Des Fußballgotts letzte große Aufgabe
Boyd, Sabitzer, Burgstaller, Trimmel – alle weg. Außer Steffen Hofmann ist sonst nur noch Jan Novota über 30; Mario Sonnleitner ist mit 27 der Nächstälteste. Der 1,73 Meter ‚kleine' Deutsch-Österreicher aus Würzburg steht mit 33 vor der letzten großen Auf
Das erste Rapid-Bundesliga-Spiel der Saison 2002/03 sah Steffen Hofmann von der Bank aus. Es war der 10. Juli 2002 und Rapid schlug den SK Sturm Graz mit 4:0 in deren Heimstadion. Ladi Maier im Tor, Ferdinand Feldhofer und Marcin Adamski in der Verteidigung, Andi Herzog im Mittelfeld; vorne Rene Wagner und Roman Wallner. Auf der Gegenseite kickten Roman Mählich, Arnold Wetl, Charles Amoah. Das erste Meisterschaftstor erzielte Hofmann am 15. Spieltag, im Derby gegen die Austria. Das Spiel ging dennoch 1:2 verloren. Zu hause. Rapid spielte eine durchwachsene Saison. Die Veilchen wurden überlegen Meister, dahinter lagen der GAK und Austria Salzburg. Der vierte Platz wurde es am Ende, zwei Punkte vor Aufsteiger Pasching. In der nächsten Saison lief es für Hofmann ausgezeichnet: zehn Tore, elf Assists in der Liga. Am Ende der Saison war Rapid trotzdem wieder nur Vierter, Pasching zog vorbei, die Austria wurde Vizemeister, der GAK feierte den einzigen Meistertitel der Vereinsgeschichte. Doch das war nur die Ouvertüre zu 2004/05. Pepi Hickersberger ‚erfightete' mit einem entfesselten Hofmann – acht Tore, 16 Assists – den ersten Titel seit 1996. Champions League, Transfers. Die Geschichte ist bekannt.
Der Abstand zu Red Bull wurde größer, die Mitspieler jünger
Doch 2005 wurde auch ein neues Kapitel in Österreichs Fußballhistorie aufgeschlagen: Red Bull trat auf den Plan. Und im Gegensatz zu Frank Stronach, der sehr wankelmütig war, wurde dem Fuschler Getränkehersteller einiges mehr zugetraut. Doch die Bullen gingen ähnlich kopflos in ihr Fußballengagement wie der kanadisch-steirische Milliardär. Offensiv, defensiv, alte Stars, falsche Junge. 2008 konnte Rapid diesen Umstand das bislang letzte Mal nutzen und ist den eigenen Fans wohl noch in bester Erinnerung: Das legendäre 7:0 in Salzburg am Ostersonntag 2008, danach folgte der Meistertitel. Zehn Tore und fast unglaubliche 25 Assists steuerte Hofmann bei. Seit 2008 sind die Leistungen Rapids platzierungsmäßig gemischt, mit nur einem negativen Ausrutscher: Vizemeister, Dritter, Fünfter, Vizemeister, Dritter, Vizemeister. Doch die Vorzeichen änderten sich stetig – und zwar nicht zum Positiven für Grün-Weiß: Der Abstand zu Red Bull wurde größer und größer. Und Hofmanns Mitspieler jünger und jünger. Vielleicht bezeichnend, dass er, der Mittelfeldspieler, 2009/10 Torschützenkönig wurde.
Der Deutsche ist ein Kämpfer. Ein Rackerer. Nicht unbedingt ein Zangler. Aber er verkörpert Rapid. Er ist beinahe zu klein für Profifußball, scheiterte in Deutschlands zweiter Liga. Er polarisiert zudem: Hofmanns genaue Lochpässe, die aus der Tiefe das Spiel eröffnen können, werden oft durch Fouls unterbunden. Sein leicht trauriger, manchmal zorniger Blick, der zugegebenermaßen auch bei kleineren Berührungen sehr schnell zum Schiedsrichter wandert, erzürnt die Gegner. Doch vor dem rechten Fuß, vor dem haben seine Gegenspieler Angst. Es steckt viel Gefühl drinnen. Sein Spielverständnis ist beinahe herausragend.
Hofmanns Aufgabe so klar wie schwierig
Der „ewige Rapidler" - das Münchener Intermezzo kann getrost ignoriert werden - sah Talente kommen und gehen. Stetig. Andi Ivanschitz, Jimmy Hoffer, Veli Kavlak, Marcel Sabitzer, um nur ein paar zu nennen. Auch die ehemaligen Legionärsmitspieler können sich sehen lassen. Branko Boskovic, Markus Heikkinen, Nikica Jelavic. Er kam, als finanziell vieles im Argen lag. Das weiß man im Nachhinein. Er führte Rapid zu den letzten zwei Meistertiteln. Nun ist er der letzte der Nullerjahre. Einer der letzten großen Typen der Liga. Einer, der „weltberühmt" in Österreich ist. Den die Fans Fußballgott nennen. Und der nun vor der letzten großen Aufgabe seines Fußballerlebens steht.
Unter dem Assistenztrainer des letzten Meistertitels und jetzigem Cheftrainer, Zoran Barisic, ist Steffen Hofmann der verlängerte Arm am Spielfeld. Die Aufgabe ist so klar wie schwierig. Die Kassen sind nicht übervoll, Verkäufe hin oder her. Hofmann muss den Leitwolf geben, um das Rapid der Nullerjahre, das sich aus dem Willen gespeist hat, dorthin zu bringen, wo Rapid hin muss: Zur Konkurrenzfähigkeit um den Meistertitel. Rapid konnte sich zuerst hinter der Stronach-Austria verstecken, nun hinter Red Bull Salzburg. Das hat funktioniert. Teuer erkaufte oder mit finanziellem Harakiri erarbeitete Erfolge sind aber nicht mehr up to date. Nun heißt es - am mühsamen Weg in das Allianz-Stadion - den Anschluss nicht zu verlieren. Bemerkenswert: Rapid verzichtet auch auf wohl billige und erfahrene heimische Kicker. Sogar Wiener Neustadt hat noch Fußballer wie Dennis Mimm oder Thomas Pichlmann. Rapid im übertragenen Sinne eine U23. Nur mit Sonnleitner und Novota, ohne weitere Routiniers – das ist eine Situation, die der Verein wissentlich herbeigeführt hat. Die mehr oder weniger im November 2012 im Alleingang von Ex-Präsident Rudi Edlinger herbeigeführte Vertragsverlängerung um drei Jahre bis 2016 gekoppelt mit dem entsprechenden Salär für Hofmann dürfte zudem den Handlungsspielraum der Hütteldorfer auch nicht gerade vergrößert haben.
Die Rapid-Karriere von Steffen Hofmann von 2002 bis 2014 in Bildern
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Seine schwierigste Mission
Rapid hat den größten Anhang Österreichs, Fans auf der ganzen Welt. Aber Rapid ist Kilometer bzw. Millionen von Red Bull Salzburg entfernt. Diese Lücke in den kommenden Jahren, bis Rapid vom neuen Stadion, von der neuen Struktur, von verbessertem Nachwuchs profitieren kann, nicht allzu groß werden zu lassen, wird auch am kleinen Deutschen hängen bleiben. Und das wird vermutlich schwieriger werden, als die Meistertitel 2005 und 2008 zusammen.
>>> Die Karriere von Steffen Hofmann vn 2002 bis 2014 in Bildern
Ist Steffen Hofmann dieser Aufgabe gewachsen?