Für Österreichs Fußball-Nationalmannschaft steht am Donnerstag (ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker>>>) im Wiener Ernst-Happel-Stadion das fünfte Spiel der WM-Qualifikation auf dem Programm.
Es ist eine Pflichtaufgabe: Das ÖFB-Team muss gegen San Marino gewinnen, und dabei möglichst viele Tore erzielen. Die wichtige Tordifferenz ist auch der Inhalt einer von vier spannenden Thesen, die die beiden Redakteure Harald Prantl und Michael Fiala vor dem WM-Quali-Heimspiel gegen San Marino diskutieren.
These: Fast volles Haus sogar gegen San Marino: Der ÖFB sollte den Hype um das Nationalteam nutzen, um Ralf Rangnick zu einer vorzeitigen Verlängerung zu bewegen.
Harald Prantl: Wie einfach wäre eine Fußball-Welt, in der Ralf Rangnicks Vertragsverlängerung von der Zuschauerzahl gegen San Marino abhängen würde... Okay, dass das Volk seiner Fußball-Nationalmannschaft Liebe entgegenbringt, ist sicher kein Nachteil, mehr aber auch nicht. Dass der ÖFB gut beraten wäre, das Thema Teamchef-Zukunft nicht offen mit zur WM zu nehmen, ist klar. Dass sich Rangnick aber vorzeitig über die Endrunde hinaus an den ÖFB bindet, ist aktuell ziemlich unwahrscheinlich. Wenn das Turnier endet, wird der Deutsche 68 Jahre alt sein. Gut möglich, dass er dann noch einmal eine Chance sieht, über Jahre hinweg bei einem großen Klub etwas zu entwickeln.
Michael Fiala: Der ÖFB sollte seine Energie in Sachen stecken, die auch eine Aussicht auf Erfolg haben. Ralf Rangnick hat gefühlt 20 Mal erklärt, dass er vor der WM seinen Vertrag sicher nicht verlängern wird. Im Gegenteil: Er hat sogar erklärt, dass er mit dem Tag, an dem das Team die Qualifikation nicht schaffen sollte, Geschichte ist. Zu dem muss man wissen: Rangnick hat im ÖFB-Präsidium nicht nur Freunde. Die Spiele gegen Slowenien und Serbien haben gezeigt, wie schnell Kritik, auch aus dem Präsidium, laut werden kann. Und nicht zuletzt: ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzender Josef Pröll will jegliche Unruhe vermeiden. Und er wird den Teufel tun, dass man mit dem Thema Vertragsverlängerung jetzt eine Unruhe in den Verband bekommt.
These: Das ÖFB-Team muss die Tordifferenz gegen San Marino ordentlich aufbessern. Jedes erzielte Tor kann am Ende Gold wert sein für die Qualifikation.
Michael Fiala: Diese These ist natürlich richtig. Und mit etwas Wehmut blicke ich da gleich auf das Auswärtsspiel in San Marino zurück, als Österreich nach 27 Minuten mit 4:0 geführt hat, um dann das Spiel sang- und klanglos einschlafen zu lassen. Da hat man bereits eine Chance liegen gelassen, die Tordifferenz ordentlich aufzubessern. Und ja, am Ende der Qualifikation kann es auch darauf ankommen. Denn eines hat man zumindest in den vergangenen Spielen gesehen: Ein Durchmarsch des ÖFB-Teams ist nicht zwingend zu erwarten, ein Stolperer jederzeit möglich.
Harald Prantl: Es gibt keinen Grund, all dem zu widersprechen. Wie schön wäre es, Marko Arnautovic nur noch einmal eine Frage zum Torrekord im ÖFB-Team stellen zu müssen – nämlich jene, wie es ihm damit geht, diesen endlich geknackt zu haben. Aber gleichzeitig muss auch eine Warnung ausgesprochen werden. San Marino hat das in den vergangenen Spielen meistens ganz gut gemacht, wenn dann muss schon sehr viel zusammenpassen, damit das fast volle Happel-Stadion am Ende über mehr als fünf ÖFB-Tore jubeln darf.
These: David Alaba muss in beiden Spielen über 90 Minuten am Platz stehen. Einen Alaba in Bestform bei der WM gibt es nur über Minuten im Nationalteam.
Harald Prantl: Ja! David Alaba betont selbst bei jeder Gelegenheit, dass es ihm aktuell vor allem darum geht, Spielminuten zu sammeln. Dass das beim ÖFB-Team viel einfacher ist als bei Real Madrid, haben die vergangenen Wochen bewiesen. Gleichzeitig hat Rangnick-Co Lars Kornetka erst unlängst erklärt, dass der Kapitän unabhängig von seinem Klub-Status im Nationalteam über jeden Zweifel erhaben ist. Und wer sich die Leistungen des Wieners gegen Zypern und Bosnien-Herzegowina in Erinnerung ruft, dem werden keine Argumente einfallen, gegen San Marino und Rumänien freiwillig auf Alaba zu verzichten.
Michael Fiala: Da gibt es eigentlich fast nichts mehr hinzuzufügen. David Alaba war in den vergangenen beiden Spielen eine treibende Kraft im österreichischen Spiel. Speziell im ersten Spiel in Linz gegen Zypern hat er gezeigt, welch Erfahrung in ihm steckt und dass ihm die fehlende Spielpraxis eigentlich kaum anzumerken war. Und mit Blick auf die mögliche WM wird Rangnick wohl auch ein ureigenes Interesse daran haben, dass Alaba abseits der wenigen Spielminuten in Madrid möglichst viel Spielpraxis bekommt.
These: Neun Monate bis zur WM: Ralf Rangnick muss sich endlich auf eine fixe Nummer eins im ÖFB-Tor festlegen.
Michael Fiala: Das schreibt man leichter als man es aktuell in der Praxis umsetzen kann. Alexander Schlager fällt zwar mit spektakulären Paraden auf, leider passieren ihm aber auch immer wieder ein paar Schnitzer, die man früher von ihm eher selten gesehen hat. Patrick Pentz hat bei Bröndby IF eine stabile Heimat gefunden und ist sicherlich ein verlässlicher Kandidat neben Schlager. Und Nikolas Polster wurde zwar erst am Montag verdienterweise mit einem Bruno geehrt, ihm fehlt allerdings bisher gänzlich die internationale Erfahrung, zumindest was die Einsätze im Nationalteam betrifft. Insofern finde ich, dass es aktuell noch keinen Stress gibt, sich auf eine Nummer eins festzulegen.
Harald Prantl: Was würde es ändern, wenn wir jetzt alle schon wissen würden, wer bei einer WM-Teilnahme im Tor stünde? Würde Alex Schlager – er ist das naheliegendste Beispiel – besser performen, wenn er Gewissheit hätte? Ist ein Tormann in dieser Hinsicht anders zu behandeln als ein Innenverteidiger, ein Flügelspieler, ein Stürmer? Nein, das ÖFB-Team hat aktuell (und eigentlich schon lange) keinen überragenden Weltklasse-Goalie zur Verfügung. Aber mit Schlager, Patrick Pentz, Nikolas Polster und Tobias Lawal vier Schlussmänner, bei denen es keinen Grund zur Sorge gibt. Und auch das ist etwas wert.