Bayern München vs. Borussia Dortmund: Das Spitzenspiel, das keins mehr ist
Am Samstag steht in der deutschen Bundesliga die Begegnung zwischen München und Dortmund an. Doch aus dem Duell auf Augenhöhe ist eins mit erschreckend klaren Vorzeichen geworden. Von Alexander Kords
25. Mai 2013, Wembley Stadium, London. Der FC Bayern München und Borussia Dortmund treffen im Finale der Champions League aufeinander. Nach einem offenen Schlagabtausch und dem entscheidenden Tor in der 89. Minute gehen die Bayern letztlich mit 2:1 als Sieger vom Platz. 1. November 2014, eineinhalb Jahre später, München. Beide Mannschaften bestreiten das Spitzenspiel des 10. Spieltags der Bundesliga. Wobei der Begriff „Spitzenspiel“ sehr weit hergeholt scheint – mit Blick auf die Tabelle spielen die Bayern am Samstag im heimischen Olympiastadion gegen einen Abstiegskandidaten. Nur auf Platz 15 steht der BVB, 13 Punkte Rückstand sind es bereits zur Tabellenspitze, und vom Glanz der vergangenen vier Jahre ist nicht mehr viel zu spüren.
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Während die Weltauswahl der Bayern erneut einsam ihre Kreise an der Spitze der Bundesligatabelle zieht, hat Dortmund massive Probleme damit, in Tritt zu kommen. Zwei Siegen stehen bereits sechs Niederlagen gegenüber, und angesichts der nächsten Gegner München und Mönchengladbach sieht es nicht danach aus, dass sich die brenzlige Situation bald ändern wird. Dabei tragen die Bayern keine geringe Schuld an der Krise des einst einzigen Kontrahenten. Trugen im Frühsommer 2013 noch Mario Götze und Robert Lewandowski das Trikot des BVB, so laufen die beiden Offensivspieler mittlerweile für den FCB auf. Sowohl den deutsche WM-Finaltorschützen als auch den polnischen Ausnahmestürmer konnte Dortmund noch nicht adäquat ersetzen. Der als neuer Spielmacher im Sommer 2013 eingekaufte Armenier Henrikh Mkhitaryan hat noch immer Probleme, seine Qualitäten regelmäßig zu zeigen, und auch der japanische „Heilsbringer“ Shinji Kagawa, der erst Ende August von Manchester United zurückgeholt wurde, läuft derzeit seiner Form hinterher. Den Sturm verstärkte BVB-Manager Michael Zorc mit dem Italiener Ciro Immobile, der (noch) zu statisch agiert und zu wenig ins schnelle Kombinationsspiel der Borussia eingebunden wird – kein Vergleich zum spielstarken Lewandowski.
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Dass es sowohl Immobile als auch seine gesamte Mannschaft nicht verlernt haben, guten Fußball zu spielen, beweisen sie regelmäßig in der Champions League. Dort ist der BVB nach drei Siegen aus drei Spielen und 9:0 Toren klar auf Kurs Richtung Achtelfinale. Neutralen Beobachtern geben die beiden Gesichter der Borussia – Spitze in Europa, schwach in der Bundesliga – Rätsel auf. So ist etwa die Rede davon, dass sich die Dortmunder nur noch für die Highlight-Spiele motivieren können – und das sind nun mal die gegen Arsenal und Galatasaray und nicht die gegen den Hamburger SV und den 1. FC Köln. Dazu kommt, dass das Team durch Verletzungen arg gebeutelt ist: Zwar befindet sich von den Leistungsträgern derzeit nur Nuri Şahin im Krankenstand, aber die gerade erst ausgestandenen Ausfälle von Spielern wie İlkay Gündoğan, Jakub Błaszczykowski, Łukasz Piszczek, Marcel Schmelzer sowie Reus und Mkhitaryan haben auch bei den fitten Kickern des BVB Spuren hinterlassen. Kaum einer hatte Zeit zur Regeneration, was nach der WM-bedingten kurzen Sommerpause doppelt schwer wiegt.
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Was für Dortmund gilt, gilt allerdings genauso für die Bayern. Mit 14 Spielern schickte der FCB so viele zur WM nach Brasilien wie kein anderer Club der Welt, sieben von ihnen bestritten das Turnier für Deutschland bis zum Finale. Die aktuelle Verletztenliste ist mit Bastian Schweinsteiger, Holger Badstuber, Thiago Alcántara, Javi Martínez und Pepe Reina sogar länger als die des BVB. Dennoch haben die Münchner bereits wieder 4 Punkte Vorsprung in der Bundesligatabelle und machen nicht den Eindruck, als könne irgendeine Mannschaft ernsthaft ihre 25. Deutsche Meisterschaft in Gefahr bringen. Im Gegenteil: Der Club ist ungeschlagen, kassierte in den bisherigen neun Saisonspielen nur zwei Gegentore und lieferte zuletzt Galas wie das 6:0 gegen Werder Bremen und das 4:0 gegen Hannover 96 ab. Allerdings zeigte das 0:0 am letzten Wochenende bei Borussia Mönchengladbach, das die Bayern zu schlagen sind – stünde nicht mit Manuel Neuer der derzeit beste Torhüter, wenn nicht sogar beste Fußballspieler der Welt in ihrem Kasten.
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Trotz der verschobenen Verhältnisse wird das Duell Bayern gegen Dortmund mit Hochspannung erwartet. Zu viel ist in den vergangenen Jahren zwischen den Clubs vorgefallen, als dass es ein einfaches Duell um 3 Punkte sein könnte. Man denke nur an das DFB-Pokalfinale 2014, in dem ein reguläres Tor von Mats Hummels nicht anerkannt wurde und die Bayern nach Verlängerung gewannen. Oder das 3:0 des BVB in München einige Wochen davor. Und dann gibt es ja noch die Personalie Marco Reus: Der darf die Borussia zum Saisonende für 25 Millionen Euro verlassen – und laut einigen Medienberichten ist der Wechsel zum FCB nur noch Formsache. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke beschwert sich, dass Bayern-Präsident Karl-Heinz Rummenigge die Klausel in Reus’ Vertrag öffentlich ausgeplaudert hat, die Bayern machen sich über Dortmunds Formschwäche lustig, das vor Bundesligaspielen übliche Abendessen der Führungsriegen beider Vereine wurde gar nicht erst anberaumt – gute Stimmung sieht anders aus. In der Pressekonferenz vor dem Spiel brachte sich nun auch BVB-Trainer Jürgen Klopp in die Streitigkeiten ein. Er warnte die Bayern, das es sich, wenn sie sich weiterhin im Erfolg schlecht verhalten, irgendwann rächen wird. Ob das schon am Samstag gegen Klopps angeschlagene Borussen der Fall sein wird, ist allerdings zumindest fraglich.