Warum Jürgen Klopp bei Manchester City (noch) nicht funktionieren würde

Jürgen Klopp wird derzeit mit fast allen internationalen Spitzenklubs, die auf der Suche nach einem Trainer sind, in Verbindung gebracht. Ein Engagement außerhalb von Deutschland könnte für Klopp noch zu früh sein. Ein Erklärungsversuch von Andreas Prentn

 

Als Jürgen Klopp vor wenigen Wochen verkündete, dass er Borussia Dortmund mit Saisonende verlassen wird, gab es sofort Gerüchte nach der nächsten Station für den charismatischen Trainer: Real Madrid oder auch Manchester City wurden unter anderem genannt. Sogar beim FC Bayern wollten einige Anhänger den 47-Jährigen sehen, der in sieben Jahren Dortmund aus der sportlichen Bedeutungslosigkeit geholt hat. Allerdings gäbe es einige Gründe dafür, dass der emotionale Klopp - zumindest noch nicht - für einen Top-Club außerhalb von Deutschland reif ist, wie am Beispiel von Manchester City erläutert werden soll.

 

Die Erwartungshaltung
Beim Stadtrivalen von Manchester United hat man die Geduld verloren. Nachdem Investoren im Jahr 2007 den Club an die Spitze Europas bringen wollten und hunderte Millionen Euro in den Club gepumpt wurden, gab es mit Sven Göran Eriksson, Mark Hughes, Roberto Mancini und nun Manuel Pellegrini bereits vier Manager, die sich am Vorhaben Champions League Sieg versucht haben. Auch wenn man in der Premier League seit der Saison 2010/2011 immer unter den Top-Drei vertreten war und 2011/2012 sowie 2013/2014 sogar den Titel gewann, ist man nicht zufrieden. Endlich muss der größte Titel auf der europäischen Clubebene her, der Gewinn der Königsklasse.

 

Geht es nach den Verantwortlichen, so soll dies natürlich sofort passieren. Wenn man sich allerdings die Leistungsdaten von Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp ansieht, dann fällt auf, dass dies ein jahrelanger Prozess gewesen ist, der die Borussen an die europäische Spitze hievte. In der Saison 2008/2009 (erstes Jahr unter Klopp) standen die Schwarz-gelben nach 34 Runden in der Bundesliga auf Rang sechs, eine Saison später war es bereits Rang fünf. Im Jahr 2010/2011 stand man allerdings ganz oben und somit war man berechtigt, in der Königsklasse anzutreten. Allerdings scheiterte man bereits in der Gruppenphase an Arsenal, Olympique Marseille und Olympiakos Piräus. Ein weiteres Jahr später gewann man abermals die Meisterschaft und zog erneut in die Königsklasse ein. Aufgrund des äußert effektiven Power-Fußballs schaffte es die Mannschaft bis ins Champions League Finale und scheiterte dort an Bayern München. Es dauerte also vier Jahre, bis Jürgen Klopp seine Mannschaft ins Endspiel der Königsklasse trainierte und das ist für einen Club wie Manchester City selbstverständlich viel zu lange. Klopp hätte natürlich in Manchester von Beginn an eine konkurrenzfähige Champions-League-Mannschaft zur Verfügung. Der ehemalige Borussia-Coach ist jedoch ein Mensch, der viel Wert auf Zwischenmenschlichkeit sowie Kontinuität legt und nicht auf kurzfristige Erfolge.

 


Verhältnis zur Club-Führung
In Dortmund sind die Erfolge des Clubs in den vergangenen Jahren natürlich nicht nur ein Verdienst von Jürgen Klopp und seinen Spielern, sondern des gesamten Vereins. Vor allem das Verhältnis zwischen Sportdirektor Michael Zorc, Geschäftsführer Hans Joachim Watzke und Trainer Jürgen Klopp war außerordentlich gut. Dies hatte zum Ergebnis, dass bei Transfers oder sonstigen wichtigen Entscheidungen immer alle drei Meinungen Gewicht hatten und andere Einflüsse ruhend gestellt wurden. Bei anderen Topvereinen wie Real Madrid, Manchester City oder auch FC Chelsea ist dies mit Sicherheit nicht immer Usus. Immer wieder wurde von Trainern berichtet, dass sie gewisse Spieler einfach „vorgesetzt" bekamen. Stars werden nicht gemacht, sondern geholt.

 

Bei den Borussen war überhaupt die Philosophie eine ganz andere. Eigenbauspieler wie Nuri Sahin, Marco Reus, Kevin Großkreutz, Mario Götze wurden schon in jungen Jahren eingesetzt und danach in einem kontinuierlichen Prozess zu Weltstars geformt. Es war nie die Art von Borussia Dortmund hunderte Millionen Euro in die Hand zunehmen, um dann eine schlagkräftige Truppe zu formen. Und diese Eigenschaften hat auch der Trainer immer wieder als positiv befunden. Manchester City ist ein Club, der lieber Geld in die Hand nimmt anstatt auf die eigene Jugend zu setzen. Jürgen Klopp hat einen großen Teil seiner Starspieler heranwachsen sehen und bei Manchester City bekommt er einen Millionenkader, der schon von anderen Trainern beeinflusst wurde, auf dem Silbertablett serviert.

 

Der tägliche Umgang
Ein weiterer ganz großer Faktor hinter dem Erfolg von Borussia Dortmund ist selbstverständlich der Mensch Jürgen Klopp. Der Schwabe arbeitet im Training sehr viel mit Spaß am Spiel und belustigte sein gesamtes Umfeld mit charmanten Interviews und Pressekonferenzen. Unvergesslich sind natürlich auch seine Dauerfehden mit Schiedsrichtern, für die er im Laufe seiner Karriere schon erhebliche Summen an Strafzahlungen entrichten musste. Nichtsdestotrotz sind es seine meterweiten Torjubel im Trainingsanzug, seine ständigen Gefechte mit dem vierten Offiziellen und ähnliche Dinge, die den Mensch so besonders machen. Außerdem war immer wieder die Rede davon, dass Jürgen Klopp für einige seiner Spieler eine Art Ersatz-Vater geworden ist, der sich auch für menschliche Belange zuständig fühlt und sich unter anderem dadurch Respekt verschafft. All diese Dinge haben in Deutschland gut funktioniert. Für viele Journalisten war es zum Teil ein regelrechtes Erlebnis, ein Interview mit Herrn Klopp auf Deutsch zu führen, da er sein ganzes Charisma weitestgehend entfalten konnte. Ob dies auch in der englischen Sprache in derselben Art und Weise funktioniert, ist fraglich.

 


Klopps Gesamtwerk auch in Manchester erfolgreich?
Allerdings gibt es auch Beispiele, die beweisen, dass es sehr wohl für ausländische Trainer möglich ist, auf Anhieb große Erfolge zu erzielen. Der Italiener Carlo Ancelotti beispielsweise hat in seiner ersten Saison bei Real Madrid auch zuerst Spanisch lernen müssen, um dann sofort die Champions League zu gewinnen. Allerdings hat er diese Drucksituation schon bei Paris Saint-Germain oder beim FC Chelsea erlebt. Ein Beispiel, das noch greifbarer ist, wäre Pep Guardiola. Der Spanier kam nach einer sehr erfolgreichen Zeit beim FC Barcelona zu Bayern München und musste das schwere Erbe von Jupp Heynckes antreten. Guardiola hat in kurzer Zeit Deutsch gelernt und befindet sich mit seiner Mannschaft auf Erfolgskurs, auch wenn es in der Champions League in dieser Saison einfach nicht gereicht hat.

 

Doch sowohl Guardiola als auch Ancelotti haben bei ihren vorherigen Stationen gewisse Drucksituationen kennengelernt: Es ist das „normalste" der Welt, dass diese Klubs zur absoluten Elite gehören und das selbst auch so sehen. Ganz im Gegenteil zu Dortmund. Die Borussia agierte als Phönix aus der Asche. Bei den Fans von Manchester City & Co steht Klopp hoch im Kurs. Dank seiner attraktiven Spielweise hat er Borussia Dortmund ins Champions League Finale geführt und diesen offensiven Powerfußball will man natürlich auch in Madrid und Manchester sehen. Das Spielermaterial dazu ist auf alle Fälle vorhanden. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob Klopps Gesamtwerk auch bei Manchester City & Co funktioniert.