Stefan Reiter: ‚Mit einem Fuß in der Europa League, mit dem anderen in der zweiten Liga'

Nach den blamabel gelaufenen Testspielen und dem Kantersieg im ersten Pflichtspiel stellt sich die Frage: Wird die SV Ried unter Trainer Helgi Kolvidsson zur erwünschten Weiterentwicklung und Kontiniutät der Innviertler beitragen können? Georg Sander ist

 

Die Rieder Testspiele hatten es in sich. 0:5 gegen Mlada Boleslav und 1:8 gegen Sparta Prag. „Das schlechteste Spiel, seit ich hier bin", sagte Goalie Thomas Gebauer. Insgesamt 3:17 Tore und drei Niederlagen bei einem Unentschieden in den ersten vier Vorbereitungsspielen. Dafür gab es im ersten Cup-Spiel 15 Tore auf der Habenseite. Findet Ried mit Trainer Kolvidsson zur Kontinuität?

 

Als die SV Ried 1995 erstmals in die Bundesliga aufstieg, war Klaus Roitinger bereits seit 1988 Trainer. Das sollte er bis Ende der Saison 1998/1999 bleiben. Wie bei jedem kleinen Verein ist vor allem eines mitentscheidend: Kontinuität. Auf der Trainerbank war das nach dem Jahrhundertrainer Roitinger lange nicht der Fall. Bis der ehemalige ÖFB-Coach Paul Gludovatz zwischen 2008 und 2012 1.347 Tage auf der Bank saß, blieben nur wenige Trainer wirklich länger im Innviretel. Heinz Hochhauser und Heli Kraft sollten bis „Gludo" die einzigen sein, die mehr als ein Jahr in Amt und Würden waren. Die Rieder Trainerbank ist zwar kein Verschleißinstrument wie der Favoritner Trainerfriedhof der Austria, dennoch hatte man in den vergangenen Jahren nur wenig Glück bei der Trainerauswahl.

 

Vor allem nach Gludovatz: Heinz Fuchsbichler wurde telefonisch verpflichtet, war letztlich die falsche Wahl. Urgestein Nummer eins Michael Angerschmid übernahm Ende 2012, am Ende war man Sechster. Selbiges schaffte er im Jahr darauf. Hinter den Großen vier, aber auch hinter den jeweiligen Aufsteigern. Ex-Salzburg Co-Trainer und Urgestein Nummer zwei Oliver Glasner hätte es vergangene Saison richten sollen. Zwar wurde die kriselnde Austria auf Rang sieben verwiesen, aber mehr als einen sechsten Platz erreichte die Mannschaft auch unter der Regie von Glasner nicht. Stagnation war in Ried eingekehrt, von der viel zitierten „spielerischen Weiterentwicklung", die immer wieder als die Vereinsphilosophie ausgegeben wird, war nicht viel zu sehen. Glasner wechselte unter unschönen Nebengeräuschen zum Rivalen LASK, mit dem er ein ganz großes Ziel vor Augen hat: Den Aufstieg in die erste Liga zu schaffen. Unter Helgi Kolvidsson soll es nun wieder aufwärts gehen. Doch nach den jüngsten, desaströsen Testspielergebnissen schrillen im Innviertel die Alarmglocken.

 

Einen Trainer für fünf Jahre wird es nicht geben
„Warum es bislang nicht immer geklappt hat? Weil es nicht immer die Entscheidung des Vereins ist", sagt Ried-Manager Stefan Reiter gegenüber 90minuten.at, „es schaut nur immer so aus, dass bei uns alle Trainer raus geworfen werden." Der Manager verweist darauf, dass die Trainer anderswo bessere Perspektive hätten. Das mag im Fall von Oliver Glasner vielleicht stimmen, der Vertrag mit Michael Angerschmid, der seinen Freund Glasner in Linz jetzt als Co-Trainer unterstützt, wurde allerdings bekanntlich wegen eines Punkte-Ultimatums nicht verlängert. „Ich habe aufgehört davon zu träumen, dass wir langfristig planen können. Das geht bei uns – und vielen anderen Klubs – einfach nicht", meint Reiter weiter. Einen Trainer für fünf Jahre? Das sei in der heutigen Zeit unrealistisch. Würden sich Erfolge einstellen, wie etwa ein Europacupstartplatz oder ein Cupsieg, wäre der Trainer wohl nur sehr schwer zu halten. Gleiches gelte auch, wenn die „Rieder Wikinger" die Saison auf dem letzten Tabellenplatz beenden würden. „Das gilt ja auch für die Spieler. Sehen diese bei einem anderen Verein eine bessere Perspektive, ist das auch für uns ein wirtschaftliches Thema. Leider."

 


Drei Gruppen von Spielern
Wegen der schlechten Testspielergebnisse kommt beim erfahrenen Manager der Innviertler aber keine Panik auf. Helgi Kolvidsson hat ein völlig anderes taktisches Konzept als sein Vorgänger Oliver Glasner. „Das war so geplant. Es ist in Gesprächen mit dem Trainer klar gestellt worden, dass es eine neue taktische Grundordnung geben wird. Und das braucht auch Zeit", antwortet Reiter angesprochen auf die miesen Testspielergebnisse. Laut Reiter liege es daran, dass es derzeit drei Gruppen von Spielern gibt. Jene, die das Glasner-System verinnerlicht haben. Jene, die das alte System zum Teil verinnerlicht haben, weil das System unter Glasner bekanntlich auch nicht immer funktioniert hat. Die dritte Gruppe sind die neuen Spieler, die von anderen Klubs kamen und dementsprechend eine andere Grundordnung hatten. „Das alles unter einen Hut zu bringen und aufeinander abzustimmen, ist ein schwieriges Unterfangen", stellt Reiter klar. „Aber genau dafür gibt es die Vorbereitungszeit." Starke Gegner sind für den Manager des Innviertler Bundesligisten die richtigen, damit sich die Defensive finden kann. Ein 1:8 sei trotzdem „nicht akzeptierbar."

 

Mit einem Fuß in der Europa League, mit dem anderen in der zweiten Liga
Mit Ausnahme der abgelaufenen Saison war Ried seit 2011/12 stets hinter den „Großen vier" Salzburg, Rapid, Austria und Sturm sowie dem jeweiligen Aufsteiger Sechster. In der Saison 2014/2015 tauschten der WAC und der FAK die Plätze. Vom SV Mattersburg ist wieder einiges zu erwarten, Altach arbeitet sehr nachhaltig am Erfolg. Da stellt sich unweigerlich die Frage, ob die SV Ried nicht doch noch weiter nach hinten, in den Abstiegskampf, rein rutschen könnte. Auf diese Frage lässt sich Reiter nicht ein: „Was ist hinten, was ist vorne in einer Zehnerliga?"

 

Ein sechster Platz wie in den letzten vier Jahren wäre den Menschen egal. Wäre Ried Siebter, dann ist alles schlecht. Reiter verweist dabei auf einen schon öfters von ihm gehörten Satz: „Dann bist du aber der siebtbeste Verein in der populärsten Sportart Österreichs!" Es gebe beschränkte Möglichkeiten für die SV Ried – vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Neben den vier Spitzenteams hätten auch jetzt auch Altach, der WAC und Mattersburg ein höheres Budget als die Rieder. „Aufgrund unserer Erfahrung und Infrastruktur können wir aber dennoch eine gute Rolle unter diesen sogenannten kleinen Vereinen spielen", betont Reiter.

 

„Was ist der Abstiegskampf?", stellt Stefan Reiter zum Schluss in den Raum, um die Frage nach kurzer Überlegung zu beantworten. „Wir waren in der vergangenen Saison nach acht Runden Letzter. Auch 2011/12 unter Paul Gludovatz." Man habe sich immer stabilisiert und die Tabelle habe erst nach 36 Runden eine tatsächliche Aussagekraft. Und schneidet das wieder einmal neue Ried unter Helgi Kolvidsson überdurchschnittlich gut oder schlecht ab, kann der Innviertler Trainerreigen wieder einmal von neuem beginnen, weil „du kannst mit einem Fuß in der Europa League sein, mit dem anderen in der zweiten Liga", sagt Reiter.