Kommt der österreichische "Oliver Bierhoff"?

Der ÖFB denkt über eine sinnvolle Teilung der Agenden an der sportlichen Spitze nach. Neben dem Sportdirektor könnte es künftig auch einen Teammanager wie in Deutschland geben. Interessant ist zudem, warum diese Diskussion vom ÖFB bisher nicht in der Öffentlichkeit geführt wurde. Von Michael Fiala

Viel ist in den vergangenen Wochen über den ÖFB diskutiert worden. Die Diskussion ist dem größten Verband Österreichs unter der Führung von Präsidenten Leo Windtner mehrmals entglitten. Die Themenführerschaft haben die ÖFB-Landespräsidenten bzw. die Medien übernommen. Ein wenig verwunderlich war es daher schon, dass der ÖFB am Sonntag die Einladung von Sky zu einer umfassenden Diskussion über die aktuellen Themenfelder nicht wahrgenommen hat. Von der Spitze abwärts war niemand bereit, an der Sendung teilzunehmen. Wenn man bedenkt, wie oft Windtner &  Co sich bei erfreulichen  Anlässen interviewen ließen, ist das ein bedenkliches Zeichen. Zudem ist man als Verband wieder nur Passagier, wenn man bei der Diskussion nicht aktiv teilnimmt.

 

Bundesliga-Vertreter bringt Klarheit

So war es einem Bundesliga-Vertreter vorbehalten, für den ÖFB zu sprechen. Das Interview mit Markus Kraetschmer brachte interessante Einblicke in die Arbeit des ÖFB der kommenden Wochen. Der Austria-Vorstand sitzt als Vertreter der Bundesliga im Präsidium des ÖFB. Zur Entscheidung in der Causa Koller sagte Kraetschmer: "Wir haben keine hohe Eile, ein Trainer zu finden. Die nächste Qualifikation startet erst im Herbst 2018. Die Entwicklung der letzten beiden Jahre hat gezeigt, dass es notwendig ist, einen Schlusspunkt zu setzen. Seit der 1:2 Niederlage gegen die Schweiz haben wir in 18 Spielen nur vier mal gewonnen." Auch die  Bundesliga-Vertreter haben laut Kraetschmer das  Ende von Koller mitgetragen.

 

Die nächsten Schritte sollen demnächst beschlossen werden. Kraetschmer: "Ich gehe davon aus, dass wir bis Oktober bei der nächsten Sitzung die Meilensteine fixieren. Bis November soll eine Grundsatzentscheidung fallen. Vor der Auswahl des Teamtrainers müssen wir die anderen sportlichen Entscheidungen treffen."

 

Und wie sehen die nächsten Schritte aus?

Kreatschmer führt aus:  "Wir haben, nachdem die Entscheidung zur Personalie Koller gefallen ist, auch klar gesagt: Wir müssen aufpassen, denn das ÖFB-Präsidium fungiert als eine Art Aufsichtsrat. Da sitzen honorige Herren, die in ihren Privatberufen Richter, Rechtsanswälte oder Unternehmer sind, aber keine direkten Sportler oder Fußballer. Man braucht für so eine Entscheidung eine Expertise und da ist Willi Ruttensteiner so wie jetzt die Struktur aufgebaut ist, die Nummer eins. Er wurde aufgefordert, eine sportliche Analyse vorzunehmen um aufzuzeigen, wie weit es hier Verbesserungsmöglickeiten gibt, damit Österreich in die Qualifikation zur Euro 2020 erfolgreich hineingehen kann. "

 

Deutsches Modell in Österreich?

"Es ist auch kein Geheimnis, dass wir über die Struktur an der Spitze gesprochen haben, über die Sportdirektor-Position – unabhängig von der Person Willi Ruttensteiner. Diese Diskussion führen wir gerade. Wenn man sich andere Verbände ansieht ist es oft so, dass der sportliche Direktor und der technische Direktor zwei Positionen sind. Diese Analyse wollen wir vornehmen, um eine Grundsatzentscheidung treffen zu können. "

 

Möglicherweise folgt der ÖFB damit dem Beispiel des DFB, wo es nicht nur den Sportdirektor gibt, sondern auch die Position eines Teammanagers, die bekanntlich beim DFB von Oliver Bierhoff bekleidet wird. Die Diskutanten bei Talk und Tore waren sich einig, dass das aktuelle Aufgabenfeld von Willi Ruttensteiner aktuell zu groß ist, eine Teilung sinnvoll erscheine. Das „Spar-Argument“, das der ÖFB durch den einen oder anderen Landespräsidenten in die Teamchef-Diskussion vor ein paar Tagen eingebracht hat, dürfe für Stefan Reiter jedoch kein Argument sein: „Bevor Koller Teamchef wurde haben wir auch vor 13.000 Fans im Stadion gespielt. Natürlich kann man aber den etwas aufgeblähten Apparat effizienter aufstellen“, meinte Stefan Reiter und führte etwa das große Trainerteam des ÖFB an und nannte konkret als Beispiel Roger Spry. Auch bei der Teamchefbestellung, die dann in zweiter Phase folgen wird, darf man nicht zu sehr den Sparstift ansetzen, sonst engt man sich selbst zu sehr ein.

 

Eine gut funktionierende Nationalmannschat ist jedenfalls die Basis für einen wirtschaftlich gesunden ÖFB. Dies sieht Markus Kraetschmer auch so: „Es muss die Nationalmannschaft an der Spitze funktionieren, sie ist die wirtschaftliche Basis aller anderen Bereiche. Da sind wir in keiner einfachen Position.“

 

Warum wurde dazu geschwiegen?

Der ÖFB hat jedenfalls bisher über diese sinnvolle Strukturdiskussion geschwiegen. Der Grund dafür ist ganz oben zu finden: Sowohl die Analyse von Willi Ruttensteiner als auch die Evaluierung der Struktur an sich werden ÖFB-Präsidenten Leo Windtner für die vergangenen zwei, drei Jahre kein gutes Führungszeugnis ausstellen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass man diese Schritte nicht an die große Glocke hängen wollte. Dass diese öffentliche Diskussion aber notwendig ist, zeigen die aktuelle sportliche Entwicklung aber auch die entglittene Diskussion in der Öffentlichkeit. Schon längst hat diese Diskussion nicht nur die Struktur an sich erreicht, sondern sie ist mittlerweile ganz oben angekommen - bei Leo Windtner. Seine informelle Macht ist seit dem Frühjahr im freien Fall, die Talsohle scheint noch immer nicht erreicht. 

 

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