Trifft El Maestro bei Sturm die richtigen Töne?

„El Maestro“ dirigiert also den SK Sturm seit Mitte Juni. Ob er aus den dissonanten Klängen, die letzte Saison die Leute aus Liebenau vertrieben haben, wieder eine Sinfonie machen kann, wird sich weisen. Eine Partitur scheint er vorbereitet zu haben.

In seiner Antrittspressekonferenz und kurz darauf in einem sehr interessanten Interview mit dem Standard zeigte der Anglo-Serbe, dass er das Medienklavier sehr gut spielen kann. Er sagt Sätze, die sehr gut klingen, legt sich aber in den heiklen Fragen nie wirklich fest.

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Am 12. Juni war also wieder einmal alles neu, beim SK Sturm. Nestor El Maestro saß in Messendorf am PK-Podium und soll jetzt der richtige Mann an der Linie für die Grazer sein. Schon damals, als Heiko Vogel schließlich das Rennen gemacht hat, war der 36-Jährige in der sehr engen Auswahl für den Job bei den Schwarz-Weißen, jetzt fanden beide Seiten schließlich doch noch zueinander. Zu einem Zeitpunkt, wo die sportliche Leitung, inklusive Präsidium, einiges gutzumachen und vor allem unter Beweis zu stellen hat, dass man noch in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen für die Blackys zu treffen. Die Episode Roman Mählich war nämlich kein Ruhmesblatt und ist in der Nachbetrachtung noch schwerer zu begreifen, als sie es zum Zeitpunkt der Verkündung schon war.

 

Maestro spielt das Medienklavier

Wie man nach einem Trainer Vogel und seinem Fußball, auf die Idee kommen kann einen Trainer Mählich zu bestellen, wird wohl für immer eines der Geheimnisse des Günter Kreissl bleiben. Weder hat der Kader zur komplett anderen Ausrichtung gepasst, noch war Roman Mählich als Persönlichkeit in der Lage, die schwierige Situation an der Mur anzunehmen und dort zu reüssieren. Der neue Mann startet also unter erschwerten Bedingungen. Sein Chef, der Sportdirektor, ist nämlich schon vor dem ersten Spiel unter Druck. Sollte Kreissls aktuelle Trainerwahl wieder nicht funktionieren, wird es insgesamt wohl eher ungemütlich für ihn. Durch die grundsätzlich falsch gewählten Prioritäten (= sportlicher Erfolg und zwar sofort), muss Nestor El Maestro von Spiel eins weg liefern. Und das weiß er auch. Sein flexibel-pragmatisch ausgerichteter Zugang zu diesem Geschäft könnte ihm dabei helfen.

In seiner Antrittspressekonferenz und kurz darauf in einem sehr interessanten Interview mit dem Standard zeigte der Anglo-Serbe, dass er das Medienklavier sehr gut spielen kann. Er sagt Sätze, die sehr gut klingen, legt sich aber in den heiklen Fragen nie wirklich fest. Das „Wie?“ zu seiner Art Fußball spielen zu lassen, beantwortet er so: „Der heilige Gral im Fußball ist es, eine klare, wiedererkennbare Spielphilosophie zu finden, die immer wieder erkennbar ist.“ Das würden aber nur wenige in jeder Liga und in jeder Saison schaffen. Weil das eben sehr stark mit dem notwendigen Erfolg verbunden sei. Nur damit könne man die Fans, die Spieler und den Klub von der Arbeit überzeugen. Aber nichtsdestotrotz sei es seine Aufgabe, das hinzubekommen. Er bedient somit die kritischen Geister, die Konzepte und Strategie einfordern, spricht aber den immer nur kurzfristig denkenden Verantwortlichen im Klub genauso nach dem Mund, indem er das Erfolgscredo hochhält.

 

Wer sorgt im Sturm für die Musik?

Der Kader, den Nestor El Maestro zur Verfügung hat, wird ein bisschen eine Wundertüte sein. Bis auf Thorsten Röcher und Emanuel Sakic gab es bisher zwar keine Neuzugänge. Einen wirklichen Umbau in der sehr großen Gruppe konnte Günter Kreissl bis dato noch nicht durchführen. Mit dem dritten Tormann Fabian Ehmann, Oliver Filip, Filipe Ferreira und Lukas Grozurek wurden nur Nebendarsteller an andere Adressen abgegeben. Leute, die auch hinsichtlich Gehalt Plätze freimachen würden, werden wohl bleiben. Philipp Hosiner oder Emeka Eze wecken bisher kein Interesse bei anderen Klubs. Hinzu kommt, dass sich beide nach dem Sommer im Training und den Tests stark verbessert zeigen. Wer weiß, vielleicht sehen wir vermutete Abgänge gar zu Beginn der Meisterschaft in der Startelf? Im SturmTV-Interview lavierte Kreissl zum Thema eher herum, anstatt sich klar zu positionieren. Er ließ aber durchblicken, dass der eine oder andere Neuzugang nicht ausgeschlossen ist.

Die Positionen, die er meint, sind wohl die linke Seite in der Abwehr, wo mit Thomas Schrammel im Moment nur ein Außenverteidiger mit linkem Fuß im Kader aufscheint, und ein Stürmer. Wenn man sich die Trainings mit El Maestro ansieht, wird schnell klar, dass er vorne drinnen einen körperlich starken und robusten Mann am liebsten hätte. Nicht umsonst waren Budu Zivzivadze und Charlison Benschop im Gespräch. Beide konnten aber nicht verpflichtet werden. Hosiner und Eze bemühen sich in der Rolle der Solospitze redlich, ihre Anlage und körperlichen Voraussetzungen erfüllen das, was wohl gewollt wäre, nicht zur Gänze. Der Trainer unterbricht oft und versucht mit flexiblem Zugang Lösungen zu ermöglichen, trotzdem scheint hier ein anderer Typ Stürmer besser aufgehoben. Der dritte im Bunde, Markus Pink, darf überhaupt nur am Flügel ran. Den sehen der neue Übungsleiter und sein jüngerer Bruder, Co-Trainer Nikon El Maestro, der wesentlich für das Offensivtraining verantwortlich zeichnet, offenbar gar nicht in zentraler Stürmerrolle.

 

Selbstbewusstsein macht Stimmung

So oder so dürfte die kommende Saison für die Beobachter und Fans der Schwarz-Weißen mit El Maestro in der Verantwortung aber wieder interessanter werden, als unter seinem Vorgänger. Im Training hat man den Eindruck, die Spieler ziehen mit und was der Coach auf dem Rasen machen lässt, lässt zumindest den Wunsch erahnen, nicht ausschließlich destruktiv auf Tore verhindern zu setzen. Wie er medial auftritt, zeigt zudem einen von sich relativ überzeugten Mann, der nicht nur angstgesteuert versucht nichts Falsches zu sagen. Das kann, wenn die Stimmung kippt natürlich auch nach hinten losgehen. Ganz generell erzeugt ein gewisses Auftreten des Trainers aber eine grundsätzlich zuversichtlichere Stimmung. Der überraschend gute Aboverkauf nach der mäßigen Vorsaison zeigt, dass das durchaus in die Breite wirkt. Alles keine Garantie dafür, dass Nestor El Maestro in Graz eine Erfolgsgeschichte werden wird. Die Vorzeichen waren aber schon einmal schlechter, rund um den SK Sturm.