Salzburg erschreckend einfallslos und Hütter ohne Plan B
Red Bull Salzburg hat auch gegen Wolfsberg verloren - die Kärntner sind somit an der Tabellenspitze. Die Mozartstädter agierten gegen Wolfsberg erschreckend einfallslos. Auf Didi Kühbauers Taktik fand Adi Hütter keine passende Antwort - der Plan B fehlte
Die Salzburger fingen wie gewohnt im 4-4-2 an, in dem die Flügelspieler immer wieder in die Mitte zogen. Der WAC blieb seinem 4-2-3-1 treu, welches im Spiel gegen den Ball in der gegnerischen Hälfte schnell zum 4-4-2 wurde. Im Laufe der Partie - und je weiter Salzburg nach vorne kam - wurde dies jedoch immer weiter zu einem 6-3-1 bzw. einem 6-2-1 in der zweiten Halbzeit – geschuldet dem Ausschluss von Wernitznig und der daraus resultierenden Auswechslung von Trdina.
Bild 1 (Screenshot ORF)
Bild 1: Was hier besonders auffällt: schon in der ersten Hälfte stand der WAC wahnsinnig tief, mit allen elf Mann im eigenen Spieldrittel. Der Raum zwischen der 7er Kette und den drei Mann davor ist ebenfalls extrem knapp.
Salzburg ohne Mittel gegen engen Raum
Wie von Axlsem bereits schon einmal beobachtet, konnte Salzburg im Aufbau eben oft genau in diesen Zwischenlinienraum spielen, dank Kampl als Nadelspieler der sich geschickt zwischen die beiden Reihen positioniert. Gegen Wolfsberg war dieser Raum aber sehr schnell sehr eng und durch die Mitte kamen die Salzburger dann nicht mehr durch. Immer konnten die Wolfsberger dieses Spiel jedoch auch nicht durchziehen.
Bild 2 (Screenshot ORF)
Hier ist der Zwischenlinienraum kurz entblößt, Soriano (roter Kreis) könnte in diesen einlaufen und den Pass dorthin erhalten. Jedoch wurde der Moment des Zuspiels verabsäumt und aus dem kleinen Fehler des WAC kein Kapital geschlagen. Dadurch konnte der WAC sein Defensivkonzept mehr oder weniger ungefährdet durchziehen, weil die Salzburger keine Antwort auf die engen Ketten und auf die zahlenmäßig aberwitzige Abwehrreihe der Kärntner hatten.
Bild 3 (Screenshot ORF)
Den Wolfsbergern fiel es nicht schwer vor dem Straufraum in Überzahl zu bleiben, da die Salzburger einen enormen Ballfokus hatten und konsequent zum Ball verschoben. Hier kann man sehen, wie weit Palla (Kreis) als Linksverteidiger einrücken kann und wie eng der Raum für die Salzburger dadurch wird.
Einfallsloses Angriffsspiel der Salzburger
Insgesamt war das Angriffsspiel der Salzburger einfallslos: Oft hatten die Bullen eine zu große Unterzahl auf einem zu knappen Raum (siehe Bild 4): hier stehen drei Salzburger gegen fünf Wolfsberger. Unten links wäre Ankersen frei um dem Spiel Breite zu verleihen. Doch über die gesamten 90 Minuten schien es so, als ob Coach Hütter seinen Spielern vorgegeben hätte, mit dem Kopf durch die Wand das Zentrum zu bespielen. Im Endeffekt kam man trotz Überzahl und 73% Ballbesitz auf ganze fünf Torschüsse - ein ernüchternder Wert.
Bild 4 (Screenshot ORF)
Auch in dieser Szene (Bild 5) wurde die Breite fast schon demonstrativ ignoriert und stattdessen das Spiel solange verschleppt, bis der Ball verloren war:
Bild 5 (Screenshot ORF)
Über rechts scheint ein Angriff hoffnungslos, Ankersen ist am Bildrand noch zu sehen. Dennoch ging der Ball nach rechts. Stattdessen ging Sabitzer jetzt ebenfalls ins rote Rechteck hinein. Man hatte nur mehr eine 4gg5-Unterzahl, jedoch nach wie vor auf einem wahnsinnig engen Raum.
Das Problem hierbei begann dabei am Anfang des Spielaufbaus. Die Salzburger spielen im Aufbau mit einer sehr hohen Abwehr, bei der die beiden Inneverteidiger Hinteregger und Ramalho sehr breit stehen und den Gegner mit dem Ball am Fuß andribbeln, so kommt man bis in die gegnerische Hälfte, provoziert den Gegner dazu zu reagieren und hat dadurch noch alle Möglichkeiten zum Abspiel. Dann wurde hier aber fast jedes Mal der erste Ball auf Höhe der Mittellinie auf die Außenverteidiger gebracht. Von dort war dann meist die nächste Anspielstation ins Zentrum zu den eingerückten Kampl und Sabitzer und man fand sich wie in der obigen Abbildung wieder zentral vor dem Tor wieder. Wenn der Ball auf die Flügel erst im letzten Spieldrittel kommen würde, könnte man diesem Problem aus dem Weg gehen. Im Laufe des Spieles wurde diesbezüglich aber wenig umgestellt.
Bild 6: Andribbelnde Innenverteidiger, fehlende Breite bei den Salzburgern (Screenshot ORF)
Unter Roger Schmidt wurde bei einer zahlenmäßig so starken Abwehrreihe dann vermehrt auf lange Bälle gesetzt, mit dem Ziel im Gegenpressing auf den zweiten Ball zu gehen. Von hohen Bällen war gegen den WAC jedoch wenig zu sehen.
Anderes Gegenpressing als unter Roger Schmidt
Grundsätzlich ist das Gegenpressing, das Hütter dieses Jahr spielen lässt, ein wenig anders als jenes von Vorgänger Roger Schmidt: War unter Schmidt noch ein extremer Ballfokus zu erkennen (fast schon Chaospressing, siehe Erklärung im Artikel zu Austria vs Neustadt), werden unter Hütter mehr Passwege zugestellt und dadurch weniger direkter Stress auf den Ballführenden ausgeübt. Wie auch schon von Kollegen @Axlsem analysiert: Man sieht, wie nur ein bis zwei Spieler direkten Druck ausüben und der Rest versucht die kurzen Passwege zu verstellen. Doch dieses Gegenpressing griff nur selten gegen den WAC.
Unterschied zw. dem Gegenpressing von RBS & anderen österr. Teams: bei RBS attackieren nicht alle Spieler den Ball. pic.twitter.com/B3CZxOV2kq
Bild 7 (Screenshot ORF)
Hier wurde weder der Passsweg zugestellt (roter Strich), noch wurde von den zwei Spielern im roten Kästchen ausreichend Druck auf den Ballführenden ausgeübt. Ergebnis: der Gegner kann sich einfach aus der Gegenpressingfalle lösen.
Schließlich konnten die Salzburger zu keinem Zeitpunkt ihr Pressing aufziehen, weil jeder Ball von hinten konsequent weit nach vorne geschossen wurde. Hier hat sich Kühbauer zu Herzen genommen, was Teamchef Marcel Koller bereits vor Monaten gepredigt hatte: bei weiten Bällen kann es auch kein Pressing geben.
Kein Plan B
Die Salzburger agierten erschreckend einfallslos, die Kärntner konnten mit der bereits von Basel und der Wiener Austria (unter Gager) vorgezeigten Überzahl in der Abwehrreihe dem Salzburger Angriff komplett den Zahn ziehen. Gepaart mit weiten Bällen waren sowohl Pressing als auch Gegenpressing der Mozartstädter wirkungslos. Ex-Trainer Roger Schmidt konnte mit seinen Leverkusenern letzte Woche gegen eine ähnlich eingestellte Hertha zeigen wie es geht.
Red Bull Salzburg hingegen wollte über 90 Minuten lang mit dem Kopf durch die Wand, konnte zu keinem Zeitpunkt gefährlich in das Angriffsdrittel und ließ jegliche Breite im Spiel nach vorne vermissen. Was dabei am meisten Anlass zur Sorge gibt ist der Umstand, dass von der Trainerbank keinerlei Antwort auf die Taktik der Wolfsberger gefunden wurde. Dabei sind die Wolfsberger nicht die erste Mannschaft, die es mit dieser Taktik gegen Red Bull Salzburg probiert. Trainer Hütter ist also gefordert, um gegen Mannschaften, die zunehmend so agieren, eine Antwort zu finden.