach. Und genau das ist Teil eines größeren Problems: Rapid, Sturm, mit Abstrichen Salzburg, der LASK und die Austria dominieren die Fußballöffentlichkeit. Leistungen anderer Vereine sind selten Gegenstand größerer Stories, vor allem außerhalb des Sportwebsites. In Tageszeitungen geht es selten um Ilzers Ideen oder Schopps Sichtweisen. Und wenn ein „Großer“ gegen einen „Kleinen“ verliert, dann ist das eher ein Betriebsunfall als unter Umständen Konsequenz harter, vielleicht sogar beserer Arbeit. Dieser enorme Fokus auf einige Vereine, die Wichtigkeit jeder noch so kleinen Meldung über sie, spielt mit Sicherheit auch eine Rolle. Wer über Klub X nichts weiß, wird eher auch nicht hingehen. Und: Dass die gegebene Dominanz von  Salzburg auch Spuren hinterlässt, wird ganz zum Schluss des Artikels noch behandelt.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

6.495 Fans im Schnitt wirft die Grunddurchgangsstatistik aus. Auf den selben Wert käme man aber auch, würde eines der sechs Stadien jeweils mit 34.000 Fans besucht sein, die anderen mit je 1.000.

Positive Zahlenspiele sind nur die viertel Wahrheit

Und dann gibt es da noch die Sache, dass gerne (und verständlich) von Seiten der Liga kommuniziert wird, dass die Zahlen ja gar nicht so schlecht sind. Es hat sich so gut angehört, als die Zuschauerzahlen des Grunddurchgangs veröffentlicht wurden. „Neun Clubs mit Zuschauerplus“, kommunizierte die Liga. In der Sache ist das freilich richtig. Auf den zweiten Blick wird es aber schwierig. Rapid hatte vor der Teilung ein ordentliches Minus von 6,62 Prozent, das sich jetzt noch einmal deutlich verstärken wird. In Zahlen heißt das 1.702 Fans weniger - in jedem der elf Heimspiele im Grunddurchgang. Dieses eine Minus bei den Hütteldorfern kann von den anderen Klubs nicht kompensiert werden. Beispiel: Die 3,78 Prozent mehr beim LASK sind auch nur 164 pro Heimspiel. Man sollte sich hier also nicht zu sehr von Headlines leiten lassen.

 

Der Durchschnitt ist nicht immer hilfreich

Durchschnittlich 6.495 Fans pro Meisterschaftsspiel wirft die Grunddurchgangsstatistik aus. Allerdings ist der Mittelwert für eine tiefere Analyse wenig hilfreich. Bereinigt man die Statistik um den positiven Ausreißer Rapid und den negativen Admira, bleiben 5.401 Fans übrig. Auf den selben Wert käme man aber auch, würde eines der sechs Stadien jeweils mit 34.000 Fans besucht sein, die anderen mit je 1.000 – sprich: Dass es mit dem Allianzstadion eine Spielstätte mit weitaus mehr Zuschauern gibt, verfälscht gewissermaßen den Schnitt. Wichtiger wäre die Erkenntnis, dass die Hälfte der Stadien im Grunddurchgang von weniger als 4.000 Fans im Schnitt besucht wurden.

 

Kapazitäten spielen auch eine Rolle

Wir blicken in die Zukunft. Vonseiten der Liga gibt es die Hoffnung auf einen Zuschauerschnitt von 10.000. Das Fassungsvermögen einiger Stadien liegt deutlich überhalb, etwa bei Rapid, Salzburg, der Austria, Sturm und Wacker. Auch das Pappelstadion zu Mattersburg und die Heimstätte der Admira lassen theoretisch mehr als 10.000 Fans zu. Die Profertil Arena in Hartberg (4.500), die TGW Arena in Pasching (6.009), die Lavanttal Arena in Wolfsberg (7.300), die NV Arena in St. Pölten (8.012) sowie die Cashpoint Arena (8.500) haben ein geringeres Fassungsvermögen. Wären all diese Arenen stets (!) ausverkauft, betrüge der Schnitt in den kleineren Stadien 6.864. Um auf einen 10.000er-Schnitt zu kommen, müssten die anderen Stadien mit jeweils rund 13.000 Fans bestückt sein. Das ist rechnerisch möglich, in der Praxis ist man davon jedoch weit entfernt. 

 

On top: Die Trennung der Liga ist nicht massentauglich

Man braucht auch hierbei kein großer Prophet sein, dass sich die Trennung der Liga eher nicht so gut auf die Zuschauerzahlen auswirkt. Warum? Sobald einer der größeren Klubs nicht in den Top 6 mit dabei ist, bricht die Zuschauerzahl ein. Siehe Rapid. Zwar freuen sich die kleineren Klubs jetzt auf mehr Fans, wenn sie gegen Rapid spielen. In Summe wiegt das den Einbruch aber nicht auf. Und: Bisher hat sich die Aussicht auf einen EL-Playoff-Platz auch nicht auf eine Massenbewegung ausgewirkt. Und wie sieht es oben aus: Da spaziert Salzburg zum nächsten Titel. Die Spannung ist draußen. Sturm und Austria sind derzeit alles andere als Zugpferde, weil sie sich mehr mit sich selbst beschäftigen (müssen) als mit positiven Schlagzeilen. 

 

Zu guter Letzt: Wo bleibt der Erfolg?

Und dann muss man sich schlussendlich bei allen großen Klubs hinter Salzburg fragen: Wann kommt der nationale Erfolg? Denn eines ist auch klar: Wenn Rapid, Austria oder Sturm um den Titel auch nur halbwegs mitspielen würden, wären die Stadien besser gefüllt. Insofern wäre eine spannende Saison um den Titel wohl der Bringer für mehr Fans im Stadion. Und das zeichnet sich leider derzeit nicht ab - auch wenn die Liga das mit der Punkteteilung erfolglos probiert hat, weshalb diese Punkteteilung eigentlich schon bald wieder Geschichte sein sollte. Doch das steht wieder auf einem anderen Blatt.