Wiener Neustadt: Ländlich, provinzialer Charme vs Emanzipation
Als sich Frank Stronach im Frühsommer 2010 zurückzog, war der Verein bereits totgeschrieben. Das Geld war weg, man musste schleunigst Sponsoren auftreiben und eine neue schlagkräftige Truppe formen. Drei Jahre später findet man den Verein noch immer in de
Wiener Neustadt hält sich in der Bundesliga - und das trotz Niedrig-Budget und anfänglicher No-Name Truppe. Allmählich kommt ihnen auch das Image des Fix-Absteigers abhanden, dass der Klub seit dem Stronach-Aus stets mit sich getragen hat. Die Realität im Jahr 2013 sieht anders aus. In der Mannschaft tummeln sich bekannte Spieler wie Pichlmann, Hlinka und der unlängst neu-verpflichtete Jürgen Säumel oder auch ein gelegentlich auf Abruf stehender Jörg Siebenhandl. Aus der No-Name Truppe wird allmählich eine ernstzunehmende Mannschaft, die nicht mehr am Existenz-Minimum dahinsiecht und irgendwie um die Runden kommt.
Bester Saisonstart
„Mit der Punkteanzahl kann man, glaube ich, zufrieden sein", analysiert Trainer Pfeifenberger im Gespräch mit 90minuten.at den bisherigen Spielverlauf, fügt aber zugleich hinzu: „Mit dem Einzigen, mit dem ich unzufrieden bin, ist die Anzahl der Gegentore. Da haben wir viel zu viele davon bekommen". Der Vergleich mit den Saisonstarts der letzten zwei Saisonen zeigt deutlich, dass die Mannschaft weiterentwickelt wurde. Mit 14 Zählern nach 13 gespielten Runden, hat der Klub eine neue Bestmarke aufgestellt. Packende Spiele, wie ein 6:3-Auswärtssieg gegen Aufsteiger Grödig, aber auch vernichtende Schlappen gegen den Tabellenführer Salzburg, konnte man bisher von den Neustädtern sehen.
Die jungen Spieler lässt Pfeifenberger nicht als Grund für die Schwankungen gelten: „Wir haben auch Routiniers in der Mannschaft. Es sind vielmehr Abstimmungsschwierigkeiten in gewissen Spielphasen und das gilt es auszumerzen. Sowohl Spieler als auch die Trainer sind da gefragt, diese ständigen Auf und Abs zu beheben. Ehrlich gesagt ist es mir aber so lieber, als wenn wir ständig „herumgurken", jedoch ist es wichtig, beständiger zu werden – speziell gegen die größeren Vereine. Das Auswärtsspiel in Salzburg war eine Ausnahme, denn wir bekamen da in kurzer Zeit viele Tore und keine Mannschaft kann sich davon schnell erholen."
Transfers zum Nulltarif
Sportlich sowie auch wirtschaftlich steht der Klub momentan auf gesunden Beinen, es gilt jedoch den nächsten Schritt zu setzen. Jährlich kommen dem SC Wr. Neustadt etwa wichtige Leistungsträger abhanden, die sehr schmerzen und nicht immer Eins-zu-Eins ersetzt werden können. „Es wird uns aber auch nicht in Zukunft erspart bleiben, dass uns die besten Spieler verlassen werden. Man muss aber trotzdem versuchen, einen Kern zu erhalten und den immer wieder mit neuen Spielern ergänzen", meint Pfeifenberger zum aktuellen Personal-Problem.
Nur selten konnte der Klub mit den veräußerten Leistungsträgern Profit machen - Ramsebner oder Burgstaller wechselten etwa zum Nulltarif. Da man auch zu wenig durch Transfers einnimmt, muss man auf dem Spielersektor nach ablösefreien Spielern Ausschau halten, die aber selten richtige Verstärkungen für den Verein sind. Heuer hat der Klub erstmals mit Säumel und Pichlmann verhältnismäßige „dicke Fische" an Land gezogen, die einen nicht unwesentlichen Beitrag zu einer guten Platzierung leisten können.
Zuschauer-Interesse hält sich in Grenzen
Das Interesse in der elftgrößten Stadt Österreichs hält sich jedoch weiterhin in Grenzen. Aus der rund 41.000-Einwohner Stadt nahe der burgenländischen Grenze kommen durchschnittlich 2.800 Zuseher ins Stadion. Um dieses Problem zu beheben, startete der SC Wr. Neustadt heuer eine mediale Offensive. Vor allem die Social-Media-Kanäle werden massiv genützt, Fans zu mobilisieren und den Zuschauerschnitt anzuheben. Dies erweist sich als schwierig, die harte Knochenarbeit wurde bisher nur von ein paar hundert Fans auch virtuell gewürdigt.
Auch infrastrukturell hat der Verein Nachholbedarf. So gelangen die Spieler nur über eine Schotter-Fläche und über die Laufbahn erst auf das Spielfeld. Der Pressekonferenzraum kann getrost als Unikat bezeichnet werden. Die Räumlichkeit erinnert ein wenig an eine Besenkammer, die aber durchaus mühevoll hergerichtet wurde und für eine relativ nette Atmosphäre sorgt. Mit dem geringen Budget wird es wohl auch künftig schwierig, infrastrukturelle Impulse zu setzen. Der Klub wird also weiterhin versuchen, durch einen ländlichen und provinzial anmutenden Charme bei den Fans punkten zu können.
Österreichischer Spitzenverein als Ziel für Pfeifenberger
Ganz anders sind aber die Trainingsbedingungen, die Pfeifenberger mit seinen Schützlingen vorfindet. „Absolut top, das ist nicht selbstverständlich für so einen Verein wie Wr. Neustadt. Es ist sensationell, dass wir hier trainieren dürfen", bringt es der ehemalige Internationale auf den Punkt und zeigt sich schlichtweg begeistert von dem VIVA-Sportzentrum, welches nicht unweit von Wr.Neustadt, in den weitläufigen ländlichen Flächen der burgenländischen Marktgemeinde Steinbrunn zu finden ist. Neben einem großzügigen Wellness-Bereich, bis hin zu einer eigenen Fußballhalle gibt es auch Kunstrasenplätze, die vor allem in den kalten Wintermonaten für den Klub von großem Nutzen sind.
Dass Wiener Neustadt aber nicht nur ein Sprungbrett für Spieler sondern auch für eine weitere Trainerkarriere sein kann, ist Pfeifenberger natürlich nicht verborgen geblieben: „Es ist anscheinend ein guter Boden hier sich zu empfehlen und ein absolutes Ziel von mir, vorerst zu einem österreichischen Spitzenverein zu kommen. Ich bin aber Realist genug, um zu erkennen, wie schnelllebig und schwierig das Fußballgeschäft ist."