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Ein Präsident in Argumentationsnot

Rapid-Präsident Michael Krammer gerät immer mehr unter Druck, seine Argumentationssuppe ist sehr dünn. Von Michael Fiala

Michael Krammer ist ein Macher, ein Manager. Was er in die Hand nimmt, funktioniert. Meistens. Bei Rapid hat er das Jahrhundertprojekt Allianz-Stadion durchgezogen. Allein deswegen könnte man ihm dort ein Denkmal bauen. Doch der Rapid-Präsident hat auch Probleme. Große Probleme. So sehr es wirtschaftlich bei Rapid läuft, so wenig bringen die Hütteldorfer auf dem grünen Rasen zusammen. Darunter leidet auch Krammer, Canadi ist "sein" Trainer, auch wenn er versucht, das zu relativieren. Doch die Argumentationssuppe von Krammer ist dünn, daran ändern auch die aktuellen Interviews mit Krone und Kurier nichts. Noch besteht die Hoffnung auf die sportliche Wende, die sich Präsident Krammer so sehnlich wünscht. Und oft ist der Wunsch der Vater des Gedankens, wie sich in den Interviews mit Krone und Kurier zeigt.

 

"Immer Glück ist Können, immer Pech ist das Gegenteil davon" - Michael Krammer im November 2016

Ist fehlendes Glück eine gültige Kategorie?

Über die Gründe der Krise sagt Krammer: "Die Krise ist momentan eine Kombination aus vielen Gründen. Dass das Glück fehlt, ist offensichtlich. Langfristig gleicht sich das immer aus. Und nach nur elf Ligaspielen ist es wirklich zu früh, über einen Trainer den Stab zu brechen. Sonst wäre Rapid unter Pacult nach dessen schlechten Start nie Meister geworden." Apropos fehlendes Glück. Noch im November, als Büskens und Müller gehen mussten, sagte Krammer: "Immer Glück ist Können, immer Pech ist das Gegenteil davon." Es geht nicht darum, Canadi nach 11 Spielen in Frage zu stellen, sondern darum, dass Krammer genau die Argumentation, die er bei Büskens nicht mehr hören konnte, jetzt selbst verwendet. Das Archiv vergisst eben nie.

 

Hatte der Personalausschuss die sportliche Kompetenz?

Den Kritikern versucht Krammer zu kontern, immerhin hätten „sämtliche Experten bestätigt, dass es eine gute Wahl ist. Zweitens hat der gesamte Personalausschuss von Rapid zugestimmt, weil Canadi alle Anforderungen erfüllt hat. Und jetzt wird seine tägliche Arbeit von Sportdirektor Bickel positiv beurteilt." Zum Zeitpunkt der Bestellung Canadis bestand der Personalausschuss aus Krammer, Allianz-Vorstand Martin Bruckner, Gerhard Höckner sowie „Günther Kaltenbrunner, der die Sport-Insight mitbringt, Christoph Peschek und der Vorsitzende des Beirats der SK Rapid GmbH, Robert Grüneis", wie Krammer im 90minuten.at-Interview im Dezember bestätigte. Krammer stützt sich also unter anderem auf den Personalausschuss mit fragwürdiger sportlicher Kompetenz. Und außerdem: Was soll Bickel in der jeztigen Situation anderes sagen? Er kam nach (!) Canadi und muss diese Suppe jetzt eben mit auslöffeln. Ob er will oder nicht.

 

Mein Ego braucht dieses Amt wirklich nicht. Wenn mir jemand garantieren könnte, dass wir mit einem anderen Präsidenten nächste Saison das Double holen, trete ich heute noch zurück

Abstieg? Dazu brauche ich nichts zu sagen!

Für ganz denkunmöglich hält Krammer die Möglichkeit, dass Rapid noch in den Abstiegskampf mit hineingezogen werden könnte. Seine Antwort darauf im aktuellen Kurier-Interview: "Nein! Wir werden nicht in den Abstiegskampf rutschen. Der Abstieg ist denkunmöglich." In der Krone sagt Krammer auf die Frage, wie dankbar er ist, dass es Ried gibt: „Bitte. Dazu brauche ich nichts zu sagen.“ Fragen, die sehr schmerzen müssen, wenn sie ein Rapid-Präsident gestellt bekommt und beantworten muss. Realistisch ist ein Abstieg von Rapid wirklich nicht, aber auch nur deswegen, weil Ried derzeit so schlecht ist wie schon lange nicht. Denkunmöglich ist der Abstieg aber nicht.

 

„Trete noch heute zurück (…) Ich sehe nicht den Nutzen“

Schließlich bietet Krammer im Kurier-IV sogar seinen Rücktritt an. "Mein Ego braucht dieses Amt wirklich nicht. Wenn mir jemand garantieren könnte, dass wir mit einem anderen Präsidenten nächste Saison das Double holen, trete ich heute noch zurück“, sagt Michael Krammer im Kurier-Interview angesprochen auf mögliche persönliche Konsequenzen, wenn es in dieser Saison keinen Titel geben sollte, ergänzt jedoch im Nachsatz: "Ich stelle mir immer die Frage: Was hat Rapid davon? Ich sehe nicht den Nutzen, wenn ich den Hut draufhauen würde."

 

Mit Floskeln kann man keine Krise beenden

Rapid erlebt aktuell eine Krise, wie sie der Verein schon lange nicht mehr hatte. Canadi aktuell zu feuern bringt genauso wenig wie ein Rücktritt von Krammer. Eines ist aber auch klar: Mit Floskeln wird man die Rapid-affine Öffentlichkeit auf Dauer nicht beruhigen können. Also entweder fängt Canadis Team jetzt zu punkten an oder Krammer muss sich andere Argumente einfallen lassen.

 

>>> Rapids Probleme fangen im ersten Drittel an

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