Mögliche Wettmanipulation in der Regionalliga Ost: 'Ein Ende mit Schrecken' vs 'Ein Schrecken ohne Ende'
Ist es vertretbar, bei einem Wettmanipulationsverdacht, die betroffenen Spieler vor dem Spiel zu benachrichtigen? ostliga.at meint, dass dadurch das Spiel erst recht beeinflusst wird. Dies ist nicht vom Tisch zu wischen. Doch sieht die Alternative, das Sp
Das Nachtragsmatch der Regionalliga Ost am 23. 4. 2013 zwischen FAC vs. SC Ostbahn XI, das unter dem Verdacht einer möglichen Wettmanipulation angepfiffen wurde, hat die Gemüter erregt. In einem Artikel auf ostliga.at wurde unter anderem der Umstand kritisiert, dass Peter Truzla als Spielbeobachter für den ÖFB vor dem Match sowohl Spieler, Trainer als auch den Schiedsrichter über diesen Umstand informierte.
ostliga.at meinte dazu im Artikel 'Wenn sich der Gärtner zum Bock macht...': „Was hier geschehen ist, ist im Endeffekt nichts anderes als eine einhundertprozentige Spielbeeinflussung. Und die ist bekanntlich nicht erlaubt – was orginellerweise ja genau Gegenstand von Dr. Truzlas Mission war." Das Spiel endete mit 1:1 – kurioserweise fiel der Ausgleich in der 90. Minute durch einen laut ostliga.at fragwürdigen Elfmeter.
ostliga.at dazu weiter: „Der ÖFB hat einen schweren Fehler gemacht und in ein für den Abstiegskampf der Regionalliga Ost bedeutsames Spiel eingegriffen. Dass der späte Ausgleich aufgrund dieses Eingreifens zustande kam, ist zwar nicht zu beweisen, kann aber auch nicht widerlegt werden. Allein dass diese Frage überhaupt im Raum steht, einzig und allein aufgrund einer vollkommen sinnlosen Aktion, ist ein unerträglicher Zustand."
Das Thema finde ich spannend. Und rein vom Gefühl her war ich - ohne die Details zu kennen - zu Beginn argumentativ auf der Seite von ostliga.at. Vom ÖFB bekam ich dann zu dem Thema folgende Stellungnahme:
In derartigen Fällen gibt es ein standardisiertes Prozedere, das gemeinsam mit Experten der Exekutive und den internationalen Verbänden erarbeitet und vereinbart wurde. Dieses ist von der höchsten bis zur untersten Spielklasse immer dasselbe.
Sollten den ÖFB vor Spielbeginn über das Frühwarnsystem Auffälligkeiten erreichen, werden folgende Schritte gesetzt:
1) Information der Spielleiter
2) Information der Vereinsverantwortlichen
3) Entsendung eines Überwachers
4) Information der Spieler vor Ort und Spielbeginn
5) Kontaktaufnahme mit Ermittlungsbehörden
All diese Personen erhalten dieselben Informationen. Nämlich, dass auffällig hohe Wetteinsätze auf ein bestimmtes Verhalten eingegangen sind und das Spiel unter Beobachtung steht. Danach wird der Bericht des Überwachers eingeholt und ausgewertet.
Hinsichtlich einer etwaigen Annullierung oder Neuaustragung eines auffälligen Spiels ist folgendes anzumerken: Disziplinarsanktionen werden nicht aufgrund von Auffälligkeiten getätigt, sondern anlässlich eines klaren Regelverstoßes. Das Eintreffen eines verdächtigen Ergebnisses alleine stellt daher klarerweise noch keine Spielmanipulation dar.
Natürlich kann man wahrscheinlich wirklich lang und intensiv darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, vor dem Spiel die Spieler damit zu konfrontieren. Nahezu die gesamte Wettbranche hat vor diesem Spiel auffällig viele Wetteinsätze auf diese Begegnung erhalten, wie 90minuten.at in Erfahrung bringen konnte.
Es ist als wesentlicher Fortschritt zu werten, dass derartige Auffälligkeiten in Echtzeit registriert werden und der Verband darauf reagieren kann. Die zentrale Frage der Kritik von ostliga.at, ob man mit der Information vor dem Spiel die Spieler damit konfrontiert, kann daher nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden.
Natürlich ergeben sich durch das standardisierte Prozedere unangenehme Situationen für die Spieler, Schiedsrichter und Funktionäre. Man stelle sich vor, jener Spieler hätte den Elfmeter geschossen in dem Wissen, dass das Spiel unter besonderer Beobachtung steht. Eine ziemlich unangenehme Situation. Möglicherweise wäre es aber noch unangenehmer für den Spieler gewesen, wenn er verschossen hätte und man hätte im Nachhinein den Verdacht geäußert? Dann hätte der Spieler wohl noch viel mehr Erklärungsnotstand.
Nicht auszudenken jedoch wäre, wenn im Nachhinein eine Manipulation aufgeflogen wäre und der ÖFB hätte zugeben müssen, dass es einen Verdacht gegeben hat, ohne vorher etwas unternommen zu haben.
Es bleibt so oder so zu hoffen, dass das Wettradar möglichst präzise und gleichzeitig so selten wie möglich anschlägt. Fälle wie jener tragen jedoch auch hoffentlich dazu bei, dass es sich jeder Spieler in Zukunft zumindest zwei Mal überlegt, ob es sinnvoll ist, derartige „Geschäfte" einzugehen.
Mein Fazit nach reiflicher Überlegung ist daher: Lieber das eine oder andere Mal ein Ende mit Schrecken herbeiführen als sich dem Schrecken ohne Ende auszuliefern ...
m.fiala@90minuten.at