Salzburg enters paradise
Am Donnerstag kann Red Bull Salzburg den Gruppensieg in der Europa League klarmachen. Dem steht nicht viel im Weg – lediglich ein Sieg im Celtic Park, einem der legendärsten Stadien Europas. Eine Reportage von Alexander Kords
„It's like leaving the graveyard to enter paradise." So lautete der Kommentar eines Journalisten, als Celtic Glasgow im Jahr 1892 vom alten in den neuen Celtic Park umzog – und schon war die neue Spielstätte mit ihrem bis heute gültigen Spitznamen ausgestattet. Denn obwohl das Paradies nur etwa 200 Meter vom ausgedienten Sportplatz entfernt war, lagen Welten dazwischen. Der neue Celtic Park, der schon bei seiner Eröffnung im August 1982 als das beste Stadion Großbritanniens galt, fasste rund 40.000 Zuschauer, was Celtic rekordverdächtige Einnahmen bescherte. Nicht zuletzt deshalb entwickelte sich der Club in den darauffolgenden gut 120 Jahren zu einem der besten (zwei) in Schottland.
83.500 Zuschauer am Neujahrstag 1938
Der Celtic Park war keine zwei Jahre alt, als ein Sturm sein Dach auf den benachbarten Janefield-Friedhof wehte – der übrigens auch häufig mit dem Beinamen „Paradise" in Verbindung gebracht wird. Im Jahr 1898 wurde die Haupttribüne errichtet, nachdem sie 1927 abgebrannt war, wurde zwei Jahre später eine neue gebaut. Die sorgte dafür, dass der Celtic Park fortan mehr Zuschauer fasste als jedes Stadion in England – obwohl er nach dem Ibrox Stadium der Rangers und dem Hampden Park des FC Queen's Park nur das drittgrößte Stadion in Glasgow war. Bei einem Spiel gegen die Rangers am Neujahrstag 1938 saßen 83.500 Zuschauer im Celtic Park, was bis heute die Rekordkulisse darstellt.
„The Jungle"
Im Jahr 1966 wurde die neue Nordtribüne gebaut, die von den Fans schnell „The Jungle" getauft wurde. Hier standen fortan die lautesten Anhänger des Clubs und brachten die Stimmung im Stadion zum Kochen. Als Ende der Saison 1992/1993 Sitzplätze im „Dschungel" installiert wurden, läutete das sein Ende ein. Unglücklicherweise war das allerletzte Pflichtspiel vor dem Umbau das schottische Pokalfinale 1993 zwischen Aberdeen und den Glasgow Rangers, so dass beim Abschiedsspiel ausgerechnet die Fans des verfeindeten Lokalrivalen auf der einst lautesten Tribüne des Landes saßen. Um diese Schmach ein wenig zu lindern, setzte Celtic nach Saisonende ein Spiel gegen Manchester United an, bei dem sich die Anhänger gebührend vom „Jungle" verabschieden konnten.
Reines Sitzplatzstadion
Zwischen 1994 und 1998 wurde der Celtic Park schließlich in ein reines Sitzplatzstadion umgewandelt. Doch statt einfach Sitze zu installieren, was die Anzahl der Zuschauerplätze auf 34.000 reduziert hätte, wurde ein großer Teil des Stadions abgerissen. Einzig die Haupttribüne blieb bestehen, der Rest wurde – auch mit Hilfe von Spenden der Fans – neu aufgebaut. Nach der Wiedereröffnung fasst der Celtic Park heute 60.355 Zuschauer. Und dass für Stimmung sorgen können, zeigt nicht zuletzt ein kurzes Video vom Freundschaftsspiel zwischen der schottischen und der englischen Nationalmannschaft am 18. November. Darin sieht man den Engländer Jack Wilshere, der sich beim Aufwärmen Kopfhörer in die Ohren gesteckt hat, um sich vom der Lärmkulisse abzuschirmen. Da hat er aber die Rechnung ohne seinen Co-Trainer Gary Neville gemacht, der ihm den Ohrenschutz kurzerhand entfernt (siehe Video).
Lisbon Lioins Stand
Während die Nord- und die Südtribüne des Celtic Park mit „North" und „Main Stand" noch übliche Namen tragen, sind die anderen beiden historisch benannt worden. Die Tribüne im Westen heißt nach Jock Stein, dem legendären Trainer der Celtics in den 1960er und 1970er Jahren. Der gewann in seinen 13 Jahren beim Verein zehn Meisterschaften und acht schottische Pokale, war aber vor allem für den bis heute größten Triumph der Clubgeschichte verantwortlich: den Europapokal der Landesmeister 1967. Diesem Titel ist die Osttribüne im Celtic Park gewidmet: „Lisbon Lions Stand" heißt sie, benannt nach dem legendären Team, das im Mai 1967 in Portugals Hauptstadt gegen Inter Mailand mit 2:1 gewann.
Kein guter Ground für Österreich
Übrigens hat noch nie eine österreichische Mannschaft im Celtic Park gewinnen können. Innsbruck verlor im Oktober 1977 mit 1:2 und im August 1997 nach einer spektakulären Partie mit 3:6. Auf dem Papier hat zwar Rapid Wien einen Auswärtssieg bei Celtic Glasgow vorzuweisen – der fand allerdings nicht im Stadion des Gegners statt. Am 7. November 1984 standen sich beide Teams im Achtelfinal-Rückspiel des Europapokals der Pokalsieger im Celtic Park gegenüber. Rapid hatte das Hinspiel 3:1 gewonnen, lag aber gegen Ende der Partie in Glasgow mit 0:3 zurück. Da brach plötzlich Rapids Einwechselspieler Rudolf Weinhofer, angeblich von einer Whiskyflasche getroffen, zusammen. Die UEFA gab dem Protest von Rapid gegen die Spielwertung statt und setzte ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden an. Das gewannen die Wiener im Dezember 1984 im Old Trafford mit 1:0. Rapid war auch die letzte heimische Mannschaft, die ihr Glück im Celtic Park versuchte, kam aber im Oktober 2009 nicht über ein 1:1 hinaus. Mit dem gleichen Ergebnis würde Salzburg am Donnerstag zumindest seine Tabellenführung behaupten.