Vöcklabruck-Chaos: Überforderte Behörde und geforderter ÖFB und Vereine

Die Konfrontation der Fangruppen in Vöcklabruck außerhalb des Stadions wäre wahrscheinlich vermeidbar gewesen. Bei der Ursachenforschung scheinen Fehler der Behörde ans Tageslicht zu kommen. Dennoch sind die Vereine gefordert, den verantwortungsvollen Wor

 

Wieder einmal sorgen Berichte von gewaltbereiten Personen rund um ein Fußballspiel für negative Stimmung. Dass sich sowohl „Fans" von Austria Salzburg als auch von Sturm Graz am Dienstag-Abend bei der Cup-Partie in Vöcklabruck mehr als daneben benommen haben, steht am Tag danach für die Vertreter des Klubs außer Diskussion.

 

Walter Windischbauer   Harald Saller„Zukunft der Austria in Gefahr"
Rund 24 Stunden hat die Salzburger Austria für eine Reaktion gebraucht – der Schock saß Obmann Windischbauer (Bild) wohl tief in den Knochen. Schließlich kam aber eine klare, wenn auch (zu) späte Reaktion des Austria-Obmanns: „ Wir verurteilen die gewalttätigen Aktionen mit aller Deutlichkeit und sichern der Exekutive jegliche Unterstützung bei der Aufklärung der Vorfälle zu. Besonders bedauern wir, dass es im Zuge der Ausschreitungen auch zu Verletzungen auf Seiten der Exekutive gekommen ist."

 

Für die Fans der Austria Salzburg hat Windischbauer eine klare Botschaft: „Das Verhalten dieser sogenannten "Fans" stellt eine reale Gefahr für die Zukunft der Austria Salzburg dar. Ich fordere daher Mitglieder, Fans und Freunde der Salzburger Austria auf, gemeinsam auch in den eigenen Reihen darauf zu achten, dass hier keine gewaltbereiten Pseudofans Platz finden. Diese missbrauchen unseren Verein für ihre eigenen Zwecke und bringen damit die gesamte Austria-Familie in Misskredit."

 


„Behörde war überfordert"
Bei vielen beteiligten verantwortlichen Funktionären kam jedoch auch eine andere Frage auf: Hätte dieses Fiasko, das die Fußballberichterstattung am Mittwoch dominiert hat, möglicherweise verhindert werden können? Bereits vor dem Spiel meldete Sturm Graz in einer Aussendung auf der eigenen Homepage bedenken an, dass nicht alle üblichen Sicherheitsbestimmungen eingehalten wurden. Bruno Hütter, Sicherheitsverantwortlicher von Sturm Graz, dazu im Gespräch mit 90minuten.at: „Wir sind von Seiten Sturm Graz viele Male mit den Vertretern von Austria Salzburg zusammengesessen, haben viele Mails hin und hergeschickt. Die Planung mit Austria Salzburg im Vorfeld hat gut funktioniert, die Zusammenarbeit war hervorragend. Leider war am Dienstag jedoch die Behörde überfordert. Die große Problematik war, dass die Zufahrt zum Gästeparkplatz nicht mehr möglich war, weil die Zufahrt leider verparkt war. Dadurch mussten die Busse auf der Straße stehenbleiben, wo sich dann diese unschönen Szenen entwickelt haben."

 

Hütter will die eigenen Fans nicht aus der Pflicht nehmen, fragt sich jedoch, ob alles getan wurde, um eine Eskalation zu verhindern: „Wir werden natürlich alle Berichte und Videos anfordern und auch entsprechend reagieren, wie wir das auch schon bei den Vorfällen im Cup-Match gegen St. Pölten getan und Stadionverbot ausgesprochen haben. Man muss aber schon sagen, dass dies nicht passiert wäre, wenn die Busse einfach zu dem vorhergesehenen Platz fahren hätten können. Die Busse mussten auf der Hauptstraße extrem weit weg vom Sektor-Eingang parken und eine Böschung von vier bis sechs Metern musste überwunden werden."

ÖFB sieht ebenfalls Behörde am Zug
Auch der ÖFB spielt den Ball an die Behörde weiter. In einer Stellungnahme gegenüber 90minuten.at meinte ÖFB-Mediendirektor Wolfgang Gramann: „Austria Salzburg meldet die Veranstaltung an. Die Behörde erstellt darauf den Bescheid, unter welchen Voraussetzungen die Veranstaltung durchzuführen ist. Die Beschwerden von Sturm Graz, die dem ÖFB übermittelt wurden, wurden der Behörde weitergegeben. Die hatte dann zu entscheiden, wie damit umzugehen ist."

 

Das Spiel SV Austria Salzburg vs. SK Puntigamer Sturm Graz wurde sofort nach der Auslosung als Risikospiel eingestuft. Der ÖFB hat einen Spielbeobachter nach Vöcklabruck entsendet. Der ÖFB-Sicherheitschef war überdies als Venue Director persönlich vor Ort. „Es hat zu jedem Zeitpunkt intensiven Kontakt zwischen dem ÖFB, den Sicherheitsverantwortlichen der Klubs sowie dem BMI gegeben", hieß es zudem in einer Aussendung des ÖFB am Tag nach dem Spiel.

 

„Das BMI hat laut ÖFB im Vorfeld eine Gefahrenanalyse ausgearbeitet, von der Behörde wurde die erforderliche Anzahl an Polizeieinsatzkräften sowie Dokumentationseinheiten der Exekutive bereitgestellt. Sturm Graz ist mit zusätzlichen 15 speziell geschulten Sicherheitsleuten angereist, SV Austria Salzburg hat deutlich mehr Sicherheitspersonal als vorgeschrieben eingesetzt. Des Weiteren wurden mit Fan-Vertretern im Vorfeld mehrere Gespräche geführt", so die Stellungnahme des ÖFB. Gerne hättten wir mit dem ÖFB mehr Details besprochen. Ein 90minuten.at-Gespräch mit dem Sicherheitsverantwortlichen des ÖFB, Heimo Kraus, der am Dienstag in Vöcklabruck sogar vor Ort war, wurde von Seiten des ÖFB jedoch geblockt.

 


Sicherheitsrichtlinien des ÖFB

Zwar hat der ÖFB Sicherheitsrichtlinien für Cup-Spiele auferlegt. Eine Nichtbeachtung hat jedoch erst in der Nachbetrachtung Konsequenzen. Der ÖFB kann lediglich im Vorfeld laut §5, (3) "in außergewöhnlichen Fällen sowie aus Sicherheits- und infrastrukturellen Gründen..." das Spiel in ein anderes Stadion verlegen. Im Fall von Austria Salzburg kam jedoch §3, (5) zum Einsatz. Dieser Paragraph sieht vor, dass man ein Ausweichstadion nennen muss, wenn das eigene Flutlichtfür eine TV-Produktion zu schwach ist. Vöcklabruck war der Ersatzort für das eigentliche Heimstadion der Salzburger – und wurde zum Sicherheitsfiasko.

Der entsandte Spielbeobachter sowie der Schiedsrichter übermitteln derzeit ihre Berichte an den ÖFB. Anschließend werden die betroffenen Vereine zu einer Stellungnahme aufgefordert. Alle gesammelten Unterlagen werden umgehend dem zuständigen Cup Komitee vorgelegt, das nach Sichtung aller Fakten ein entsprechendes Verbandsstrafverfahren durchführt.

 

„Busse als Schutzschirm"
In einer ersten Reaktion am Tag danach versuchte Martin Gschwandtner, Bezirkshauptmann Vöcklabruck, im Interview mit salzi.tv (siehe Video unten) zu erklären, wie es zu den Szenen kommen konnte: „Die BH hat bereits im Vorfeld versucht, die Rahmenbedingungen an das Hochrisikospiel anzupassen. Es sind insgesamt sieben Einsatzeinheiten vor Ort gewesen, um das Schlimmste zu verhindern. Leider hat sich herausgestellt, dass Fans von beiden Mannschaften angereist sind, um den Krieg untereinander zu suchen. Wenn Leute vermummt aus den Bussen strömen und auf der anderen Seite bereits von Salzburg-Fans darauf gewartet wird, dass die Grazer Fans anreisen und dann sofort die tätlichen Fans beginnen, dann weiß man, das Spiel steht nicht im Vordergrund."

 



 

Dass es nach dem Spiel erneut zu Konfrontationen gekommen ist, erklärt Gschwandtner mit einem Schutzschirm (!) aus Bussen: „Nach dem Spiel hat man von Seiten der Behörde im Vorhinein versucht, die Busse so aufzustellen, dass sich zwischen den Fans keinerlei Spielraum ergibt, so dass die Busse als Schutzschirm verwendet werden können. Das hat dazu geführt, dass die Fans von Austria Salzburg die Busse beworfen und auch ein Feuerwehrauto schwer beschädigt haben. Hier wurde mit Flaschen, Steinen und allen möglichen Gegenständen, die man ausgerissen hat, zum Beispiel Plakatständern oder Einkaufswägen verwendet. Das war Krieg zwischen den Fanparteien."

 


Hat die Austria in Vöcklabruck eine Zukunft?

Zu dem kolportierten Gerücht, dass Austria Salzburg nun nicht mehr nach Vöcklabruck ausweichen könne meint AS-Obmann Windischbauer: „Es haben bereits erste Gesprächen dazu mit den Verantwortlichen in Vöcklabruck stattgefunden. Der Tenor: Wir werden versuchen, gemeinsam aus den unerfreulichen Ereignissen die Lehren zu ziehen, um in Zukunft wieder friedliche Fußballfeste in Vöcklabruck veranstalten zu können."

 

Lehren ziehen, Taten folgen lassen
Lehren ziehen und Taten folgen lassen scheinen die Schlagwörter dieses Cup-Spiels zwischen Austria Salzburg und Sturm zu sein. Dass die gewaltbereiten ‚Fans' zur Einsicht kommen ist eher ausgeschlossen. Verantwortungsvollen Sätzen wie nach dem Cup-Spiel müssen daher auch Taten folgen. Sturm und Austria Salzburg können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, denn die Ausschreitungen waren keine Überraschung. Und auch der ÖFB als Bewerbshüter des Cups sollte sich überlegen, die eigenen Sicherheitsrichtlinien für den ÖFB-Cup – speziell bei Hochrisikospielen – zu adaptieren, ähnlich wie es die österreichische Bundesliga getan hat: Wenn gewisse Stadionkriterien nicht erfüllt werden, gibt es auch keine Spielgenehmigung. Denn eines ist klar: Ein Spiel wie jenes am Dienstag hätte im Rahmen der tipico-Bundesliga in Vöcklabruck nicht stattfinden dürfen.

 

Zur Bildergalerie: Pyro-Duell und Randale bei Austria Salzburg vs Sturm Graz

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