Zwei Welten - Red Bull Salzburg gastiert am Wiener Sportclub-Platz

Es ist schon ein bisschen Wasser die Als runter geflossen, als das letzte Mal der Staatsfunk ORF aufmarschierte, um ein Spiel des Wiener SK in Dornbach live in die Wohnzimmer der Bundesrepublik zu senden. Knapp 5.000 Zuseher wollten sich das Spektakel vor

einmarschWenn der Meister und Cupsieger nach Dornbach reist, ist Cup angesagt. Während der Wiener SK trotz des formalen Gründungsdatums 2001 auf eine stimmgewaltige Anhängerschaft mit einem Zuschauerschnitt von über 1500 auf Tradition und Charme setzt, tut sich Red Bull Salzburg "traditionell" schwer. Millioneninvestitionen bürgen eben nicht immer für eine Fanbindung. Die Friedhofstribüne, dieser unüberdachte, baufällige Stehplatzklotz, präsentierte sich punkto Stimmung Bundesliga-reif. Die erste Halbzeit wurde bei den Gästefans verbracht, die zweite bei den Heimsupportern - unter vielen Umständen ein Klassenkampf.

 

Geld spielt keine Rolle

blauetribueneDie blaue Tribüne präsentierte sich zu einem Drittel gefüllt, allzu viele Fans aus Salzburg reisten nicht an. Auch viele neutrale Zuseher wollten den ewigen Kampf zwischen dem, der Geld hat, und dem, der weniger hat, sehen. Quasi Klassenkampf am grünen Rasen. Ersichtlich war die an den Schlussmännern: Einerseits Alexander Walke, der ehemalige U21-Torhüter aus Deutschland, dort Michael Harrauer, der das Kicken trotz oftmals bewiesener Erstliga-Reife mit bürgerlicher Arbeit verbindet - weil es Sicherheit gibt. Nach einer Viertelstunde dann Aufregung auf der Tribüne. Die Fanklubs der Bullen stellten sich nach zehn Minuten auf und gaben Ultra-orientierten Support zum Besten – eine Sache, die in Dornbach grundsätzlich nicht gerne gesehen ist und von den Heimfans auch mit Pfiffen quittiert wurde. Dass man sich beim auf gelebte Toleranz erpichten WSK mit Gesangschören a la „Wiener Schweine!" wenige Freunde machen würde, hätte man auch zuvor ahnen können. betriebvorFHTAuf der „Blauen" konnte der sehr motivierte Support der Heimfans gu t gehört werden, vom Spiel sahen diese au ch mehr. WSK-Schlussmann Michael Harrauer registrierte viel Betrieb in der Nähe seines Strafraumes. In der 31. Minute war es dann soweit, die Stimmung im Keller, weil Ibrahim Sekagya nach einem Freistoß auf 1:0 stellte.

 

Fußball von der anderen Seite

szaboFSWechsel – Sitzplatz gegen Stehplatz, Geld gegen Herzblut - das ist zumindest unter Fußballliebhabern die gängige Meinung. Auf der Friedhofstribüne scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Chartklassiker aus der Zeit, die viele Besucher wohl nur vom Höhrensagen kennen, werden schwarz-weiß gefärbt, Aggressivität in Wort und Tat ist verpönt. Es geht um das Spiel an sich, die Freude bei gelungenen Dribblings, das Leiden bei Gegentreffern, das ironische Kommentieren des Geschehens. So muss es (mit ein paar mehr Schimpfwörtern, zugegebener Maßen) vor Jahrzehnten gewesen sein, als der Fußballplatz besuchte wurde und die Kicker vormittags arbeiten gingen, um dann auch mal Juventus Turin mit 7:0 zu putzen. Während die großen Kurven des Landes mitunter Platzstürme als legitime Mittel zur Partizipation ansehen, säubern die Fans der Friedhofstribüne dieselbe in Eigenregie, um dem Verein Geld zu sparen. Immerhin wuchert auf der Gegengeraden Unkraut. Der Spielstand 1:0 war der Stimmung eigentlich sogar zuträglich. Die Führung des Favoriten war OK, die Möglichkeit auf den Ausgleich durch Konter und beherztes Spiel gegeben, da die Bullenkicker doch auch überheblich agierten. instruktionencristianoAls Cristiano eine Viertelstunde nach seiner Einwechslung in der 71. Minute das 2:0 schoss, war aber auch dem letzten Optimisten klar, dass eine Überraschung ausbleiben würde. Dennoch besangen die Fans ihren Verein, applaudierten den Spielern beider Teams und hoffen darauf, dass es irgendwann wieder einmal ein Bundesliga-Duell geben könnte. In die Dimensionen von Red Bull wird der Sportklub in hundert Jahren nicht vorstoßen.

 

Rettung in Aussicht?

kainzgasseenbaumIn Salzburg spielt Geld kaum eine Rolle, beim Wiener SK gibt es zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. „Und wenn sie wieder amoi kumman, werns uns wieder einehaun" ist ein gleichsam ironischer wie beliebter Chant auf der Friedhofstribüne – Im Fußball geht es eben auch um mehr, als nur um das Ergebnis. Umgekehrt sieht der Besucher am Wiener Sportclub-Platz auch, dass ein paar Euros mehr in der Tasche - oder Unterstützung der Stadt Wien - hier sehr viel bewirken können. orfhebenhneImmerhin könnte hier ein Schmuckstück stehen, das wohl die doppelte Kapazität hätte, würden auf der Kainzgasse, eben der Gegengerade vis-a-vis der Haupttribüne, Sitzplätze geschaffen werden können statt Bäume beschnitten. Eine Entscheidung über eine Sanierung steht noch aus. Es bleibt eben dahingestellt, wie sich Sky als TV-Partner verhalten würde, wenn der WSK in die Erste Liga aufsteigt und ob dann auch eine Hebebühne für die Kamera aufgestellt werden wird. Diese stand übrigens außerhalb des Stadions, auf einer öffentlichen Straße, wo auch ein Ordner Bälle ins Stadion zurückbringt, wenn diese über die Werbebanden hinaus auf die Straße fliegen.

 

Die Wahrheit in der Mitte

Was letztlich "der" Fußball ist und sein soll, welches Modell zukunkftsträchtig ist, ob "Arm, aber sexy" in Anlehnung an Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit oder "Was kostet die Welt" in der Welt von Red Bull, wahr ist - die Wahrheit liegt in der Mitte. Der Sportklub träumt von der österreichweiten Relevanz, in Fuschl träumt man von so einer Stimmung und einem Team, das so aufopferungsvoll kämpft. Eine je 45-minütige Analyse dieses Cup-Spiels unter den Fans beider Teams zeigt aber eines ganz deutlich: Da wie dort wird Fußball gelebt - aber der Fußball ist wiederum nur ein Teil des Lebens. Und das weiß WSK-Präsident Udo Huber vielleicht ein bisschen besser als Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz...