Gekommen um zu bleiben: Altach punktet mit Systemflexibilität und einem Plan B

Der SCR Altach hat sich seit dem Abstieg 2009 sportlich und organisatorisch komplett neu aufgestellt. Das nächste langfristige Ziel lautet: „Nie mehr zweite Liga". Durchaus realistisch, dass der Ländle-Club zu einem fixen Bestandteil im österreichischen O

 

Seit Georg Zellhofer und Damir Canadi in Altach das sportliche Zepter schwingen, hat sich die Stimmung im Ländle ordentlich gedreht. Und zwar zum Positiven. Nach dem Bundesligaabstieg 2009 hat sich der SCR Altach abseits aller Wettskandale, Infrastrukturdiskussionen und Lizenzverweigerungen - im Österreichischen Fußball in den letzten Jahren leider Dauerthemen - komplett neu aufgestellt. An allen Ecken und Enden wurde gedreht, dem Verein eine nachhaltige Struktur verpasst.

 

Wirtschaftlichkeit wird - so wie etwa bei Wacker Innsbruck - zwar auch im westlichsten Bundesland groß geschrieben, doch auch organisatorisch, infrastrukturell und sportlich will man sich weiterentwickeln. Spricht man mit den Verantwortlichen, so ist man fast versucht, die Herangehensweise als typisch vorarlbergerisch zu bezeichnen. Ruhig, besonnen und unaufgeregt wird hier gearbeitet und vor allem strikt nach Plan. Von übertriebenen Erwartungen und größenwahnsinnigen Saisonzielen keine Spur.

 

Fest verankert

Sportlich scheint der Plan vorerst aufzugehen. In den letzten drei Jahren schnupperten die Vorarlberger immer wieder an den Aufstiegsplatz und schielten bereits mit einem Auge Richtung Bundesliga. Dass man dabei jedoch immer wieder knapp das Nachsehen hatte, tat der zielstrebigen Arbeit keinen Abbruch. Der Verein scheint fest in der Bevölkerung verankert und wirtschaftlich gut aufgestellt. Spricht man mit Vorarlberger Wirtschafttreibenden, so wird vor allem die Nähe zwischen Sponsoren und Verein als besonders eng und wertvoll beschrieben.

 

Seit eineinhalb Jahren ist neben Sportdirektor Georg Zellhofer, vor allem Trainer Damir Canadi für die Weiterentwicklung der Mannschaft verantwortlich. Nach fünf Bundesliga-Runden, zwei Siegen (gegen Sturm Graz und Rapid Wien) und dem zwischenzeitlichen Platz drei, kann der Umstieg von der Zweit- auf die Erstklassigkeit als durchaus gelungen bezeichnet werden. Das sieht auch Trainer Canadi im Gespräch mit 90minuten.at so: „Vorerst sind wir zufrieden. Die Qualität in dieser Liga ist nämlich sehr hoch. Sie ist sehr ausgeglichen. Wir müssen aufmerksam sein und diszipliniert spielen. Jene Mannschaft die in Führung geht, verlässt das Spiel meist auch als Sieger. In den letzen Spielen sind wir oft sehr dominant aufgetreten, haben nur wenig zugelassen und sind dann bei Kontern eiskalt bestraft worden. Das spricht für die Qualität der anderen Mannschaften, die Fehler sofort eiskalt ausnutzen."

 


Flexibles System ...

Der gelungene Umstieg auf die Erstklassigkeit ist, neben den ansprechenden Leistungen auf dem Platz, ein Verdienst von Canadi, der der Mannschaft nicht nur einen Matchplan mitgibt, sondern auf eine hohe Flexibilität setzt. „Wir haben vor dem Spiel gegen Rapid unser System innerhalb von zwei Tagen komplett umgestellt. In den Spielen gegen den WAC und die Admira waren wir sehr dominant, sind hoch gestanden. Gegen Rapid haben wir es, wie schon gegen Sturm Graz, etwas defensiver angelegt. Es ist mir wichtig, flexibel zu bleiben. Wir möchten zwar zeigen, dass wir guten, offensiven Fußball spielen können. Aber meine Mannschaft hat nicht nur einen Plan A, sondern immer auch einen Plan B in Petto. Wenn es die Gegebenheiten verlangen, dann können wir schnell umstellen und dadurch einen Vorteil erzielen."

 

Dass man für eine erfolgreiche Umsetzung auch flexible Spielertypen braucht, wissen die Verantwortlichen. Ebenso, dass solche Spieler im Normalfall auch etwas kosten. Aus diesem Grund ist eine durchdachte und strategische Kaderplanung, wie für viele andere Vereine, die wirtschaftlich nicht gerade auf Rosen gebettet sind und ihre Mittel effizient einsetzen müssen, umso wichtiger.

 

... mit flexiblen Spielertypen

Spricht man mit Damir Canadi, so sind auch hier eine klare Philosophie und ein langfristiger Plan zu erkennen. „Wir haben derzeit 19 Feldspieler, drei Torhüter und drei Perspektivspieler im Kader. Das war so auch mein Wunsch. Ich versuche in meinen Mannschaften sämtliche Positionen doppelt zu besetzten und so für eine gewissen Ausgeglichenheit zu sorgen. In den ersten Bundesligaspielen ist es uns auch gelungen fast alle Kaderspieler zum Einsatz zu bringen. Eine flexible Spielweise verlangt auch nach flexiblen Spielertypen. Mit Patrick Salomon haben wir im offensiven und mit Ronald Gercaliu im defensiven Bereich zum Beispiel solche Typen."

 

Klares Profil für jede Position

Die wirtschaftlichen Gegebenheiten erlauben keine Großen Sprünge. Dessen sind sich auch die Verantwortlichen bewusst. Canadi dazu: „Wir wissen, dass wir uns bei der Kaderzusammenstellung wenig Fehler erlauben können. Ich habe für jede Position ein klares Profil, in dem festgelegt ist, welche Fähigkeiten ein Spieler mitbringen muss. Wenn ein potentieller Neuzugang einen Großteil dieser Fähigkeiten erfüllt, dann laden wir ihn ein. In einem persönlichen Gespräch lernen wir ihn und seinen Charakter besser kennen. Wir schauen darauf, dass er auch persönlich in die Mannschaft, zum Verein und generell zum Bundesland Vorarlberg passt. Man muss einem Spieler ja auch immer eine gewisse Perspektive bieten. Wenn es zu all dem auch finanziell machbar ist, erst dann entscheiden wir (Sportdirektor Georg Zellhofer, Trainer Canadi und Geschäftsführer Längle, Anm. d. Redaktion) gemeinsam ob wir den Spieler holen oder nicht."

 

Im Ländle gibt es also ein klares Ziel. Man will sich in der Bundesliga etablieren und zwar für eine längere Zeit. Und das Ziel scheint durchaus realistisch. Sportlich ist man vorerst voll auf Kurs. Vor eineinhalb Jahren wurde mit Phase eins der sportlichen Umstrukturierung begonnen. Diese scheint mit der Integration von sieben Neuzugängen in diesem Sommer nun abgeschlossen. Bleibt abzuwarten, inwiefern die Verantwortlichen auch zukünftig bei der Kaderzusammenstellung ein glückliches Händchen beweisen. Ewig werden nämlich auch Leistungsträger wie Torgarant Hannes Aigner nicht auf dem Platz stehen. Hier gilt es bereits jetzt vorzubauen.

 

Wer die letzten Heimspiele gesehen hat, dem ist nicht verborgen geblieben, dass die Leistungen der Canadi-Truppe und des gesamten Vereins in Vorarlberg alles andere als unentdeckt geblieben sind. „Euphorie im Westen" – scheint das Motto für diesen Sommer, rund um das Schnabelholzstadion zu sein. Dem österreichischen Fußball würde ein nachhaltiger Bundesligaverein ganz im Westen Österreichs durchaus gut tun.