Stehen die Zeichen auf Sturm?
Geht es nach den Vorschusslorbeeren, wird der SK Sturm eine mehr als wesentliche Rolle in der kommenden Saison spielen. Gefahrenpotenziale gibt es natürlich trotz allem. Und zwei wesentliche Fragen stellen sich außerdem: Ist Franco Foda nur Segen oder auc
Hohe Erwartungshaltung wohin man schaut, wenn es um die Prognosen für den SK Sturm geht. Der Kader sei ausgewogen wie lange nicht, schreiben die Beobachter. Franco Foda habe keine namhaften Abgänge verkraften müssen und außerdem sei er ohnehin der Heilsbringer für Schwarz-Weiß, erzählen sich die Leute. Deshalb sollte Platz drei das Minimum sein, heißt es. Obwohl man in Graz schon einige Lieder von hohen Ansprüchen, die sich dann nicht verwirklicht haben, singen kann – die Vorzeichen für diese Saison und darüber hinaus sind tatsächlich nicht die Schlechtesten. Die Transferaktivitäten sind allesamt nachvollziehbar. Sturm hat dort nachjustiert wo die Mannschaft dünn aufgestellt war (Außenverteidigung und Torhüter), sich qualitativ im Mittelfeld verstärkt (Christijan Dobras) und in Perspektivenspieler investiert, die sich gut entwickeln könnten (Sascha Horvath).
Kein Geld für Ablösen
Durch den Verkauf von Marco Djuricin hat sich der Verein natürlich auch, nach klammen Jahren, wieder eine gewisse Bewegungsfreiheit am Markt verschaffen können. Einiges sei laut Präsident Christian Jauk zwar in die Infrastruktur geflossen, hinsichtlich Gehaltsstruktur konnte man das eiserne Spardogma aber doch lockern. Goalie Michael „Bruno" Esser und die Verlängerung von Lukas Spendlhofer werden auf der Payroll schon ein bisschen nach oben ausschlagen. Den einen oder anderen bisher nicht so überzeugenden Mittelfeldspieler würde man bei einem entsprechenden Angebot laut Informationen aus Vereinskreisen außerdem noch ganz gerne abgeben. Strategisch fällt vor allem eines auf: Die Grazer sind offenbar nicht bereit Geld für hohe Ablösesummen auszugeben. Man versucht sich hauptsächlich mit ablösefreien Akteuren zu verstärken.
Der SK Sturm beschreitet damit den einzig gangbaren Weg für einen österreichischen Bundesligisten, dessen Budget im Jahr bei rund elf Millionen Euro liegt. Spieler mit Potenzial günstig zu holen, zu entwickeln und mit möglichst hohem Gewinn an potentere Ligen weiterzureichen. Das wird, natürlich auch aus Rücksicht auf die tendenziell fordernde Fanbasis in Graz, nicht immer so eindeutig kommuniziert – à la longue läuft es aber darauf hinaus. Das ist aus der Perspektive der Nachhaltigkeit schlicht richtig und wichtig. Das Potenzial hinsichtlich möglicher Transfererlöse liegt in der Bundesliga noch einigermaßen brach, da gäbe es viel zu holen. Und: Diesen Weg zu gehen und eine regelmäßige Qualifikation für den Europacup schließen sich keineswegs aus. Wenn die richtigen Spieler gescoutet werden, liefern diese ja auch für den Verein bevor sie weiterziehen. Das, in Kombination mit einer funktionierenden Akademie, aus der man Leute in die erste Mannschaft hochholen kann, muss das Rückgrat für den Kader bilden.
Franco Foda – Fluch und Segen
Für diese Art Mannschaftsgefüge scheint der Mainzer Heimkehrer natürlich prädestiniert. Der Präsident bezeichnete Franco Foda unlängst sogar als „Traumtrainer" für den schwarz-weißen Weg. Auch wenn man die euphoriegeleiteten Superlative weglässt: Die Fähigkeit junge, auch charakterlich schwierige, Leute in ein Team zu integrieren und zu forcieren gehört zu seinen Kernkompetenzen. Sportlich, wohlgemerkt, der Umgangston und die interne Kommunikation sind nicht gemeint. Und genau darin könnte auch der Hund begraben liegen. Solange der Verein auf der aktuellen Welle weiterreitet gehen kritische Töne dazu, wie unlängst vom scheidenden Keeper Benedikt Pliquett, weitgehend unter. Foda hat sich innerhalb kürzester Zeit wieder ein Standing erarbeitet wie seinerzeit 2011. Beziehungsweise, es wurde ihm von den darbenden Sturmfans nach den mühsamen Zeiten unter Peter Hyballa und Darko Milanic mehr oder weniger schon am Weg von Kaiserslautern nach Graz entgegengeworfen.
Derzeit wird er dem gerecht, es ist ihm seit seiner Rückkehr kein Vorwurf zu machen. Das wahre Gesicht und damit der Beweis, ob die menschliche Läuterung, die er sich selbst attestiert tatsächlich eingetreten ist, wird sich in der ersten Krise zeigen. Dann wird sichtbar, ob er zum Teamplayer gereift ist oder wieder versucht gemeinsam mit den ihm hörigen Grazer Medienvertretern sein Standing zu nutzen und Politik zu machen. Fazit: Bis dato gab es wenig bis nichts am alten neuen Trainer zu bemängeln. Es gab aber auch kein Problem. Bleibt das so, kann Sturm in der kommenden Saison erfolgreich bis sehr erfolgreich sein. Aus Sicht der Sturmfans bleibt zu hoffen, dass Foda sich menschlich wirklich weiterentwickelt hat. Ein bisschen schwer fällt das allerdings, so ganz grundsätzlich ändern sich Menschen nun einmal sehr selten.
Geht Jauk im Jänner?
Durch die aktuelle Feel-Good-Welle in Graz, sind auch die Diskussionen rund um die Geschäftsstelle ruhiger geworden. Gerhard Goldbrich zündet wahrscheinlich auch jeden Tag ein Kerzerl an, weil Foda ihn aus dem Zentrum der medialen Aufmerksamkeit genommen hat. So von seiner Fauxpas-Anfälligkeit befreit, hat er einige gute Transfers hinbekommen. Dass er, entgegen seiner Aussagen unlängst in der Kleinen Zeitung, in Messendorf weiterhin trotz anders vorgesehener Struktur eine One-Man-Show ist, kann niemand leugnen. Selbst wenn man eine simple Anfrage an die Pressestelle richtet, muss man auf das OK des Generals warten. Auch hier werden sich die darin beheimateten Problemstellungen erst im Krisenfall wieder zeigen.
Sehr frohlockend in die Landschaft blickt naturgemäß derzeit Präsident Christian Jauk. Er hält sich seit vielen Wochen dezent im Hintergrund, seine früheren, eher ungeplant-hysterischen Zwischenrufe im Tagesgeschäft sind Vergangenheit. Der Laden läuft und Jauk konzentriert sich, neben einem 14-tägigen Rapport der Geschäftsführung beim Präsidium, auf Kontakt- und Sponsorenpflege. Der Präsident ist zufrieden, sieht seinen eingeschlagenen Weg endlich Früchte tragen und die Struktur so stabil, dass sie auch ohne ihn funktionieren könne. Muss sie das? Nicht unwahrscheinlich. Intern ist die Entscheidung vermutlich bereits gefallen, ob Jauk im Jänner bei der Generalversammlung noch einmal antritt. Und wenn man ein bisschen zwischen den Zeilen zugehört hat in letzter Zeit, ist ein Rückzug von Christian Jauk alles andere als ausgeschlossen.
Da sind einerseits private Verpflichtungen und außerdem wäre der Moment alles andere als ungünstig – sollte in Graz bis zum Winter nicht alles schiefgehen. Jauk könnte sich als der Mann verabschieden, der den SK Sturm wieder auf die Erfolgsspur gebracht und finanziell konsolidiert hat. Es gäbe viel Applaus, viel Rührung, er und sein Team hätten das alles nur für den SK Sturm getan – Vorhang. Wer Christian Jauk ein bisschen kennt, weiß dass ihm dieser Akt sehr gut gefallen würde.