Dinamo Zagreb: Kroatischer Abonnement-Meister mit zweifelhafter Führung

Dinamo Zagreb, der Gegner von Red Bull Salzburg in der Europa League, kommt mit neun aufeinanderfolgenden Meisterschaften, einem gewaltbereiten Fanclub und einem autoritären Präsidenten im Gepäck in die Mozartstadt. Von Alexander Kords

 

Im Jahr 1992 erhielt der neu gegründete Staat Kroatien mit der Hrvatska Nogomentna Liga (HNL) eine eigene Fußball-Meisterschaft. Das Premierenspiel stieg am 28. Februar 1992 zwischen dem HAŠK Građanski Zagreb und Cibalia Vinkovci. Und als wäre es ein Fingerzeig in die Richtung, in die die brandneue Liga gehen würde, erzielte der Zagreber Stürmer Željko Adžić bereits in der ersten Minute das erste Tor in der noch sehr jungen HNL-Geschichte. Zwar wurde am Ende Hajduk Split kroatischer Meister, aber spätestens mit der zweiten Saison 1992/1993 erwachte der schlafende Riese: In den 23 Spielzeiten, die bislang in der HNL absolviert wurden, gewann Zagreb, das sich seit dem Jahr 2000 Dinamo nennt, ganze 16 Meistertitel. Seit 2006 steht der größte Fußballclub Kroatiens stets auf Platz eins der abschließenden Ligatabelle.

 

Staatliche Bevorzungung

Wie es bei osteuropäischen Dauermeistern nicht selten vorkommt, stand auch bei Zagreb lange ein einflussreicher Mann im Hintergrund: Kroatiens erster Staatspräsident Franjo Tuđman unterstützte den Verein nach Kräften, um ihn zu einem vorzeigbaren Hauptstadt-Club zu formen. Und auch nach Tuđmans Tod im Jahr 1999 ging die Bevorzugung Dinamos von staatlicher Seite weiter. Jährlich subventionierte die Stadt den Verein mit etwa 5 Millionen Euro, zudem muss er keine Miete für das Stadion Maksimir zahlen. Auch für die Renovierung der Spielstätte im Jahr 2011 kam nicht Dinamo, sondern Zagreb auf. Finanzielle Sorgen sind also praktisch ausgeschlossen.

 



 

Seit bald 10 Jahren ist Zdravko Mamić der starke Mann im Verein. Dessen Präsidentschaft bei Dinamo weist frappierende Ähnlichkeiten zu der in einem autoritären Staat auf. Bald nachdem er im Jahr 2003 gewählt wurde, ersetzte er kurzerhand alle Mitglieder des Wahlkomitees, die ihm nicht ihre Stimme gegeben hatten, durch seine eigenen Leute – so sind Mamićs Wiederwahlen seither nur Formsache. Einem hartnäckigen Gerücht zufolge muss jeder Spieler, der zu Zagreb kommt, einen privaten Vertrag mit dem Präsidenten abschließen, der diesem einen Anteil von 20 Prozent am Kicker-Gehalt garantiert – auf Lebenszeit. Gedeckt wird dieses Vorgehen durch die vorgebliche Tätigkeit von Mamić als Spielerberater. Und wenn Journalisten ob der dubiosen Machenschaften kritisch nachfragen, sind nicht selten Wutausbrüche oder gar Handgreiflichkeiten seitens des 55-Jährigen die Folge.

 

Mamic vs Ultras

Angesichts dieses Führungsstils ist es nur logisch, dass Mamić nicht gerade die Sympathien der Vereinsfans genießt. Die nehmen es ihm vor allem übel, dass er sich seit Jahren einen Kleinkrieg mit den Bad Blue Boys liefert. Der Ultra-Fanclub blieb zwischen August 2010 und August 2011 sogar den Spielen seines Vereins fern, um so sein Missfallen gegen Mamićs Amtsanmaßungen zu demonstrieren. Die größten Nutznießer des Boykotts waren dabei die Fans der gegnerischen Mannschaften. Die Bad Blue Boys gelten nämlich als härteste Hooligan-Truppe Europas: Über eine Million Euro an Strafen musste der Verein seit der Jahrtausendwende wegen der Ausschreitung seiner Ultras blechen, vor allem im Europapokal sorgen die Bad Blue Boys regelmäßig für Spuren der Verwüstung. Entsprechend vorgewarnt und in Alarmbereitschaft ist die Polizei in Salzburg.

 




 


National nicht gefordert

Luka Modrić, Mario Mandžukić, Ivica Olić, Dejan Lovren, Mateo Kovačić – wären einige der ehemaligen Zagreb-Spieler noch immer im Team, dann hätte Zagreb in der aktuellen Saison durchaus den Sprung in die Champions-League-Gruppenphase schaffen können. Stattdessen scheiterte der Club in der 3. Qualifikationsrunde an den Dänen von Aalborg BK. Ähnlich wie die Glasgow Rangers hat Dinamo Zagreb das Problem, national nicht gefordert und somit international nur bedingt konkurrenzfähig zu sein. Die spannungsarme Meisterschaft bietet jungen und talentierten Spielern nach gewisser Zeit keine Herausforderung mehr. Und wer kann es Modrić, Mandžukić und Co. verdenken, dass sie lieber zu europäischen Spitzenclubs wechseln statt in der europäischen Bedeutungslosigkeit in Zagreb zu versauern. Die hohen Ablösesummen, die sie zurücklassen – allein Luka Modrić hat bei seinem Wechsel 2008 zu Tottenham Hotspur 21 Millionen Euro eingebracht –, versanden in den durchlässigen Vereinskassen, für namhafte Zugänge ist kaum Geld vorhanden.

 

Der teuerste Neuzugang dieser Saison ist der Chilene Júnior Fernándes, der von Bayer Leverkusen kam, 2,5 Millionen Euro kostete und wegen einer langwierigen Verletzung erst wieder in Fahrt kommen muss. Der neue Mittelfeldmotor Paolo Machado aus Portugal war Dinamo 1,8 Millionen Euro wert. Ablösefrei wurde die Abwehr verstärkt, neben dem portugiesischen Torwart Eduardo wechselte Innenverteidiger Leonardo Sigali aus Argentinien kostenlos nach Zagreb. Das Prunkstück des Teams ist aber eindeutig die Offensive. In der Liga sowie im Europa-League-Heimspiel gegen Astra Giurgiu spielt Dinamo regelmäßig mit drei Stürmern: Duje Cop und El Arbi Hillel Soudani trafen in dieser Saison wettbewerbsübergreifend bereits jeweils 11 Mal, der von Manchester United ausgeliehene Ángelo Henríque folgt mit 6 Toren. Soudani steht außerdem dank seiner 3 Treffer gegen Astra Giurgiu an der Spitze der Torjägerliste der Europa League. Somit könnte es für Salzburg gegen Dinamo Zagreb nicht nur wegen der Gefahr aus des Gegners Fanblock ein heißer Tanz werden.

 

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