Foto: © GEPA 12Meter / 2018 / Q3

Kommt Sturm nach der Ruhe?

Es ist ein wenig Ruhe eingekehrt, im vor Nervosität gebeutelten schwarz-weißen Grazer Fußball. Die Ruhe ist allerdings trügerisch. Die eigenen Ansprüche und noch viel mehr jene des Umfelds verlangen schnelle Erfolge.

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Die Länderspielpause ist vorbei und es geht wieder zurück in die Bundesliga. In Graz hat sich die Lage seit dem blamablen Aus im Europacup gegen AEK Larnaca ein bisschen beruhigt. Mit drei Mal 1:1 in Folge hat der SK Sturm zwar niemandem vor Begeisterung den Atem genommen, zumindest hat sich die Mannschaft nach dem 5:0 auf Zypern aber gefangen und ist nicht in ihre Bestandteile zerfallen. Das war nicht selbstverständlich, lagen die Nerven doch schon vor dem Rückspiel auf der Mittelmeerinsel in der Euro League-Quali mehr als blank. Viele prominente Abgänge im Sommer, nicht sofort funktionierende Neuzugänge, schwächelnde Leistungsträger und ein schwacher Start in den internationalen Bewerb haben dazu gereicht.

 

Und immer wieder zählt nur der Erfolg

In der Meisterschaft ging es zu Beginn zwar nach Plan, allerdings waren zwei glückliche Siege gegen zwei Aufsteiger nicht genug, um der Mannschaft ausreichend Selbstvertrauen zu verabreichen. Erst nach dem Larnaca-Debakel ging ein kleiner Ruck durch das Gefüge. Heiko Vogel ruderte auch wie schon im Frühjahr hinsichtlich Anforderungsprofil ein wenig zurück, um dem Team einen etwas einfacheren und bekannteren Anzug anzuziehen. Bis zur internationalen Pause Anfang September blieb man so zumindest ungeschlagen, gegen den SK Rapid wäre mit der Variante Philipp Huspek an vorderster Front sogar fast ein Sieg gelungen. So oder so, dass es jetzt eine Pause gab, konnte allen Beteiligten in Graz nur Recht sein.

Sportdirektor Günter Kreissl zeigte sich beim BlackFM.at-Talk (hier nachhören) in Graz am Dienstag auch merklich entspannter als noch vor einigen Wochen. Es ist wieder mehr Sachlichkeit in die Analyse eingezogen, die eine oder andere Wahrnehmungsschieflage scheint wieder geradegerückt und man sieht nicht mehr überall Gespenster. Nichtsdestotrotz bleibt aus Grazer Sicht zu hoffen, dass das Trainerteam diese Vorbereitungszeit gut zu nutzen wusste. Die Spielidee und die Frage, wen man aus diesem Kader wie am besten einsetzt, schienen nach sechs Runden in der Liga maximal ansatzweise geklärt. Das zeigt natürlich auch, dass der momentane Friede ein brüchiger sein könnte. Man betont unisono beim SK Sturm, dass der sportliche Erfolg mehr oder weniger das Einzige sei was zählt. Deswegen wird man auch in den nächsten Runden ausschließlich an Siegen gemessen werden. Gelingt ein solcher zum Beispiel am Samstag bei Nachzügler Admira nicht, wird man emotional und Nervenkostüm-technisch schnell wieder dort sein, wo man Mitte August war.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Nur kranke Hirne wünschen anderen Krankheiten

Der überzogene Erwartungsdruck, der in Graz so lange kultiviert wurde, dass er auch ohne viel Pflege wuchert wie Unkraut, ist natürlich in einer Findungsphase alles andere als brauchbar. Er mündete in dieser Saison sogar zu einer, in derart ausufernden Unflätigkeit noch nie dagewesenen, Reaktion einiger Fans in Liebenau und in sozialen Medien. Wieso sich Leute in ein Stadion setzen, wenn sie am Ende einer Partie Trainer und Spieler der eigenen Mannschaft Krankheiten und noch Schlimmeres an den Hals wünschen, kann ein nicht krankes Hirn nicht nachvollziehen. Da diese Dinge fast ausschließlich von den Abositzen hinter der Trainerbank kamen, kann man davon ausgehen, dass sich Heiko Vogel weiterhin was in die Richtung anhören wird können, wenn es nicht läuft. Ausschließlich behaglich wird es sich in des Sturmtrainers Haut nicht anfühlen, bevor sich die sportliche Lage nicht nachhaltig konsolidiert hat.

Wie schnell man aber auch zwischenzeitig aus dem Aufmerksamkeitsfokus rutschen kann, zeigt das Media Briefing vor dem Match am Samstag gegen die Admira. Zwei Journalisten verirrten sich zur Pressekonferenz, die dann auch nur vier Minuten dauerte und einen offensichtlich irgendetwas zwischen amüsiert und genervt befindlichen Heiko Vogel hinterließ. Ein Armutszeugnis für den steirischen Sportjournalismus. In Graz macht am Wochenende der Davis Cup Station, die wären sicher alle dorthin, hieß es. Vielleicht trägt das Desinteresse aber auch weiter zur Beruhigung bei, dann hätte es zumindest etwas für sich.

 

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