Wiener Neustadt is all in

Neuer Stürmer, neuer Trainer, neues Stadion – das soll das Erfolgsrezept des SC Wiener Neustadt sein, um der sechsten tipico-Bundesliga-Saison zumindest noch eine weitere folgen zu lassen. Doch irgendwie hat man das Gefühl, dass es diese Saison um alles o

 

Keine 2.000 Fans befanden sich zum Showdown mit dem Wolfsberger AC in der Glitschwertgasse in Wiener Neustadt ein. Dabei hatte Interimstrainer und Sportdirektor Günter Kreissl mit Stefan Maierhofer kurz zuvor eine der wohl schillerndsten Persönlichkeiten des heimischen Fußballs der vergangenen Jahre verpflichtet. Der 2,02-Meter große Sturmtank war seit Sommer vereinslos und pokerte offensichtlich recht gut mit Kreissl. Im Gegenzug für Tore erhielt er einen Vertrag bis Saisonende, also vier Spiele plus Rückrunde und kann auch im Winter ins von Maierhofer selbst nicht näher erwähnte Ausland wechseln.

 

Maierhofer nicht nur zum Toreschießen da

Maierhofer-Türln sind freilich gut und schön, aber es ist nicht nur das Toreschießen, weswegen der „Lange" geholt wurde. Bis zum Wochenende standen 16 Tore auf der Habenseite der Neustädter. Die Admira hatte eins weniger erzielt, Ried genau so viele. Trotzdem beträgt der Rückstand sechs bzw. sieben Punkte. Die Konkurrenz punktete mit weniger Toren einfach mehr. Auch ein Kopfproblem. Dieses wollte Kreissl mit der Maierhofer-Verpflichtung lösen: „Maierhofer ist alleine schon im alltäglichen Training ein Input. Sein Siegeswillen, seine Motivation helfen mehr als jeder Mentaltrainer. Er ist ein Aufwecker, ein Mitreißer, man spürt eine Aufbruchsstimmung."

 




 

#TrotzallemSC
Doch der ehemalige Deutschland- und England-Legionär soll nicht nur weiterhin Tore schießen und den Mentalbetreuer ersetzen, sondern am besten auch gleich Zuschauer mitbringen. Das klappte bislang nicht. WAC, zweiter der Liga, hatte zudem noch nie gewonnen. Aber allen on- und offline-Bemühungen zum Trotz kamen weniger als 2.000 Besucher ins Stadion. Unter ihnen war Helgi Kolvidsson. Der Sunnyboy aus Island ist nach Heimo Pfeifenberger nun der zweite in der Ersten Liga gescheiterte Coach, der die Neustädter aus dem tabellarischen Tief holen soll. Die Möglichkeit, mit Christian Ilzer einen gleichsam anerkannten wie unbekannten Fachmann werken zu lassen, ließ man aus.

 


Hemdsärmliger Kolvidsson
Was hat der Isländer vorzuweisen? Mit der Austria aus Lustenau scheiterte er kolossal daran, einen Riesenvorsprung gegenüber Grödig zu verteidigen. Das lag dem Vernehmen nach zwar weniger am Trainer, denn am Umfeld; allerdings darf nicht vergessen werden, dass es eine riesige Gruppe an arbeitslosen Trainern gibt und die Wahl wieder auf einen hemdsärmligen Typ fiel, der in Interviews super sympathisch ist, aber die großen Erfolge vermissen lässt. Immerhin bleibt Ilzer. Aber vielleicht gilt für Kolvidsson dasselbe wie für den „Major": Neben dem Sportlichen auch bei den Fans zu helfen.

 

Die Stadionfrage...
... scheint vordergründig geklärt. Ende Oktober votierten die Bewohner Wiener Neustadts für eine neue multifunktionale Sportanlage. Warum eigentlich? Der Zuschauerschnitt liegt deutlich unter 2.500 Fans pro Heimspiel - vor ein paar Jahren lag er noch bei 3.700. „Zunächst einmal brauchen wir für 2015/16 eine gewisse Anzahl überdachter Plätze, das könnten wir durch das Überdachen bestehender Zuschauerbereiche arrangieren. Ab der Saison 2016/17 braucht der SC dann noch eine Rasenheizung. Auch das erscheint mir mit Hilfe machbar", sagt Kreissl gegenüber 90minuten.at. Rein auf die Kriterien der Bundesliga bezogen würde das reichen, das könnte der Verein stemmen. Die Bedeutung eines Neubaus, den der Verein nicht alleine und auch nicht mit der Stadt zusammen alleine stemmen kann, geht aber weiter, wie uns Vizepräsident und kaufmännischer Leiter Ralph Spritzendorfer verriet: „Es gibt viele Beispiele, dass ein neues Stadion positive Effekte hat. Es bringt nicht nur kurzfristig aus Neugier neue Besucher, es erhöhen sich auch mittel- und langfristig die Zuschauerzahlen. Somit ist ein Anstieg der Erlöse aus den Bereichen Ticketing und VIP denkbar."

 



 

Wer zahlt das letzte Drittel?
Offen ist nun noch, wer bei einer möglichen Drittelfinanzierung das letzte Drittel der „beispielsweise sechs bis acht Millionen" Euro aufbringen soll. In der Südstadt steht ein Bundesstadion, in der Landeshauptstadt ein Neubau für den dortigen Verein. Diesen hat der mächtige Landeschef Erwin Pröll bekanntlich für seine Nummer eins erklärt. Darum sind den Neustädtern trotz positiver Entscheidung der Bürger die Hände gebunden; egal, ob das Geld aus St. Pölten oder dem Sportministerium kommt. Günter Kreissl „Bis es aber auf politischer Ebene Entscheidungen gibt, sind uns die Hände gebunden."

 

Ausbleibende Fans nicht das einzige Problem
Wie bereits erwähnt, sind die ausbleibenden Fans nicht das einzige Problem. Da wäre das klamme Budget, mit dem der Klassenerhalt geschafft werden muss. „Die Basis dafür ist der Glaube, dass wir es schaffen können", meint Kreissl, „Wir raunzen nicht, dass wir mit Abstand das niedrigste Budget haben und dass deshalb Herausforderungen nicht zu bewältigen sind. Unser Ziel ist es, mit dem definitiv billigsten Kader der tipico-Bundesliga maximalen Erfolg zu haben." An diesem Umstand gemessen ist der Kader aber recht ordentlich, weil die „Spieler um ein bisschen weniger Geld spielen, weil der SC auch sehr positive Eigenschaften, wie den Bundesliga-Status und die familiäre Atmosphäre, hat, was viele Spieler zu schätzen wissen."

 

Geht es diese Saison um Alles oder Nichts?
Der SCWN scheint nun alles (Richtige?) getan zu haben, was in seiner Macht stand, um die Klasse erneut zu halten. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass es diese Saison wirklich um alles geht – oder auch nichts. Es darf bei allen Helgis, Majoren und Überraschungssiegen gegen Europacupanwärtern eines nicht vergessen werden, was Ralph Spritzendorfer ganz deutlich macht: „Es wäre schön, wenn die Infrastruktur unser einziges Problem wäre. Dann müsste ja unsere überdachte Haupttribüne immer voll sein und dann ließe sich darüber streiten, ob man sich bei Wind oder Schnee auf Nord oder Ost stellt. Wir sind gefordert, die Akzeptanz für den Verein dauerhaft zu erhöhen."

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