"Traurig deshalb, weil die beiden letzten Jahre von Günter Kreissl in Graz viel zugedeckt haben, was vorher an durchaus bemerkenswerten Errungenschaften geschafft worden ist. Jetzt gibt es keine Gelegenheit mehr, diesen schalen Nachgeschmack noch loszuwerden."
Staub gewischt und durchgelüftet
Traurig deshalb, weil die beiden letzten Jahre von Günter Kreissl in Graz viel zugedeckt haben, was vorher an durchaus bemerkenswerten Errungenschaften geschafft worden ist. Jetzt gibt es keine Gelegenheit mehr, diesen schalen Nachgeschmack noch loszuwerden. Der frühere Tormann hat den Staub von Sturm herunter geputzt und zu Beginn seiner Ära genau an den richtigen Stellen kräftig umgerührt, damit das schon Angebrannte nicht endgültig verkrustet. In der Kommunikation hat er die Fenster aufgemacht und den Mief der Goldbrich-Zeit hinausgelüftet. Nicht nur für uns direkt Betroffene eine Wohltat. Er hatte Glück und Händchen bei den Transfers und vor allem hat er dem damals schon wieder am Weg zum Allmächtigen bei Sturm befindlichen Franco Foda Paroli geboten. Das hat nach anfänglichem Reibungsverlust unter anderem auch dazu geführt, dass bei Foda so etwas wie ein Modernisierungsschub eingesetzt hat, was ihn nicht zuletzt zum ÖFB-Teamchef gemacht hat.
Danach konnte Kreissl mit Heiko Vogel seinen ersten Wunschtrainer bestellen, der ihm seinen größten Erfolg gebracht hat, aber auch den Anfang vom Ende eingeläutet hat. Der Cuptitel 2018 und der Weg dorthin waren freilich ein Highlight, das seinen Platz in der Klubhistorie behalten wird. Vieles, was aber währenddessen und danach für die Zukunft passiert ist, war alles andere als ein Ruhmesblatt. Einer wirtschaftlich äußerst erfolgreichen Transferbilanz, stehen eine Reihe von eher missglückten Neuzugängen gegenüber. Viel größer aber war das Problem, dass die Kurzfristigkeit und das Prinzip des “Löcher stopfens” anstelle von einer zumindest mittelfristigen Strategie getreten sind. Kreissl zerkrachte sich außerdem mehr und mehr mit seiner “Erfindung” Heiko Vogel, was schließlich unter dem Deckmantel der fehlenden Ergebnisse zum Bruch mit dem Trainer führte.
Der neue Weg geht woanders hin
Spätestens nach der verhauten Saison und Transferzeit nach dem Cupsieg, hätte jenes Umdenken stattfinden müssen, das jetzt beim Neustart in Messendorf angegangen wird. Dafür war Günter Kreissl nicht zu haben. Er glaubte nicht an Langfristigkeit oder an eine einheitliche Spielidee, die vom Jugendfußball weg im Verein etabliert werden soll. Der schnelle Erfolg sei essentiell, ohne den würde es nicht funktionieren. Roman Mählich und Nestor El Maestro mit ihrem Fußball waren seine missglückten Trainerentscheidungen, die diesem Prinzip folgen hätten sollen. Zu seiner Verteidigung: auch von allen anderen wesentlichen Playern im Klub hörte man bis vor kurzem nichts Gegenteiliges zu diesem Zugang. Erst das katastrophale Implodieren der Mannschaft am Schluss der letzten Saison, machte den Neustart möglich, der jetzt versucht wird. Dass Günter Kreissl an diesem nun nicht mehr mitwirken wird, ist nur eine logische Folge der letzten vier Jahre. Es wäre wenig glaubwürdig, wenn er nun einen Weg mitverantwortet, den er Kritikern seinerzeit nachdrücklich um die Ohren gehaut hätte.