Die Akte Srdjan Grahovac
Sieben Einsätze in der Bundesliga, zwei im ÖFB-Cup. Srdjan Grahovac ist noch nicht zur Gänze in Österreich angekommen. In den ersten beiden Frühjahrsrunden war er nicht in der Startelf – trotz eines sensationell tollen Spiels auf seiner Position im zentra
Bei Transfers ausländischer Spieler nach Österreich herrscht oft Skepsis. Der 22-jährige Bosnier Srdjan Grahovac hingegen wurde mit Lob überschüttet. Als Rapid ihn im Sommer präsentierte, war Trainer Zoran Barisic begeistert: „Mit Grahovac landet ein Juwel bei Rapid." Auch Daniel Mandl, Chefredakteur von abseits.at und Rapid-Experte, sparte nicht mit Lob. „Prototyp eines Box-to-Box-Mittelfeldspielers", „pressingresistent", „dauernd auf der Suche nach Lücken" oder „konkrete Kritik nur bei kurz getretenen Eckbällen" war zu lesen. Glaubte man Trainer und Experten, so hatte Rapid im Sommer die fliegende und eierlegende Wollmilchsau verpflichtet. Als einziges Manko gab es damals nur noch die mangelnden Deutschkenntnisse.
„Jetzt will ich mehr spielen"
Diese sind weg, Grahovac aber noch immer oft auf der Bank. „Bis jetzt ist alles ok", sagt Srdjan Grahovac im Gespräch mit 90minuten.at, „das Land ist schön, die Stadt auch." Allerdings kam der 1,82 Meter große Bosnier nicht wegen der schönen Umgebung von Banja Luka nach Wien. „Ich bin im Juni hergekommen und habe noch nicht viel gespielt. Jetzt habe ich die zweite, sehr gute Vorbereitung gemacht und jetzt will ich mehr spielen." Zufrieden hört er sich aber nicht an. Nun setzt er große Hoffnung in das nächste halbe Jahr.
Trainer Zoran Barisic ist mit Grahovac soweit zufrieden, wie er im Gespräch mit 90minuten.at bestätigt: „Er hatte zu Beginn Anlaufschwierigkeiten, weil es zwischen der bosnischen und der österreichischen Liga doch Unterschiede gibt. Er hat sich gut eingelebt, ist gut integriert und hat auch den Anschluss geschafft." Für den Coach sind es dann halt immer wieder auch Kleinigkeiten, dass jemand anderer spielt. Und natürlich hat der SK Rapid zudem ein großes Angebot im Mittelfeld.
Mit Thanos Petsos, Dominik Wydra, Brian Behrendt und Stefan Schwab gibt es viel Personal für die Mittelfeldzentrale. Die Plätze in Barisic' 4-2-3-1 oder defensivem 4-3-3 nehmen aber zumeist Petsos und Schwab, ferner Wydra oder Behrendt ein. Irgendwo hakt es noch. Natürlich gibt es vom Trainer immer Feedback, warum: „Er spricht nach jedem Spiel mit uns, was wir besser machen können und was nicht so gut war. Er nimmt sich auch für jeden von uns so einmal in der Woche Zeit, um das genau zu besprechen."
Knackpunkt des Rapid-Spiels ist Grahovac' Revier
Warum dann einmal der spielt und dann der andere, kann oder will aber sein Trainer nicht wirklich sagen. „Es ist so, dass ich nur 10 Feldspieler aufstellen kann", meint Barisic, „und wir sind qualitativ hochwertig auf allen Personen doppelt besetzt. Oft ist es dann eine Geschmackssache, wer spielt. Da schaut man sich Form und Training an und auch den Gegner. Da spielen viele Aspekte eine Rolle." Srdjan Grahovac meint lapidar: „Wir reden darüber nicht, das ist ja die Aufgabe des Trainers. Wir Spieler müssen trainieren, besser werden und uns im Spiel beweisen."
Der Knackpunkt im Rapidspiel - das zentrale Mittelfeld - ist unter anderem Grahovac' Revier. Als moderner Sechser ist man mitten drinnen. Es muss viel nach vorne gehen, immer auch nach hinten gedacht werden. „Es geht immer in zwei Richtungen", sagt Grahovac. Seine Aufgaben konkretisiert wieder Barisic: „Ich erwarte mir die Umsetzung, was unser Offensiv- und Defensivspiel betrifft. Da muss jeder wissen, was er zu tun hat. Ich erwarte mir, dass man da den Rhythmus vorgibt, ständig den Ball verlangt und im Aufbauspiel mitdenkt und das Spiel in die nächste Zone verfrachtet bzw. verlagert. Wenn man ballentfernt ist, muss er beispielweise den Rechtsverteidiger top absichern."
Barisic: „Rapid ist noch nicht reif, um tiefstehende Mannschaften auseinanderzunehmen'
Gegen tief stehende Gegner hat Rapid beinahe traditionell gröbere Probleme. Die neun-Punkte-Lücke zu Red Bull Salzburg wäre leicht geschlossen. Gegen die Admira wurden drei ranzige Unentschieden geholt. Alleine hier liegen sechs Punkte, in Grödig verlor eine schwache grün-weiße Mannschaft mit 1:3. Tief stehen auch die Altacher, gegen die es in dieser Saison noch gar keine Punkte gab – auch wenn es im ersten Saisonduell nach einer Sonnleitner-Roten in der zweiten Minute schon auch schwierig war. Gegen Altach durfte Grahovac 66 Minuten spielen, beim 1:1 gegen die Admira nur zehn Minuten.
Und bereits im Sommer sprach Kollege Gerald Gossmann Rapids Schwäche (siehe Posting unten) gegen die defensiven Gegner an. In 13 Spielen der Saison 2013/14 gegen die Teams außer Austria, Salzburg und Sturm konnte nicht gewonnen werden. Nur elf endeten mit einem Dreier. „Jedes Spiel ist anders", sagt Grahovac, „manchmal ist es gegen die Besseren schwierig, manchmal gegen die Kleinen." Für ein gutes Spiel, so der Bosnier weiter, braucht es aber auch immer zwei Mannschaften: „Wenn ein Team nur defensiv spielt, ist es ja für alle schwierig." Dann muss aber schon in Frage gestellt werden, warum das nicht nur ein paar Mal so ist, sondern mit lang andauernder Regelmäßigkeit. „Natürlich ist das schon auch die Aufgabe auf meiner Position, aber so richtig planbar ist das nicht."
Trainer Barisic ist sich dieser Problemlage durchaus bewusst. „Wir sind noch nicht reif genug, um eine tiefstehende Mannschaft komplett auseinander zu nehmen", führt er aus und ergänzt: „Vor allem vor dem Tor, da fehlt die Effizienz, um sich einen größeren Vorsprung heraus zu arbeiten. Darum sind viele Spiele ziemlich knapp. Wir finden nicht immer die effizienteste Lösung, sprich den letzten oder vorletzten Pass, um zu einer hundertprozentigen Torchance zu kommen. Das sind die Gründe. Wir greifen im Vergleich zu anderen Mannschaften oft an, es könnten aber mehr Tore daraus resultieren."
Eventuell ist es Srdjan Grahovac, der da Akzente setzen kann. Für Zoran Barisic ist der junge Bosnier nach wie vor wichtig, er sagt aber, man habe „viele Juwelen, die Konkurrenz ist sehr groß, er entwickelt sich positiv, ist aber lange noch nicht fertig." Das Schlusswort wird Grahovac überlassen: „Mein Ziel ist es, in der kommenden Halbsaison so viele Spiele wie möglich zu machen. Am Ende des Jahres wollen wir Erster oder Zweiter sein sowie den Cup gewinnen. Dann schauen wir im Sommer, ob es die Champions- oder die Europa-League wird."