Es geht sich nicht immer aus

Heute Abend (18:00 Uhr, Stadion Hohe Warte) verabschiedet sich mit dem First Vienna FC 1894 Österreichs ältester Fußballverein nach fünf Saisonen in der „Heute für Morgen" Ersten Liga wieder aus dem Profifußball. Immer wieder war es in dieser Zeit knapp g

 

Krems statt Köln
Im Frühjahr 2006 drehten ambitionierte Vienna-Fans eine Doku über ihren geliebten Verein, der Jahr für Jahr um den Wiederaufstieg in Österreichs zweithöchste Spielklasse kämpfte, aber immer wieder knapp scheiterte. Der Titel: „Es geht sich immer nicht aus".

 

Peter Stoeger Vienna Gepa Pictures2009 ging es sich aus. Unter Trainer Peter Stöger gelang der heißersehnte Aufstieg und Euphorie machte sich breit in Wien-Döbling. Bloß, sie sollte nicht von Dauer sein. Sie konnte nicht von Dauer sein.

 

Noch 2009/10, in der ersten Saison nach dem Aufstieg, nahm eine Reihe von Fehlentscheidungen ihren Anfang, die den großen Traditionsverein mit seinen unvergleichlichen Fans 2014 seinen Platz im Profitum gekostet hat.

 

Ende April 2010 wurde der für seine akribische Trainerarbeit auf höchstem Niveau bekannte Frenk Schinkels geholt, der Peter Stöger (mittlerweile mit dem No Name-Club 1. FC Köln im Niemandsland Deutsche Bundesliga angekommen) ablösen und den Klassenerhalt fixieren sollte. Der Klassenerhalt wurde schließlich auch fixiert, allerdings nur durch den lizenzbedingten Direktabstieg des SK Austria Kärnten. Schinkels bekam trotzdem einen neuen Vertrag.

 

frenkie schinkels2 vienna gepa pictures„Schlaraffenland Döbling"
Zig Spieler wurden nun verpflichtet, man lehnte sich aus dem Fenster, vor allem finanziell. „Zu weit", wie Präsident Herbert Dvoracek Jahre später bekennen sollte. Durchschnittsspieler wurden mit Überdurchschnittsverträgen gelockt, doch bald ging es bergab. Schinkels hatte sein Rudel nicht im Griff. Ein paar Misserfolge folgten, er wurde durch Alfred Tatar ersetzt, der zusammen mit Gerhard Fellner als Co- und Wolfgang Knaller als Tormanntrainer die folgenden Jahre prägen sollte.

 

Doch zuerst kam der Wettskandal. Eine Reihe von Spielern begann mutmaßlich, Spiele zu schieben und den Verein von innen heraus an den Rande der Verzweiflung zu treiben. Eine unmögliche Situation für den Verein, der nicht das „Glück" hatte, dass dem SV Grödig Jahre später zuteil wurde – das Glück, dass einer der Akteure die Nerven verlor und auspackte. Noch immer weiß man nicht genau, was damals passierte, jemand dürfte aber gut verdient haben. Sehr gut. Auf Kosten aller. Es war zum Kotzen.

 

Rasen hui, Rest pfui
Von dem Moment an ging es sportlich bergauf – langsam, aber doch. 2011/12 landete die Vienna auf Platz 8, 2012/13 auf Platz 7 – fast schon im so lange angestrebten Mittefeld also. Abseits des grünen Rasens sah es jedoch anders aus.

 

Im September 2012 verließ der hauptberuflich tätig gewesene Klubmanager Lorenz Kirchschlager den Verein, „um neue berufliche Herausforderungen zu suchen". Seine Stelle wurde aus Kostengründen nie adäquat – sprich: mit einem Volllzeitmanager – nachbesetzt, was dazu führte das die Lage in Sachen Organisation und Sponsoren immer prekärer werden ließ.

 

Für einen Profiverein sind zwei Angestellte, die die ganze Palette – Sponsoren, Organisation, Kommunikation, Spielbetrieb, Verträge, usw. usf – abdecken sollen, schlicht zu wenig.

 

2013 gelang es dem Präsidium trotz immer wiederkehrender Liquiditätsprobleme noch, die Lizenz für die Saison 2013/14 (wenn auch im zweiten Anlauf) zu ergattern, die Situation war aber längst existenzbedrohend – für den Verein, und auch für die Personen, die von ihm abhängig waren.

 

20130521 vienna-horn 14 stop glazer

Die Zeit des Profi-Fußballs auf der Hohen Warte ist vorerst vorbei (Foto: StopGlazer)

 

Keines der Großprojekte, die laufend angekündigt worden waren und der finanzielle Heilsbringer hätten werden sollen, war über das Planungsstadium hinausgekommen, zahlreiche Versprechungen wurden nicht eingehalten, und so wurde das Arbeitsklima auf der Hohen Warte immer erfolgsfeindlicher.

 

Zu spät, zu spät
Und so ging es, nachdem Alfred Tatar Döbling im Sommer frustriert den Rücken gekehrt hatte, unter Trainer/Sportdirektor Kurt Garger nun auch sportlich bergab, da half es auch nicht mehr, im Frühjahr mit Mario Posch noch einen neuen Trainer für die letzten Runden zu holen.

 

Er recht nicht, da auf die vor der Saison ausgesprochene Strafe (3 Punkte Abzug wegen der Verletzung von Lizenzbestimmungen) im Zuge des Lizenzierungsverfahren für 2014/15 noch einmal ein Abzug von 10 Punkten draufgepackt wurde. Gegen die Nichterteilung der Lizenz für 2014/15 wurde nicht einmal Einspruch erhoben.

 

„Wenn man uns in der Bundesliga nicht mehr will, gehen wir in die Regionallliga", hieß es dazu von der Hohen Warte.

 

Some lights just don't go out
Ein Statement, das zum Abschluss noch einmal Bände spricht. Egal mit wem man in den letzten Wochen gesprochen hat – Gegenspieler, Schiedsrichter, Funktionäre der Bundesliga, Funktionäre gegnerischer Vereine, Medienvertreter, Fußballinteressierte... sie alle sind traurig. Sie alle werden die Vienna – ihre Fans, die einzigartige Atmosphäre auf der Hohen Warte, die Frau Prager – vermissen.

 

Heute Abend (gegen Hartberg, Spielbeginn 18:00 Uhr) wird auf der Hohen Warte noch einmal so richtig gefeiert werden. Die Fans feiern ihren Verein und dessen 120. Geburtstag mit der größten Choreographie in der Geschichte der Hohen Warte.

 

Denn es mag sich nicht immer ausgehen, irgendwo wird sie aber immer sein, die Vienna. Und wenns nur in blau-gelben Fußballherzen ist.

 

Nikolaus Ostermann war von Juli 2010 bis Jänner 2014 für die Kommunikation der Vienna zuständig sowie als Teammanager auch für die Organisation rund um die Kampfmannschaft verantwortlich.