Der SK Sturm spielt in den kommenden Wochen international in der Gruppenphase der Europa League. Was nach dem Hinspiel in Norwegen schon entschieden war, wurde am Dienstag mit dem 2:1 in Klagenfurt (Spielbericht >>>) nur noch offiziell bestätigt.
Der Klassenunterschied zwischen den Schwoazn und Bodø/Glimt war dann doch erschreckend eindeutig, Sturm wurde im wahrsten Sinne des Wortes vom Blitz getroffen. Prestige-Heimerfolg hin oder her.
Perspektivspieler statt Stars
Sei’s drum. Die Konzentration gilt ab sofort den kommenden Aufgaben in der Meisterschaft, im Cup und in der zweiten europäischen Leistungsklasse. Finanziell ist dieses Programm freilich weit weniger erfreulich, als es die Königsklasse gewesen wäre, für die Fans hat es allerdings auch Vorteile. Sturm kann die Europa League in Liebenau spielen, die Schwoazn ersparen sich die mühsamen Fahrten nach Klagenfurt.
Das ist alles nachvollziehbar und verständlich, trotzdem bedeutet das, dass Sturm mit einem Kader in diesen Herbst gehen wird, der nicht die Qualität von jenem aus dem Vorjahr haben wird.
Ein paar Punkte bleiben nach diesen Spielen gegen Bodø aber zurück. Etwa, dass Sturm ganz offensichtlich am Transfermarkt nicht in Vorleistung für die Champions-League-Playoffs gehen wollte. Es wurden vor diesen Partien ausschließlich Spieler verpflichtet, die perspektivisch gedacht sind und nicht sofort "wirken". Gregory Wüthrich, Malick Yalcouyé und auch noch immer nicht Mika Biereth wurden bis dato adäquat ersetzt.
Dazu werden mit Max Johnston und William Böving noch zwei weitere Leistungsträger den Verein in den nächsten Tagen verlassen. Und ganz offensichtlich war es zusätzlich zunächst gefragt, Spieler wie Bryan Teixeira und Szymon Włodarczyk von der Pay-roll zu bringen. Die Kaderkosten dürften in den letzten Jahren dann doch recht arg explodiert sein.
Offene Worte wären gefragt
Das ist alles nachvollziehbar und verständlich, trotzdem bedeutet das, dass Sturm mit einem Kader in diesen Herbst gehen wird, der nicht die Qualität von jenem aus dem Vorjahr haben wird. Es wird bestimmt zwei, drei Last-Minute-Transfers in den letzten Zügen des Transfersommers geben, wahrscheinlich Leihgeschäfte, die versuchen, das zu korrigieren. Aber zumindest vorerst wird das trotz allem Abstriche bedeuten.
Warum schenkt man den Fans nicht reinen Wein ein und sagt: Wir müssen auf unsere Kaderkosten schauen, wir können kein zu großes Risiko eingehen, wir nehmen dafür auch in Kauf, erst wieder mittelfristig auf das Leistungsniveau von Ende 2024 zu kommen?
Schon während der abgelaufenen Spielzeit wurde immer ein Umbruch in diesem Sommer angekündigt. Ein wenig unverständlich ist es dann, dass dieser Umstand und die geplanten Aktivitäten für diese erste wirkliche Transferzeit des Sportchefs Michael Parensen dann wieder einmal so halbseiden, intransparent und hinhaltend kommunikativ begleitet werden.
Warum nennt man die Dinge wieder einmal nicht beim Namen? Warum schenkt man den Fans nicht reinen Wein ein und sagt: Wir müssen auf unsere Kaderkosten schauen, wir können kein zu großes Risiko eingehen, wir nehmen dafür auch in Kauf, erst wieder mittelfristig auf das Leistungsniveau von Ende 2024 zu kommen? Stattdessen druckst Parensen in jedem Interview herum, spricht davon, dass natürlich in diesem Sommer noch etwas passieren wird und dann passiert wieder lange nichts.
Kroatien, Österreich – Hauptsache Sturm
Wie man es bespricht und nach außen trägt, ändert zwar nichts an den Fakten im Kader. Aber es würde verhindern, dass es im sozial-medialen Umfeld schon wieder gehörig rumort. Das Parensen-Bashing, das dort stattfindet, ist natürlich unangebracht, ohne Substanz und in größten Teilen von den üblich-verdächtigen Dumpfbacken abgesondert.
Jetzt wissen wieder alle, dass Parensen nur Nieten für die Zweier verpflichtet, Sturm diese Saison maximal Fünfter wird und international sowieso nicht konkurrenzfähig sein wird. Hätte man sich ersparen können.
Aber man könnte mittlerweile auch bei Sturm wissen, wie der Hase läuft. Und der Verein könnte mit proaktiver Kommunikation diesen Umständen vorbauen, indem man nicht durch Intransparenz immer so riesige Interpretationslücken offenlässt. Jetzt wissen wieder alle, dass Parensen nur Nieten für die Zweier verpflichtet, Sturm diese Saison maximal Fünfter wird und international sowieso nicht konkurrenzfähig sein wird. Hätte man sich ersparen können.
Apropos sparen: Das hätten viele auch tun sollen, bevor sie ihre Kommentare zu Leon Grgic‘ Ankündigung, zukünftig für die Heimat seiner Eltern Fußball spielen zu wollen, abgegeben haben. Was da an latent rassistischen, aggressiven und untergriffigen Wortmeldungen zu lesen war, war wieder einmal unter aller Sau. Und insbesondere den Sturm-Fans unter diesen Experten sei ausgerichtet: Was interessiert euch, für welches Land einer eurer Stürmer spielt? Er ist ein Schwoazer und darum geht es. Der Rest ist seine Privatsache.
Jürgen Pucher ist Buchautor, Politikwissenschaftler, Fußballjournalist und praktizierender Sturmfan in Wien. Der Steirer war Mitgründer der Fanplattform Sturm12.at. Seit 2015 ist Pucher als Betreiber des Podcast BlackFM aktiv, der sich den "Schwoazn" widmet. Für 90minuten.at schreibt er in regelmäßigen Abständen die Kolumne "12 Meter".