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Mit Wohlfahrt, mit Fink. Mit Wohlfahrt, ohne Fink. Ohne Wohlfahrt, mit Fink. Ohne Wohlfahrt, ohne Fink?

Wohin steuert die Wiener Austria – strategisch und personell? Fragen, die sie selber gerade nicht beantworten kann.

Ein Kommentar von Michael Fiala

 

Den Rapid-Fans ist es noch in bester Erinnerung: Damir Canadi wurde im November 2016 als Rapid-Trainer geholt, die Position des Sportdirektors war zu dieser Zeit nicht besetzt. Rapid-Präsident Michael Krammer drückte damals vor der Rapid-Hauptversammlung aufs Tempo, um nicht als Präsident dazustehen, der nicht agiert. Dennoch sollte sich dieser Schachzug, der ihm zwar kurzfristig ein paar Stimmen auf der Hauptversammlung gebracht hat, als folgenschwerer Fehler herausstellen, wie das Jahr 2017 gezeigt hat. Ob das Präsidium die notwendige Qualität mitbringt, sportliche Entscheidung zu treffen, beantwortete Michael Krammer im Dezember 2016 im 90minuten.at-Interview so: "Muss ich ein Hund gewesen sein, um ein guter Tierarzt zu sein?" 

 

Was hat das mit der Austria zu tun? Der November ist bei den Veilchen zwar ohne Entlassung vorübergezogen, der Blick auf die Tabelle lässt den Fans und Vereins-Verantwortlichen – so wie Rapid vor einem Jahr - jedoch die Zornesröte ins Gesicht treiben: 23 Punkte, 29 Gegentore bei einem ausgeglichenen Torverhältnis, 21 Punkte Abstand zur Spitze, deutlich weniger sind es zum letzten Platz. Tabellenposition 7. Markus Kraetschmer beschreibt die aktuelle Situation im Standard: "Schiach spielen und nicht punkten ist die schlimmste Lösung."

  

Fink kämpft um sein Image und weniger für die Austria

Thorsten Fink, so scheint es, kämpft derzeit öffentlich mehr um sein Image als um ein gutes Bild seines Teams. Dem Standard sagte er: „Ich will nicht der alleinige Sündenbock sein.“ Im Sky-Interview meinte der Deutsche, der im eigenen Klub nicht die allerhöchsten Sympathiewerte bekommt: „In Deutschland schaut man auf die Tabelle und denkt sich: Was macht der Fink denn da?" Der ehemalige Basel- und HSV-Trainer hat in den letzten Tagen die Transferpolitik der Austria und somit auch Franz Wohlfahrt mehr oder weniger heftig kritisiert. Im Juli, kurz vor Saisonstart, meinte Fink jedoch: „Ich bin mit den Neuverpflichtungen sehr zufrieden. Franz Wohlfahrt hat einen guten Job gemacht und alles was ich wollte, gut umgesetzt.“

"Der Umgang von Fink mit dem möglichen Transfer von Holzhauser zeigt das Dilemma der Austria perfekt auf: Nicht ein nachhaltiges System steht im Vordergrund, sondern einzelne Personalien."

Wohin will die Austria?

90minuten.at-Kolumnist Gerald Gossmann brachte es in Bezug auf Wohlfahrt in seiner aktuellen Profil-Kolumne auf den Punkt: „Es scheint wieder einmal nicht klar, wohin die Austria will. Während Wohlfahrt bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren eine übergeordnete Philosophie noch als unnötigen Schnickschnack beiseite wischte, wird ausgerechnet das Fehlen einer solchen aktuell zum größten Problem des Vereins.“ Die Austria besteht aktuell aus viel Stückwerk, aber wenig Strategie. Transfers wie Westermann lassen noch immer viele Austria-Insider ratlos zurück, der Umgang von Fink mit dem möglichen Transfer von Holzhauser zeigt das Dilemma der Austria perfekt auf: Nicht ein nachhaltiges System steht im Vordergrund, sondern einzelne Personalien.

 

Wohin will Franz Wohlfahrt eigentlich mit der Austria? Das will 90minuten.at seit Monaten von ihm wissen. Doch der Austria-Sportdirektor ist nicht bereit, mit uns darüber zu sprechen. Jede einzelne Interviewanfrage wurde abgelehnt. 2015, beim ersten und letzten Einzel-Interview mit 90minuten.at, meinte der damals frisch bestellte Sportdirektor über sein Konzept: „Ist es nicht auch ein Konzept, dass ich sage: Ich brauche Zeit, um klare Konzepte zu erstellen?“ Knapp drei Jahre später kann man sagen: Das aktuelle Fiasko der Austria ist allein mit der Verletztenliste oder der Doppelbelastung nicht zu erklären. Vielmehr fehlt den Veilchen ein nachhaltiges Konzept. 

 

Wohlfahrts Verlängerung steht in den Sternen

Möglicherweise hat dies auch die Vereinsführung erkannt. Wolfgang Katzian wollte im Herbst über den Vertrag von Wohlfahrt reden. Mittlerweile ist der Winter ins Land gezogen. Und Markus Kraetschmer äußert sich als wirtschaftlicher Vorstand noch immer erstaunlich oft zu sportlichen Themen – gefragt oder ungefragt.

 

Am Sonntag beendet die Austria das Fußballjahr 2017 jedenfalls mit einem Heimspiel gegen Sturm Graz. Nicht nur der Blick auf die Wettquoten zeigt, wie es um die Favoritenrolle in diesem Spiel bestellt ist. Dabei wollte Fink Herausforderer Nummer eins sein, wenn Salzburg schwächeln sollte. Salzburg schwächelt zwar nicht, aber dennoch gibt es mit Sturm einen Verein, der auf Platz eins liegt. 21 Punkte dahinter ist die Austria.

Eisige Zeiten in Favoriten

Die Winterpause wird unabhängig vom Sturm-Spiel am Sonntag zur eisigen Zeit in Wien Favoriten. Wie soll es mit der Austria weitergehen: Verlängert man zuerst Wohlfahrt und spricht dann über Fink? Oder muss Fink doch gehen und überlässt man Wohlfahrt erneut die Suche nach einem Austria-Trainer? Schaut man, dass man die Saison doch noch irgendwie mit beiden rettet und wagt man dann einen Neubeginn? Mit Wohlfahrt, ohne Fink oder umgekehrt. Oder besetzt man dann beide Positionen neu? Und wer würde im Falle eines Neubeginns die strategisch wichtigen Positionen besetzen? Kommt dann wieder eine Task-Force mit Michael Häupl & Co zum Einsatz, die bereits 2015 erstaunliche Parallelen mit jener des ÖFB bei der Bestellung von Peter Schöttel zeigte? 

 

Es scheint, als ob die Wiener Austria all diese Fragen aktuell selber nicht beantworten kann. Und das hat auch einen einfachen Grund: Wie in jedem professionellen Unternehmen sollte die Strategie im Vordergrund stehen und erst in zweiter Linie die Personalfragen. Eine Strategie ist aber weit und breit nicht zu sehen. Daher tut sich die Austria aktuell auch mit den Personalfragen so schwer.

 

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