Sky Go Erste Liga: Die Ausbildungsliga gibt es nicht (mehr)
Die Sky-Go-Erste-Liga sieht sich gerne als Ausbildungsliga. Die Realität zeichnet jedoch ein anders Bild. Eine Analyse von Georg Sander
Seit der Spielzeit 2010/11 wird die Sky-Go-Erste-Liga wieder mit zehn Mannschaften ausgetragen. Die Zweitvertretungen von Austria Wien und Red Bull Salzburg wurden rausgeschmissen, fortan gab es zunächst eineinhalb Abstiegsplätze, seit zwei Jahren derer zwei. Starker Tobak, für kleine Profivereine. Sie sind gefangen zwischen den Anforderungen, mit kleinem Budget ein Profiteam auf die Beine zu stellen, und nicht in die dritte Liga abzusteigen. Das dort wegfallende Fernsehgeld mit Einsparungen am Spielersektor zu verbinden, ist schwierig.
Bei vielen Absteigern aus der Zehnerliga sieht es mittlerweile düster aus. 2010/11 stieg der FC Gratkorn ab. Am 26. Juni 2013 folgte die Insolvenz. 2011/12 musste der drittplatzierte LASK absteigen, die Lizenz wurde entzogen, es folgten Querelen und eine Übergabe.
Relegationsteilnehmer Hartberg, sportlich Letzter, wehrte sich bis letztes Jahr erfolgreich gegen den Abstieg. 2012/13 folgte der nächste Lizenzentzug, beim achtplatzierten FC Lustenau. Blau-Weiß Linz stieg in der Relegation ab, der Sieger dieses Kreuzspiels, Parndorf, musste im Folgejahr 2013/14 runter, dem Letztplatzierten First Vienna FC wurde die Lizenz entzogen. Allerdings schaffen es die letzten Absteiger mittlerweile, auch durch große Investoren oder finanziellen Realitätssinn, sich zu halten.
Doch die Anforderungen an die Liga bestehen nicht nur aus sportlichem Überleben und einem möglichen Aufstieg. Auch neue Spieler sollen es in die Bundesliga schaffen. Das funktioniert meist nur mit dem Kader eines Aufsteigers. Ansonsten schaut es eher ein bisschen traurig aus. Während die Liga stolz auf die ersten Einsatzminuten eines David Alaba oder Aleksandar Dragovic ist, nimmt man es mit dem Spielerentwickeln, dem alten Motto „Heute für morgen" nicht so genau. Welche Spieler haben es seit der Rückkehr zur Zehnerliga geschafft, ohne Aufsteiger aufzusteigen? Wer konnte sich ohne Bundesligaeinsatz über die zweite Liga noch nachhaltig etablieren?
Am ausgereizten Ende des Talente-Alters
Viele Namen, die die zweite Liga als Sprungbrett seit 2010/11 benutzt haben, finden sich nicht. Einer ist zum Beispiel Thorsten Schick. Er durchlief bis 2009 den Sturm-Nachwuchs, nach eineinhalb Jahren in Gratkorn ging es via Altach 2012 zu Admira Wacker. Heute ist er wieder bei Sturm. Ähnlich erging es Jan Zwischenbrugger. Er begann seine Karriere in der Vorarlberger Akademie, tingelte als Talent geltend durch die zweite Liga, von Altach, über Lustenau nach Hartberg; dort holte ihn Ried in die Bundesliga. Nun ist er wieder, richtig, bei Altach. Auch nicht untypisch sind Karrieren wie jene von Daniel Schütz. Der heute 24-Jährige kickte jahrelang in der zweiten Liga und spielt mittlerweile beim SV Grödig.
Dann gibt es noch die Legionäre: So zeigte Konterstürmer Ronivaldo im reifen Alter von 25 beim Kapfenberger SV auf, was ihm im Winter einen Vertrag bei der verzweifelten Wiener Austria einbrachte. Landsmann Galvao, auch schon 24 Jahre alt, war einer der Brasilianer bei Austria Lustenau, spielt nun bei Altach. Daneben gibt es ein paar Ex-Legionäre, die via zweite Liga in die Bundesliga kamen; etwa Dieter Elsneg, der in jungen Jahren nach der Grundausbildung beim GAK in Italien kickte und via Kapfenberg und Grödig mittlerweile bei Ried spielt. Ähnlich wechselhaft ist die Karriere des 25-jährigen Dominik Hofbauer bislang verlaufen. Aus dem Sturm-Nachwuchs ging es in die Jugend von Aston Villa, dann zurück zum SKN St. Pölten nach Österreich, via Wiener Neustadt in die Bundesliga, zurück zum SKN, wieder zurück zum SCWN, von wo er zu Altach ging.
Mit Geduld ans Ziel
Etwas aus dem Konzept fallend ist der Lebensweg des Patrick Salomon. Der heute 27-Jährige begann in der Jugend beim FAC, probierte sich im Veilchen-Nachwuchs, kehrte nach Floridsdorf zurück. Er konnte 2008/09 und 2009/10 bei Austria Lustenau überzeugen und bekam – zurück am Verteilerkreis – 2010/11 85 Einsatzminuten in der ersten Mannschaft des FAK. Zwei Jahre war er aber hauptsächlich in der zweiten Mannschaft aktiv, ging wieder ins Ländle, von wo ihn die Lustenauer Austria nach zwei Jahren in die Bundesliga zu Altach verkaufte. Oder Nico Antonitsch. Der 24-jährige Defensivmann wurde im Sommer von Horn zur SV Ried transferiert, entwickelte sich zuvor bei Kapfenberg. Florian Templ kam erst mit 21 Jahren zu einem Profiverein, dem LASK; nachdem er zuvor in St. Marien, Sierning und St. Florian kickte. Nun ist er seit Sommer beim SVM.
Weitere spannende Lebensgeschichten finden sich bei den folgenden Kickern. Maximilian Karner etwa. Der kickte zunächst im Nachwuchs von Red Bull Salzburg, ehe er 2010/11 für Grödig auflief. Von dort holte ihn die SV Ried in die Bundesliga, wo er bis zum Sommer blieb. Nun ist der 25-Jährige fixer Bestandteil der Innenverteidigung beim bulgarischen Traditionsverein Levski Sofia. Ein bisschen „dings" ist auch die Geschichte von „Hightower" Simon Piesinger. Der Linzer spielte eine super Saison 2011/12 für Blau-Weiß Linz, dann schlug der damalige Bundesligist FC Wacker zu. Piesinger vermied den Abstieg und explodierte in seiner ersten Sturm-Saison 2014/15 förmlich.
Der nächste Davipp Hosinaba
Der einzige Shootingstar der vergangenen Jahre ist jedoch Philipp Hosiner. Er ist quasi die Regel bestätigende Ausnahme. Nach der Ausbildung bei 1860 München und einem verhautem Jahr beim SV Sandhausen spielte er 2010/11 bei der Vienna groß auf, die Admira holte ihn in die Bundesliga. Der Rest ist eine, wenn auch wechselhafte, Erfolgsgeschichte. Mit Abstrichen gilt das auch für Philipp Zulechner. Der Stürmer tingelte von Akademie zu Akademie, dann zwischen Horn und Grödig. Nach elf Toren in 31 Spielen 2012/13 schlug Aufsteiger Grödig zu. Nach einem durchwachsenen Jahr in Freiburg ist er nun bei der Wiener Austria engagiert.
Bei vier weiteren Kickern ist die Entwicklung noch nicht absehbar, wenn auch bisher ziemlich gut. Cican Stankovic machte sich zunächst beim SV Horn einen Namen als Talent und wurde zum SV Grödig geholt. Dort spielte er so gut, dass im Sommer schließlich Red Bull Salzburg zuschlug. Dort ist er nach Fehlern derzeit nur die Nummer zwei. Das Zeug zu haben sich durchzusetzen, wird ihm aber eingeräumt.
Einen anderen Weg wählte Stipe Vucur. Der Salzburger, der in der Red Bull-Akademie reifte, schlug sich via Seekirchen und USK Anif zum FC Lustenau durch. Nach einem guten Jahr in der Bundesliga beim FC Wacker ging er zuerst zu Erzgebirge Aue und ist nun Stammspieler beim nicht ganz so unbekannten 1. FC Kaiserslautern. Erst 23 Jahre alt ist er auf einem guten Weg zu einem ordentlichen Legionär.
Einen ähnlichen Weg begann Konstantin Kerschbaumer im Sommer mit seinem Wechsel zum FC Brentford in die englische Championship. Viele Jahre in der Ersten Liga bei der Vienna und vornehmlich dem SKN St. Pölten aktiv, holte ihn im vergangenen Winter die Admira. Dort gefiel er den Mathematikern aus England so gut, dass er nun bei Brentford spielen kann. So ein Weg würde wohl auch Bernd Gschweidl gefallen. Der jetzige SV Grödig-Spieler überzeugte als 17-Jähriger beim SV Horn, konnte in einer schwierigen Saison 2013/14 24 Einsätze und sieben Tore für die Waldviertler verbuchen. Bei den Grödigern tut er sich noch schwer. Ebenfalls bei Grödig ist Dominik Baumgartner gelandet. Nach der Ausbildung in der AKA St. Pölten kehrte er zum Jugendverein SV Horn zurück, von wo ihn die Salzburger holten.
Die Liga richtig verstanden?
Wie schon jüngst statistisch dargelegt, verkommt die eigentliche Ausbildungsliga zur Altherrenliga. Wäre ja nicht so schlimm, würden wenigstens Jahr für Jahr Talente nach oben weiter gereicht werden. Welchen Sinn hat also diese Liga dann eigentlich in dieser Form noch?
>>> Siehe auch: Die Heute-für-die-von-Gestern-Liga