Letzte Chance für die UEFA: Blatter stürzen oder für immer schweigen

Rein rechnerisch kann die UEFA die Wiederwahl von Sepp Blatter beim FIFA-Kongress nicht verhindern. Der europäische Verband ist gefordert, seine wirtschaftliche Macht einzusetzen. Es bietet sich heute dazu die letzte Chance. Ein Kommentar von Michael Fial

 

Lange Zeit schien es, als könnte Sepp Blatter nicht überrumpelt werden. Kritik am mächtigen FIFA-Chef glitt an ihm ab wie an einer Teflon-Pfanne. Und auch der gestrige Tag schien zunächst mit der Verhaftung von mehreren FIFA-Funktionären daran nichts zu ändern. Doch die Eigendynamik am 27. Mai 2015, der in die Geschichte des Weltfußballs eingehen könnte, hat sogar Sepp Blatter überrascht. Die Blatter-Taktik „Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts" ist nicht mehr länger haltbar. Und auch der Versuch von Blatter, die behördlichen Untersuchungen als Erfolg des FIFA-Reinigungsprozesses darzustellen, ist in der breiten Fußball-Öffentlichkeit nicht akzeptiert worden.

 

Doch all die Entwicklungen von gestern sind nur die eine Seite der Medaille, denn gewählt wird Sepp Blatter nicht von Medien, Öffentlichkeit und Richtern, sondern vom FIFA-Kongress. Und hier hat Blatter zumindest bis gestern Mittag wenig zu befürchten.

Dies wird auch so bleiben, wenn der FIFA-Kongress wie geplant starten wird. Die UEFA kann noch so geschlossen im Rahmen eines Kongresses gegen Blatter auftreten. Rein rechnerisch wird sie die neue Amtszeit nicht verhindern können, denn die Europäer haben nur 53 der 209 stimmen. Und dass sich die afrikanischen Staaten sowie die asiatischen Verbände vom Medienwirbel beeindrucken lassen, ist nicht zu erwarten.

 

UEFA muss wirtschaftliche Macht ausspielen

Die einzige Chance, die es jetzt gibt, ist, dass die UEFA die wirtschaftliche Macht ausspielt. In einem Interview mit der Aargauer Zeitung äußert sich der bekannte FIFA-Kritiker Jens Weinreich zum gestrigen Tag: "Die Fifa versucht nun, um jeden Preis den Kongress zu retten und damit die Wiederwahl Blatters. Wer diese verhindern will, der muss jetzt aufbegehren. Aber nicht so zurückhaltend wie der deutsche Ligaboss Reinhard Rauball, der bloß den Rücktritt Blatters forderte. Ein großer Verband müsste nun den Rückzug aus der Fifa erklären." Und auch wenn der ÖFB in dem ganzen Machtspiel nur ein sehr kleines Rädchen ist: Der Verband, der in Person von Leo Windtner in den vergangenen Monaten diesbezüglich eine äußerst unglückliche Figur gemacht hat, muss sich aus der Komfortzone bewegen.

 

Wenn der FIFA-Kongress einmal läuft, ist es zu spät. Die UEFA hat heute die letzte Chance, Sepp Blatter zu stürzen. Wenn sie diese nicht wahrnimmt, sollten Platini, Niersbach, Windtner & Co zu diesem Thema dauerhaft schweigen.

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