Jetzt ist schon wieder etwas passiert, Tatort Graz-Liebenau. Beim Spiel des GAK gegen Austria Wien machte Abubakr Barry in Minute 51 einen Haken, visierte das Tor an und traf – aber nicht das Goal, sondern den Arm von Abwehrspieler Jacob Italiano.
Schiedsrichter Stefan Ebner zeigte umgehend auf den Punkt, der Video Assistant Referee schaltete sich ein und der Spielleiter nahm den Elfer zurück.
Am Ende stand es 2:2. Die Emotionen kochten hoch und einer der Schuldigen aus FAK-Sicht war der VAR bzw. die Schiedsrichter an sich.
Und wieder wird geraunzt
Kapitän Aleksandar Dragović wurde deutlich. Als Spieler ist es vielleicht auch verständlich, dass er kurz nach Abpfiff noch etwas emotional ist. Er sagte zunächst: "Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage."
Und dann legte er los, holte dann doch zu einem Rundumschlag aus: "Wir haben das Thema Woche für Woche, alle sind müde, darüber zu diskutieren. Jeder weiß, dass das ein Elfer war. Die Schiedsrichter müssen sich auch hinterfragen."

Trainer Stephan Helm brauchte nach Abpfiff laut Eigenangaben ein bisschen, um sich zu beruhigen. An ihn gibt es auch andere Ansprüche als an einen Spieler. Zum Elfer selbst wollte er sich von "Sky" angesprochen "nicht äußern", meinte aber: "Es muss eine klare Fehlentscheidung sein, die der VAR zurücknehmen kann. Die Bilder sprechen für sich."
Kein Elfmeter zu geben
Im ersten Moment möchte man den beiden zustimmen. Der Ball geht an die Hand, also muss es doch ein Elfmeter sein. Doch das stimmt nicht:
In der Regel 12 des offiziellen Regelwerks heißt es unmissverständlich: "Nicht jede Ballberührung eines Spielers mit der Hand/dem Arm ist ein Vergehen." Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler, den Ball absichtlich berührt oder er "den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und seinen Körper dabei aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert."
Das liege vor, wenn die Armhaltung "weder die Folge einer natürlichen Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann."
Wirft man unter diesen Voraussetzungen einen Blick auf die Szene, dann ist das Handspiel nicht strafbar. 90minuten hat vier Schiedsrichter unabhängig voneinander befragt und alle sagen: Der Eingriff war richtig und es lag eine klare Fehlentscheidung vor.
Auch der offizielle X-Account der Veilchen fragte seine mehr als 35.000 Follower, den VAR-Österreich-Account zitierend: "Welche klare Fehlentscheidung lag hier vor." Die Antwort liegt nun vor.
Themen setzen?
Auch der offizielle X-Account der Veilchen fragte seine mehr als 35.000 Follower, den VAR-Österreich-Account zitierend: "Welche klare Fehlentscheidung lag hier vor." Die Antwort liegt nun vor.
Journalisten kochen übrigens auch nur mit Wasser. Eine zweite, dritte und vierte Meinung dazu hätte sich auch jemand aus dem FAK-Betreuerstab innerhalb von einer Halbzeit einholen können.
Viele Medien greifen solche Szenen gerne auf – teils berechtigt, teils reißerisch. Die Balance zwischen Aufklärung und Aufheizen ist dabei oft schwer zu halten.
Dabei stellt sich ohnehin die Frage, was man damit erreichen will. Was erwartet man sich, wenn man wieder einmal, "Woche für Woche" mit dem Finger auf die Schiris zeigt?
Kurze Erinnerung
Man sollte auch nicht vergessen, wohin dieses Bashing führen kann. Sebastian Gishamer etwa erhielt vergangene Saison gar Morddrohungen. Unter tausenden Fußballfans findet sich leider immer wieder jemand, der komplett durchdreht. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern gemäß dem Strafgesetzbuch mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden; nur um das auch noch zu erwähnen.
So weit geht es zum Glück nur sehr selten (und hoffentlich nie darüber hinaus). Aber es wird Druck aufgebaut. Beziehungsweise kann man dieses Ansinnen unterstellen.

Wenn sich die große Wiener Austria oder jeder andere heimische Großverein in der einen Woche betrogen fühlt, dann liest das ja auch der nächste Schiedsrichter – und das obwohl die Entscheidung komplett richtig war.
Zeit geben, klar ansprechen
Das gegenwärtige Level an Professionalität im Schiedsrichterwesen erreichte man erst ab der Einstellung von Viktor Kassai 2023.
Wer sich einmal mit jahrelang verkrusteten Strukturen befasst, beziehungsweise mit dem Aufbrechen dieser, weiß: Von heute auf morgen geht gar nichts. Da muss man ein Team einmal in Ruhe arbeiten lassen, von Spiel zu Spiel schauen und so weiter – ja, richtig, genau das fordern Fußballer und Trainer für sich ein, also muss es doch auch für die Spielleiter gelten.
Natürlich sind die heimischen Schiedsrichter nicht perfekt, das wissen sie auch. 90minuten, LAOLA1 und Co. sind auch die Ersten, die kritisch berichten. Letztlich stellt sich gerade in dem Zusammenhang die Frage, wer sich hinterfragen soll:
Konkret das Schiedsrichterteam oder der Spieler, der nach über 600 Spielen auf Erwachsenenlevel eine Szene falsch bewertet.