Der Fußballherbst in Österreich ist bis auf einen Nachtragstermin absolviert und die Klubs gehen in die Winterpause. Zeit für eine kleine Leistungsschau der letzten Monate, in diesem Format natürlich aus der Sicht des SK Sturm. Im Sommer, im Zuge der noch nachwirkenden Double-Euphorie, wurden die Anmerkungen aus der einen oder anderen Ecke, dass das eine schwere Saison für die Schwoazn werden könnte, nicht sehr laut gehört.
Prompt mühte man sich im Cup ordentlich gegen einen Regionalligisten und es setzte zum Auftakt gegen Rapid auch gleich eine Niederlage. Es sollte aber für viele Wochen die einzige in der Liga bleiben. Christian Ilzer schaffte es, die Mannschaft zu stabilisieren und am Ende sogar noch besser zu machen, als sie es in der Double-Saison war.
Ex-Sportchef ist beeindruckt
Außer einem Heim-Ausrutscher gegen den WAC, blieb Sturm bis Weihnachten ungeschlagen und führt die Tabelle an. Das einzige Team in Schlagdistanz ist – überraschend – die Austria, die noch dazu gerade von der öffentlichen Hand, sprich der Stadt Wien, vor dem drohenden finanziellen Kollaps gerettet wurde. Flugs kaufte der Sportstadtrat um schlappe 40 Mille das Stadion am Verteilerkreis, damit die Violetten wieder flüssig sind. Auge, Stadt Graz und Land Steiermark.
In Dortmund war man schließlich schon ganz knapp dran, am Punkt, im Aufeinandertreffen mit Girona war es schließlich so weit. Der erste Sieg in der Königsklasse seit mehr als zwei Jahrzehnten.
Zurück zu Sturm. Wie es dem Trainerteam gelungen ist, nach dem Double noch einen draufzusetzen, verdient Respekt. Andreas Schicker, der sich mittlerweile in Hoffenheim in anderen Gegenden der Tabelle müht, zeigte sich in einem Telefonat sehr beeindruckt von der Entwicklung. In der vergangenen Saison hätte es immer wieder Phasen gegeben, wo man sich durchgeschwindelt hätte. Diese Saison sei das alles bei weitem souveräner, ließ er aus Deutschland wissen.
Sturm auch in Europa verbessert
Und auch international haben die Grazer einen Entwicklungsschritt nach vorne gemacht. In der Herkulesaufgabe Champions League setzte es zwar zunächst ausschließlich Niederlagen, aber von Spiel zu Spiel war eine Steigerung festzumachen. In Dortmund war man schließlich schon ganz knapp dran, am Punkt, im Aufeinandertreffen mit Girona war es schließlich so weit. Der erste Sieg in der Königsklasse seit mehr als zwei Jahrzehnten.
Besonders sichtbar wurden die Fortschritte in der letzten Partie des Kalenderjahres in Lille. Trotz der 3:2-Niederlage zeigte Sturm, dass da eine andere Mannschaft am Platz steht als noch im letzten Jahr in Europa und Conference League. Ein klarer 2:0-Rückstand führte nicht zum Untergang.
Sturm blieb stabil, kämpfte sich zurück und glich aus. In einigen Momenten danach hätte in Halbzeit zwei diese Partie auch zugunsten der Schwoazn kippen können. Erst als die Kräfte nach einer langen Saison ganz offensichtlich massiv zu schwinden begannen, schaffte Lille, das heuer unter anderen schon beide Teams aus Madrid geschlagen hat, doch noch den Siegtreffer. Der österreichische Meister trat, trotz weniger Erfahrung und massiv geringerer Kaderwerte, in bisher allen Champions-League-Auftritten auf Augenhöhe in Erscheinung.
Leistungsträger waren in Form, Backups überzeugten
Der Übergang vom abwandernden Christian Ilzer zu Jürgen Säumel auf der Trainerbank, änderte an all diesen Umständen nichts. Zu gut war das alles eingespielt und aufgesetzt. Der Interimscoach startete sogar fulminant, mit einem 7:0 in der Liga und dem ersten Dreier in Europa. "Das war für mich sogar ein wenig erwartbar", erklärte Andi Schicker im bereits erwähnten Telefonat. Eine neue Ansprache, alle würden sich gerne bestmöglich vor dem Neuen präsentieren und gerne beweisen, dass sie gut sind, egal wer auf der Bank sitzt.
Diese Trainerwahl entscheidet auch über Parensens Standing in den kommenden Monaten wesentlich mit. Was auch immer dabei herauskommt, gilt es vom ganzen Verein mitzutragen und zu akzeptieren. Auch ganz oben an der Spitze.
Und sehr viele Leistungsträger steigerten ihr Form im Laufe des Herbstdurchgangs ganz gehörig. Otar Kiteishvili spielte von Runde zu Runde besser, das dänische Offensivduo Biereth-Böving ist in nahezu jeden Treffer involviert, Tochi Chukwuani konnte den lange verletzten Jon Gorenc Stankovic mehr als nur ersetzen und Malick Yalcoué ist für die österreichische Liga ohnehin eine Ausnahmeerscheinung.
Dazu kamen noch der Dauerbrenner Jusuf Gazibegovic, der nach Köln wechseln wird, oder die Innenverteidiger-Entdeckung der Saison, Niklas Geyrhofer. Wirklich unter den Erwartungen blieben in den ersten 16 Spielen eigentlich nur die Neuzugänge Emir Karic und Lovro Zvonarek, für die es in diesem starken Kader aktuell wenig Licht zu sehen gibt.
Michael Parensen ist am Zug
Was jetzt in der Pause natürlich ganz oben auf der Liste steht, ist eine Entscheidung in der Trainerfrage. Darf Jürgen Säumel weitermachen, oder kommt ein neuer Mann als Ilzer-Ersatz? Neo-Sportchef Michael Parensen ist jetzt das erste Mal im Mittelpunkt des Interesses. Er muss abwägen, ob Säumel das angetretene Erbe nicht nur verwalten kann, sondern auch in der Lage ist, in der Wintervorbereitung und darüber hinaus neue Reize zu setzen und das Team weiterzuentwickeln.
Es bleibt zu hoffen, dass er sich nicht vom irrlichternden Präsidenten vereinnahmen hat lassen und diese Auswahl besonnen treffen wird. Wie auch immer Parensen weiter vorgeht, diese Trainerwahl entscheidet auch über sein Standing in den kommenden Monaten wesentlich mit. Was auch immer dabei herauskommt, gilt es vom ganzen Verein mitzutragen und zu akzeptieren. Auch ganz oben an der Spitze.
Der Zustand, seine Europacupspiele nicht in der Heimstätte austragen zu können, ist schlichtweg schwer zu ertragen und für alle Sturmfans ein großer Makel dieser Spielzeit.
Nicht zu akzeptieren sind einige Dinge im Verein, die in diesem Herbst wahrlich nicht gut gelaufen sind. Der gesamte Bereich Merchandising muss dringend neu aufgestellt werden. Die anhaltenden Verfügbarkeitsprobleme bei vielen Artikeln und die wenig kreative Herangehensweise hinsichtlich der Produktauswahl in den Shops, sind eines Doublesiegers nicht würdig.
Liebenau-Umbau muss 2025 auf Schiene
Wie an dieser Stelle bereits das eine oder andere Mal erwähnt, ist es in einigen Bereichen auch notwendig, die Manpower an die durch den Erfolg gestiegenen Anforderungen anzupassen. Nicht zuletzt sorgte – vorsichtig ausgedrückt – das wenig optimale Ticketing für die Champions League-Spiele in Klagenfurt bei sehr vielen Fans für gehörigen Unmut. Es bleibt zu hoffen, dass in der Geschäftsstelle daraus die richtigen Schlüsse gezogen wurden.
Und dann ist da noch das Stadion. Der Zustand, seine Europacupspiele nicht in der Heimstätte austragen zu können, ist schlichtweg schwer zu ertragen und für alle Sturmfans ein großer Makel dieser Spielzeit. Wie bekannt, kann man in Graz leider nicht von einer Unterstützung wie in anderen Bundesländern ausgehen.
Vielleicht ist es ja 2025 zumindest möglich, die aktuellen Pläne zur Adaptierung Liebenaus auf Schiene zu bringen. Und vielleicht halten die Zusagen vom Land Steiermark bezüglich eines finanziellen Beitrags zu den Umbaumaßnahmen ja auch nach den Wahlen in der wahrscheinlich neuen Koalition aus Ex-Wachtmeister und dem selbsternannten Bauernopfer der Republik. Für Sturm wäre es wichtig.