Grün-Weiße Führungskrise: Edlinger und Kuhn als Zündschnur im Rapid-Pulverfass

Rapid ist in der Krise – nicht nur sportlich. Die sportliche Leistung gegen den WAC war der vorläufige „Höhepunkt". Das Problem liegt aber nicht (nur) in der sportlichen Führung. Der Hebel muss in der höchsten Führungsetage angesetzt werden. Doch erst in

 

Respekt! Die Rapid-Fans reagierten gestern nach dem 0:2 friedlich und verließen die West- und Osttribüne. Und der Großteil der Fans erkennt genau, wo der Hebel im Verein angesetzt werden muss. Es gab keine bzw. nur einige wenige böse Worte gegen Trainer Peter Schöttel, auch wenn es ein Leichtes wäre, ihm die Schuld für die sportliche Misere umzuhängen. Klar: Auch Schöttel trägt seinen Teil dazu bei, dass es nicht läuft. Und es ist gut möglich, dass er das erste Bauernopfer sein wird.

 

Natürlich könnte man aber auch einfach sagen: Es stehen noch immer die Spieler am Platz und müssen Leistung bringen. Und wenn man das gestrige Spiel isoliert betrachtet, könnte man der Meinung sein, dass man viele Spieler möglichst rasch vor die Türe setzen sollte.

 

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Protest: Die Rapid-Fans verließen die Tribünen (Foto: Gepa Pictures)

 

Doch die Spieler spiegeln derzeit nur wider, was ihnen von oberster Ebene im Verein mitgegeben wird: und zwar Arbeitsverweigerung. Diese Arbeitsverweigerung hat zur Folge, dass Rapid derzeit einem Schiff gleicht, dessen Richtung durch die Strömung bestimmt wird. Ein Kapitän ist mit Rapid-Präsident Rudi Edlinger zwar zu erkennen, doch dieser lenkt einmal links, einmal rechts – oder zum großen Teil gar nicht. Wenn man den Kapitän fragt, welchen Kurs er ansteuert, hört man oft, dass es nicht leicht ist, ein Schiff dieser Größe zu steuern. Dass man mit dieser Strategie nicht zum Ziel kommt, leuchtet ein.

 

Antithese zu Red Bull Salzburg ist zu wenig Profil

Doch welches Ziel steuert Kapitän Edlinger überhaupt an? Hier fängt das Problem bereits an. Rapid wirkt, als wisse es überhaupt nicht, wohin es überhaupt steuern soll. Allein die Antithese zu Red Bull Salzburg sein zu wollen, ist zu wenig. Das ist eine nette Marketing-Strategie, die Fans ins Boot holt und bindet. Damit kann man aber einen Verein nicht führen.

 

In den letzten Jahren hatte man den Eindruck, Rapid orientiert sich immer mehr am Mittelmaß. Red Bull Salzburg sei übermächtig, da finanziell so potent, hieß es immer wieder aus Hütteldorf. Aber auch im Vergleich zur Austria hat Rapid immer öfter das Nachsehen. Mittlerweile ist man nicht nur sportlich sondern auch finanziell hinter den Erzrivalen aus Wien zurückgefallen. "Mit Austrias finanziellen Möglichkeiten kommen wir nicht mit", sagte Peter Schöttel unlängst.

 

Während sich die Austria in der Zeit nach Stronach professionell aufgestellt hat, ruhten sich Edlinger & Kuhn auf dem vermeintlichen Vorsprung aus. Rapid wurde in den letzten Jahren zum großen Teil nur noch verwaltet. Visionen fehlten genauso wie Mut. Mut, große Themen anzugehen.

 

Bankrotterklärung der Rapid-Führung in Leverkusen

Dass Rapid-Präsident Edlinger rund um das Leverkusen-Match endlich sich selbst und auch den Fans gegenüber eingestand, dass das Hanappi-Stadion aus jetziger Sicht für eine Sanierung nicht in Frage kommt, war vielen Leuten, die sich auch nur halbwegs mit dem Thema auseinandersetzen, schon lange klar. Dieser Mut zur Wahrheit war aber auch eine Bankrotterklärung der Rapid-Führung. Warum es bei Rapid nicht läuft, hat Daniel Mandl von abseits.at bereits vor einigen Tagen perfekt beschrieben (siehe Männer ohne Gesicht: Das sind die wahren Probleme des SK Rapid Wien)

 

Mit einer derartigen Perfomance hat man es in der Privatwirtschaft normalerweise schwer, seinen Job zu halten. Davon ist bei Rapid derzeit nichts zu merken. Im Gegenteil, es wirkt wie in so manchen staatsnahen Betrieben, wo ewig lange an der Führung festgehalten wird. Bis es dann irgendwann nicht mehr geht.

 

Politikergeschwafel @ Rapid

Rapid, Austria & Co sind sehr eng mit der Politik verbunden. Das ist kein österreichisches Spezifikum. Es ist einfach so. Austrias Präsident Wolfgang Katzian ist Gewerkschafter, Rapid-Präsident Edlinger ehemaliger Finanzminister. In vielen Jahren haben sie dort gelernt, Probleme gegenüber der Öffentlichkeit klein zu reden, ja sie sogar zu negieren. Mit der Realität hat dieses Bild, das Politiker verkaufen, oft nur noch wenig zu tun.

 

Das ist eine Zeit lang gutgegangen. Doch die Fans können das Geschwafel nicht mehr hören. Edlinger & Kuhn haben bei vielen Fans sämtlichen Kredit verspielt. Dass die Risse, die hier entstanden sind, nochmals gekittet werden können, ist anzuzweifeln.

 

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Mut- und Ideenlos. Rapid-Spieler agieren wie die Rapid-Führung (Foto: Gepa Pictures)

 

Platzsturm überstrahlte lange Zeit das Führungs-Problem Rapids

Der Platzsturm im vergangenen Jahr war eigentlich auch als deutlicher Hinweis gedacht, die Rapid-Führung unter Druck zu setzen. Die Fans erkannten bereits damals, dass etwas nicht stimmt im Verein. Doch die (emotionalen) Folgen dieses Ereignisses überstrahlten damals die Mängel in der Vereinsführung.

 

Die Medien stürzten sich auf die gewalttätigen Fans, eine sachliche Diskussion, warum die Fans sauer auf den Verein sind, fand nicht statt. Der Rapid-Vorstand nahm diese Steilvorlage an – und das Thema „schwache Rapid-Führung" verschwand wieder aus dem Fokus. Diese Suppe hatten sich die Fans aber auch selbst eingebrockt.

 

Dieses Mal wählten die Fans nach Wochen des bedingungslosen Supports, der gerade bei den beiden Niederlagen gegen Leverkusen durchaus kurios erschien und auch nicht allerorts Zustimmung fand - eine andere Form des Protests – und ermöglichen immerhin so in Folge eine sachliche Diskussion.

 

Sesselklebermentalität: Mitglieder haben erst im November 2013 die Möglichkeit

Edlinger & Kuhn werden wohl auch diese Phase überstehen. Wer die Sesselklebermentalität der österreichischen Politiker kennt, kann davon ausgehen, dass die Rapid-Fans die Amtszeit von Edlinger bis November 2013 noch durchhalten müssen.

 

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Rudolf Edlingers Amtszeit endet im November 2013 (Foto: Gepa Pictures)

 

Denn erst dann haben dann die Mitglieder das Wort – und die Möglichkeit auf einen wohl notwendigen Neustart. Rund 7.000 Mitglieder führt Rapid derzeit, nicht alle werden jedoch stimmberechtigt sein (siehe Statuten des SK Rapid, § 4. Ordentliche Mitglieder: Das ordentliche Mitglied hat Sitz und Stimmrecht in der Hauptversammlung sowie passives Wahlrecht, das Stimmrecht jedoch nur, wenn es dem Klub 3 Jahre ohne Unterbrechung angehört hat. Seine Hauptaufgabe besteht darin, für den SK Rapid tätig mitzuwirken.)

 

 


Hintergrund zum Thema "SK Rapid in der Krise"

Männer ohne Gesicht: Das sind die wahren Probleme des SK Rapid Wien

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Eine Sorge ist den unzufriedenen Rapid-Fans schon genommen: Rudi Edlinger wird sich nicht mehr zur Wahl stellen. Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre kann man wohl auch davon ausgehen, dass es nicht so ablaufen wird, wie in den vergangenen Jahren, als der Rapid-Vorstand Mal für Mal ohne besonders viel Gegenwind wiedergewählt wurde.

 

Generalmanager Kuhn steht übrigens nicht zur Wiederwahl, denn dieser hat einen normalen Angestelltenvertrag beim SK Rapid. Es ist aber davon auszugehen, dass die Rapid-Mitglieder den künftigen Rapid-Präsidenten sehr wohl dazu befragen, mit welchem Team er Rapid (aus der Krise) führen will. Spätestens dann wird auch die Zeit von Kuhn abgelaufen sein, wenn ein potenzieller Präsidentschaftskandidat die Stimmen der Mitglieder sichern will.

 

Bis dahin werden Edlinger & Kuhn vermutlich weiterwurschteln – wohl wissentlich mit dem Risiko, dass sie auf einem Pulverfass sitzen und sie selbst die Zündschnur dazu sind.