Sturm Graz' Günter Kreissl: Ein Architekt des Erfolgs
Während der Trainer des SK Sturm Graz umstritten ist, kann über die Arbeit des sportlichen Geschäftsführers Günter Kreissl in seiner ersten Saison bei den Blackies kaum etwas Schlechtes gesagt werden. Rang drei und Millionenverkäufe sprechen für sich. Von Georg Sander
Im Sommer 2016 heuerte Günter Kreissl beim SK Sturm Graz an und begann sofort, den Verein zu formen. Seine Nase für gute Transfers, die er schon beim SC Wiener Neustadt unter Beweis gestellt hatte, sollte sich für die Grazer als Glücksgriff erweisen. Gerade in Zeiten klammer Budgets ist es gar nicht so einfach, eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Etwas, was die Blackies gerade diese Saison merken mussten - musste man im Winter wohl die Chance auf mehr als Rang drei ziehen lassen. Das brachte immerhin ordentlich Geld.
Das Jahr des Günter Kreissl
Ein guter Transfer für einen nicht so reichen Klub ist einer, der nichts kostet, aber dennoch etwas Wert ist. Im Sommer holte Günter Kreissl externe Verstärkung ohne Ablöse. Mit Christian Schulz von Hannover 96 einen erfahrenen Innenverteidiger, mit Stefan Hierländer aus Leipzig einen offensiven Mittelfeldspieler, mit Daniel Lück von Cottbus einen Zweiergoalie und mit Philipp Huspek (Rapid) und Philipp Zulechner (Freiburg) zwei Kaderergänzungen. Achja, und noch den Mittelfelddenker Uros Matic von NAC Breda und Stürmer Deni Alar von Rapid.
Die letzten beiden prägten den starken Herbst der Grazer maßgeblich. Andere, wie Huspek oder Zulechner, wussten nicht voll zu überzeugen. Wer aber um null Euro kommt, ist kein großes Risiko. Im Winter dann veräußerte Kreissl Matic um kolportierte drei Millionen Euro an Kopenhagen; dazu noch Bright Edomwonyi zu Rizepsor, ebenfalls siebenstellig. Wer weiß, wie Sturm performt hätte, hätte man gerade Matic nicht hergegeben, aber auch da sind sich die Experten uneinig, ob der Matic-Abgang so esentiell war. Aber Geld stinkt bekanntlich nicht. Über die Winterneuzugänge Martin Ovenstad (als Matic-Ersatz) und Seifedin Chabbi (als Edomwonyi-Ersatz) muss man nicht viel reden - Chabbi hat den Klub übrigens schon wieder verlassen. Die hätte man sich sparen können. Baris Atik, Hoffenheim-Leihgabe für die Offensive im Winter, konnte hingegen zeigen, was er kann. Eine genaue Übersicht gibt es bei transfermarkt.at.
In den nackten Zahlen, die Transfermarkt.at als Wert des Kaders für die Blackies errechnet haben will, schlägt sich Kreissls Arbeit nicht nieder. Vielleicht liegt es an einigen Transfers im verganenen Sommer oder Winter? Oder am doch eher mauen Frühjahr? Jedenfalls konnten einige Spieler schon Begehrlichkeiten wecken, wie Linksverteidiger Charalampos Lykogiannis oder Torjäger Deni Alar. Da wird sich über den Sommer hinweg wohl noch etwas tun.
Schlagkräfigt und günstig
Aber es zeigt dann doch auch den Wert der Arbeit von Günter Kreissl. Er konnte Trainer Franco Foda nicht nur einen schlagkräftigen, sondern auch einen billigen Kader zur Verfügung stellen. Das dürfte auch einer der Gründe gewesen sein, warum man Kreissl geholt hat. Für die spielerischen Probleme im Frühjahr kann Kreissl wenig und die Frage, ob man Matic gehen lässt oder nicht, dürfte auch nicht leicht beantwortbar gewesen sein.
Immerhin: Für den Europacup hat es einmal gereicht, auch wenn hier und dort der eine oder andere Sieg mehr drinnen gewesen wäre. Das Team, das Kreissl bereitstellte, ist gut und günstig. Eine gute Herangehensweise und enorm wichtig, möchte man auf lange Sicht Erfolg. Wie man mit viel Geld wenig erreichen kann, zeigte letztlich Rapid - ein Schicksal, das Sturm dieses Jahr nicht ereilte.
Tops und Flops des letzten Jahres
Von den elf meist eingesetzten Spielern in allen Bewerben in der Saison 2016/17 kickten in der Vorsaison nur vier bei Sturm. Marc-Andre Schmerböck war verliehen. Sechs von elf ist demnach ein Beweis dafür, dass die Sommerneuzugänge qualitativ hochwertig waren. Über allem steht eben Uros Matic, ein finanziell wie sportlich kluger Transfer. Katastrophal war die Performance der Winterneuzugänge Seifedin Chabbi und Martin Ovenstad. Als Ersatz für die Abgänge gekommen, halfen sie Sturm so gut wie gar nicht. Nur wenige Einsätze und dabei wenig Überzeugendes - das ist ihre Bilanz. Das nährt nun schließlich die Angst vor dem Sommer. Werden es Sommer-Kreissl-Transfers? Oder Winter-Kreissl-Transfers? Hier entscheidet sich dann wohl auch die Frage, in welche Richtung die Reise der Blackies 2017/18 gegen wird.
Das 90minuten.at-Fazit zur sportlichen Leitung
Es ist nicht zu erwarten, das jeder Transfer sofort funktioniert. Hätte Ovenstad eingeschlagen, dafür wäre Huspek gar kein Thema - wer würde es Kreissl vorwerfen? Der Geschäftsführer hat auf jeden Fall ein gutes erstes Jahr an der Mur hingelegt; und das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit, zeichnen sich doch die meisten Traditionsvereine durch ein eher mitredebedürftiges Umfeld aus. Europacup und Transfermillionen sprechen für Kreissl, die wahre Bewährungsprobe kommt aber in der kommenden Saison, wenn man dann sieht, ob unter seiner Ägide der Herbst oder das Frühjahr der letzten Saison die Regel sein wird. Und dann bleibt auch noch die Frage, wie gut Kreissl und Foda auf Dauer miteinander können. Vorerst haben die beiden sich wieder zusammengerauft.