Thomas Hollerer: ‚Da waren andere schon auf St. Helena‘

Thomas Hollerer, der neue starke Mann im ÖFB, spricht im 90minuten.at-Interview über die großen Fußstapfen von Alfred Ludwig, warum es manchmal besser ist, nicht gleich laut zu schreien und wie der ÖFB fit für die kommenden Jahre wird. Das Gespräch führte

 

Kaum vorstellbar, aber die Realität: Nach mehr als drei Jahrzehnten ist Alfred Ludwig nicht mehr beim ÖFB. Diese Lücke soll nun Thomas Hollerer füllen, der vergangenen Sommer vom Chefjuristen zum neuen Generalsekretär des ÖFB aufgestiegen ist. Es ist sein erstes großes Interview: Während Gigi Ludwig mit vielen Journalisten eine Freundschaft pflegte, sie quasi umarmte und sich so meist unantastbar gemacht hat, ist Medienarbeit für Hollerer ein neues Terrain. Die Anspannung ist durchaus zu spüren, kurze Pausen vor den Antworten zeigen die sorgsame Überlegung seiner Worte. Frage für Frage gewinnt Hollerer aber an Sicherheit, das zunächst trockene Interview entwickelt sich zum interessanten Gespräch über Problemfelder, Zukunftsvisionen und die Stellung des österreichischen Fußballs im internationalen Kontext.

 

90minuten.at: Seit 1. August sind Sie neuer Generalsekretär des ÖFB und somit der Nachfolger von Alfred Ludwig, der die Geschicke des ÖFB gefühlterweise eine halbe Ewigkeit und drei Tage geleitet hat. Wie ist dieser Job eigentlich auf Sie zugekommen?
Thomas Hollerer: Alfred Ludwig ist Ende Juli hochverdient nach mehr als 35 Jahren beim ÖFB in Pension gegangen. Der Generalsekretär wird vom Präsidium bestellt, man wird dann gefragt, ob man bereit ist, diesen Job zu machen. Ich bin jetzt die ersten 150 Tage im Amt, da waren andere schon auf St. Helena (Anmerkung: 1815 wählte die britische Regierung St. Helena als Verbannungsort Napoleons, der im Oktober 1815 dorthin deportiert wurde und bis zu seinem Tod am 5. Mai 1821 im Longwood House residierte). Insofern geht es mir gut, und ich freue mich auf die Herausforderungen. Man ist natürlich deutlich mehr unterwegs als bisher, und hat als Generalsekretär auch viele repräsentative Aufgaben, auch sportpolitische Agenden zählen dazu. Da muss man mit seinem privaten Umfeld reden, ob dies auch toleriert wird. Zum Glück ist dem so. Es ist eine tolle Sache, wenn man Hobby und Beruf kombinieren kann. Und ich glaube, dass bei derartigen Fragen kein „Nein“ erwartet wird. Es ist eine tolle Möglichkeit, mithelfen zu dürfen, den Fußball weiterzuentwickeln.

 

Alfred Ludwig war 35 Jahre beim ÖFB. Inwiefern sind diese großen Fußstapfen Motivation oder doch eher eine Belastung?
Alfred Ludwig hat uns alle auf den Übergang sehr gut vorbereitet. Ich habe das letzte Jahr viele Dinge mit ihm parallel gemacht. Er hat ein wohlbestelltes Haus übergeben, der ÖFB ist gut aufgestellt. Natürlich hat man auch eigene Ideen, die ich jetzt einbringen darf und muss.

 

Der ÖFB hat eine neue Struktur, nicht zuletzt auch aufgrund des Wartungserlasses des Finanzministeriums, Profiteams so wie das ÖFB-Team, auszugliedern. Welche Chancen ergeben sich durch die neue Struktur?
Die neue Struktur ist, wie Sie schon erwähnt haben, den rechtlichen Vorgaben geschuldet. Das bedeutet für uns, dass die bestehende Marketing-GmbH um alle Agenden erweitert wurde, die nicht mehr im Verein verbleiben dürfen: Marketing, Ticketing, A-Team, U21, etc. Der ÖFB bleibt aber weiterhin der Eigentümer. Die Pensionierung von Alfred Ludwig und die neuen Vorgaben fallen zeitlich zusammen, und es gibt jetzt viel Arbeit, die Beziehungen, die sich durch die neue Struktur ergeben, zu definieren.

 

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus der neuen Struktur?
Der ÖFB steht als Ganzes darüber. In den verschiedenen Teilbereichen werden die Projekte und Arbeiten erledigt, so wie sie bisher auch schon angefallen sind. Wir haben einige sehr interessante Themen, die wir 2017 umsetzen möchten, wie zum Beispiel die Frage der ÖFB-Portale inkl. Streaming, Ticker, etc. Im Sinne eines Brand-Managements wollen wir auch die Marke ÖFB stärker positionieren.

 

Geschäftsführer der GmbH ist Bernhard Neuhold, Sie sind Generalsekretär. Wie kann man sich die tägliche Arbeit zwischen Ihnen vorstellen, hat sich hier etwas geändert?
Das ist eine ganz unkomplizierte Zusammenarbeit. Bei beiden Unternehmen gilt das Vieraugenprinzip. Ich bin zweiter Geschäftsführer in der GmbH, Bernhard Neuhold ist mein Stellvertreter im Verband. Alle wichtigen Entscheidungen werden gemeinsam im Vieraugenprinzip getroffen. Ob jemand bei der GmbH oder im Verein angestellt ist, ist für diese Arbeit unerheblich. Die Strategie des Verbandes wird im ÖFB-Präsidium mit Präsident Leo Windtner an der Spitze definiert, das ist wie ein moderner Aufsichtsrat.

 

Welche großen ToDos warten im Jahr 2017 auf den ÖFB, also aus strategischer und nicht aus sportlicher Sicht?
Am Ende des Tages ist der ÖFB ein Sportverein. Alle unsere Tätigkeiten sollen dazu führen, dass der Fußball in Österreich besser wird. Das ist auch unsere Berechtigung, dass wir da sind. Im Verwaltungsbereich haben wir die Portal-Situation, die wir 2017 bereits mit Ergebnissen bereits lösen möchten.

 

Konkret heißt das? Ein komplett neuer Auftritt nach außen, weil der aktuelle nicht mehr „State of the Art“ ist?
Ja, ein schrittweise komplett neuer Internet-Auftritt, den wir an die Zeit anpassen müssen, mit allen Notwendigkeiten wie Responsive Design, etc. Wir haben in diesem Zusammenhang mit Fußball-Österreich auch Themen wie (Live)-Streamings, Live-Ticker. Das kommt bereits in die Gänge, und hier können wir auch schon viel Content anbieten. Das stellt für uns eine große Chance dar. Da geht es aber nicht nur um die oefb.at-Seite, insgesamt gibt es aktuell sieben Portale, die in den vergangenen Jahren gewachsen sind. Das wird alles unter ein Dach gebracht. Es geht hier nicht nur um einen simplen Relaunch einer Seite.

 

Das Thema Merchandising war in den vergangenen Jahren auch ein Stiefkind…
Wir haben dankenswerter Weise von der UEFA eine Woche Experten vor Ort in Wien, die uns mit deren Expertise auch in diesem Bereich helfen werden. Nehmen wir das Thema Online-Shop her: Dieser wird evaluiert und entsprechend weiterentwickelt. Wir haben aber bereits im Herbst 2015 einen neuen Online-Shop gelauncht, der allen gängigen Anforderungen entspricht. Hier sind die Umsätze auch gestiegen. Aber natürlich gibt es da noch andere Aufgaben: Wie sieht die Produktpalette aus, welche Logistik steckt dahinter, was gibt es Abseits des Online-Auftritts, etc.

 



Sie haben vorher auch das Thema Live-Streamings angesprochen. Ab den Regionalligen und darunter ist der ÖFB zuständig. In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren heftige Diskussionen zu diesem Thema. Wie geht der ÖFB dieses Thema an: Wer wird künftig Amateurfußball übertragen dürfen, wer nicht?
Wir haben die Fußballösterreich Spielbetriebs GmbH, das ist ein Zusammenschluss aller Mitgliedsverbände und des ÖFB, die regelt die Verwertung der Spieldaten. Das kostet natürlich viel Geld aufgrund des technischen Aufwands. Das wird bereits heute vermarktet, indem Unternehmen, die diese Daten verwenden möchten, Lizenzvereinbarungen schließen. Diese finanziellen Mittel werden wieder in die Infrastruktur und Ressourcen gesteckt. In dem Bereich findet Vermarktung statt. Was wir nicht machen werden im Vergleich zu Deutschland: Wir werden niemanden zwingen, Daten einzugeben. In Deutschland gibt es eine Liveticker-Pflicht, wir setzen hier auf Anreize und Zusammenarbeit. Es geht hier insgesamt um 120.000 Spiele pro Jahr von ganz unten gesehen bis hin zur Bundesliga und dem Cup.

 

Und wie sieht es mit Bewegtbild aus? Status Quo ist, dass es gewisse Portale gibt, die Amateurfußball übertragen. Wohin soll hier die Reise gehen?
Hier erlaubt uns die technische Weiterentwicklung eine relativ kostengünstige Form der Übertragung von Spielen. Der Status Quo ist, dass wir derzeit für das Bewegtbild keine Vereinbarung mit den Verbänden oder Vereinen abgeschlossen haben, außer beim ÖFB-Samsung-Cup. Das heißt, es steht den Vereinen frei, mit den jeweiligen Portalen eine Lösung zu finden. Wir sind der Auffassung, dass wir auch im Landesverbandsbereich Bewegtbild anbieten möchten über unsere Spielbetriebsplattform. Hier gibt es bereits Testprojekte in der Steiermark und Burgenland, da werden gerade die Daten ausgewertet. Dieses Thema möchten wir natürlich intensivieren. Der ÖFB ist aber keine Krake, die sich auf alles draufsetzen wird. Wir werden nur dann aktiv werden, wenn wir entsprechende Vereinbarungen treffen können.

 

Die Frage zielt auch in die Richtung ab, dass Bewegtbild ein großes Vermarktungspotenzial darstellt. Inwiefern wird der ÖFB da künftig mehr mitnaschen als bisher?
Es ist richtig, dass es hier ein Vermarktungspotenzial gibt, aber es wird nur dann funktionieren, wenn wir gemeinsam mit den Vereinen und Verbänden entsprechende Übereinkünfte schließen, so dass der ÖFB der zentrale Rechtehalter ist. Aktuell ist der Rechtehalter dieser Matches der Verein selbst. Genau das evaluieren wir gerade bei den vorher angesprochenen Testläufen. Wir werden dann sehen, was im Endeffekt rauskommt.

 

Aber aktuell kann ich aus diesen Antworten nicht heraushören, ob der ÖFB hier künftig stärker die Kontrolle dieser Rechte haben will oder nicht?
Das Ziel ist es, dass wir als ÖFB den Leuten die Möglichkeiten geben, die Spiele zu verfolgen. Ob das über eine gebündelte Strategie über den ÖFB läuft, oder ob jeder Verein hier selbst Vereinbarungen schließen kann, ist aktuell noch offen. Wir haben ja auch kein Interesse daran, aktuell funktionierende Modelle quasi umzubringen, wenn wir jetzt die Rechte beim ÖFB bündeln. Wir werden nicht wie in anderen Ländern Rechte zentral holen, um auf diesen dann sitzenzubleiben.

 

Diese Entscheidungsfindung soll 2017 abgeschlossen sein?
Im Endeffekt kann es nur ein kombiniertes Produkt aus Bewegtbild und Liveticker sein. Wir werden dann sehen, wo es sinnvoll ist und wo nicht, und hoffen, dass wir in diesem Jahr eine Entscheidung dazu finden.

 



Ein anderes Thema ist die Ligenreform, die im Dezember beschlossen wurde. Die Bundesliga hat dabei immer wieder die neue Qualität der Zusammenarbeit mit dem ÖFB gelobt. Ziehen ÖFB und Bundesliga mehr an einem Strang als bisher?
Zur Ligenreform gilt es ganz klar festzuhalten, dass wir in Österreich den Fußball spielen wollen, den wir uns leisten können. Wir haben alle die Situation der zweithöchsten Leistungsstufe miterlebt: Zunächst die Freude an den Aufsteigern mit der spannendsten Liga aller Zeiten, am Ende gab es keinen sportlichen Absteiger. Aus sportlicher Sicht ist das 10/10er-Format als sehr gut bewertet worden, aber aus wirtschaftlicher Sicht hat man große Probleme bekommen. Dann ist es die Aufgabe des ÖFB, im Sinne des Fußballs Lösungen zu finden. Gerade der Präsidiumsbeschluss des ÖFB hat gezeigt, dass wir eine sehr konstruktive, sachorientierte Zusammenarbeit mit der Liga haben.

 

Aber war das früher weniger konstruktiv? Die Ziele waren früher die gleichen, aber beim letzten Kompromiss vor ein paar Jahren wurde die Reform bereits am Tag der Bekanntgabe mehr oder weniger von den eigenen Leuten als fauler Kompromiss bezeichnet?
Ich kann nur über das sprechen, wo ich dabei bin bzw. war. Das ist sehr konstruktiv und wertschätzend. Der ÖFB ist der Vertreter des gesamten Fußballs und daher gefordert, Lösungen zu finden. Die Reform bringt natürlich auch für uns große Herausforderungen wie zum Beispiel die Ansetzung des ÖFB-Samsung-Cup-Finales, das optimalerweise vor Beginn der Play-Offs liegen sollte. Wir haben auch das Thema der dritten Leistungsstufe. Wir verlieren acht, neun Vereine in die neue zweite Liga. Da bin ich dankbar, dass die Landesverbände gemeinsam mit ÖFB und Liga einen Arbeitsausschuss einsetzen, wo wir uns die dritte Leistungsstufe genau ansehen. Es gibt hier auch keine Denkverbote, es wird offen über alle Themen diskutiert.

 

ÖFB-Präsident Leo Windtner meinte zuletzt, dass es auch denkbar ist, dass es irgendwann einmal nur zwei Regionalligen geben könnte. So etwas war bis vor kurzem ein Tabuthema…
Mit dem Arbeitsausschuss haben wir die Möglichkeit, völlig offen über das Format der dritten Leistungsstufe zu diskutieren. Von „es bleibt wie es ist“ bis hin zu einer extremen Veränderung – es gibt keine Regionalligen mehr - ist hier alles möglich. In diesem Rahmen können wir uns bewegen und dem Präsidium Vorschläge machen. Das ist eine sehr schöne Aufgabe, weil man keine Vorgaben hat, wie es künftig aussehen muss.

 

Mit welchem Zeithorizont arbeitet diese Gruppe?
Das werden wir uns in Ruhe ansehen. Eine allfällige Formatänderung hat massive Auswirkungen auf die Landesverbände. Wir werden uns daher die notwendige Zeit nehmen, damit jeder die Möglichkeit hat, seine Sichtweise einzubringen.

 

Aber sehen Sie es ähnlich wie Bundesliga-Präsident Hans Rinner, der gemeint hat, dass die aktuelle Reform nur ein erster Schritt sein kann? Rinner hat auch angedeutet, dass es künftig weniger Vereine in den obersten drei Leistungsstufen geben könnte?
Wir haben im europäischen Vergleich eine sehr hohe Dichte an Vereinen in den ersten drei Leistungsstufen. Nur Länder mit großen geographisch Unterschieden wie etwa Norwegen sind ähnlich strukturiert wie Österreich. Wir sind immer auf der Linie der Sache, daher möchten wir alle Argumente hören: Die von Präsident Rinner genauso wie jene des z.B. burgenländischen Landespräsidenten. Wie erwähnt, muss man sich die Zeit nehmen, um eine Entscheidung herbeizuführen.

 

Die neue zweite Liga in der Mischform mit Profiklubs, Amateurvereine der Profiklubs und Amateurvereine wird – Stichwort Wettbewerbsverzerrung, schwierige Vermarktung - sehr kritisch gesehen. Wie sehen Sie diese „Mischkulanz“?
Die zweithöchste Leistungsstufe ist sicher eine Herausforderung. Ich denke, dass die Liga hier einen klugen Schritt gemacht hat, um jene Vereine finanziell zu belohnen, die die Lizenzkriterien der obersten Liga erfüllen.

 

Aber teilen Sie diese Bedenken?
Die Frage ist halt auch immer: Was sind die Alternativen? Wir haben festgestellt, dass wir keine 20 Profivereine haben und wir uns nach den Gegebenheiten richten müssen.

 

Der ÖFB finanziert die neue, zweite Liga mit bis zu einer Million Euro pro Jahr. Woher kommt dieses Geld?
Das ist ein Maximalbetrag, wir finanzieren diese Liga mit, weil wir uns im Sinne des Fußballs einbringen möchten, um eine fließende Entwicklung von unten nach oben zu erreichen. Das geschieht nicht nur finanziell, sondern auch in organisatorischen Bereichen. Die Alternative, die zweite Liga komplett zu kappen, hätte jungen Akademiespielern ein mögliches Betätigungsfeld genommen.

 

Aber musste beim ÖFB jetzt das Budget umgeschichtet bzw. wo anders abgezogen werden, um diese Million aufzustellen?
Das Geld fließt ab 2018/19, dh. wir werden es so anpassen, dass die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es geht aber nicht darum, die finanziellen Mittel jemanden anderen wegzunehmen.

 

Über welches Budget verfügt der ÖFB aktuell?
Der ÖFB wird seinen Finanzbericht zur Hauptversammlung 2017 öffentlich machen. Wir haben ein Budget von rund 40 Mio. Euro, von dem ein sehr großer Teil an die Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben weitergegeben wird. Wenn man das abzieht, bleibt dem Verband an sich ein Budget von rund 25 bis 27 Mio. Euro.

 

Die Europameisterschaft war dabei sicherlich ein Umsatztreiber, aber ist sie auch ein Gewinntreiber?
Die EURO ist ein Umsatztreiber und lässt uns auch einen Gewinn lukrieren. Es ist aber sicherlich nicht so massiv wie bei den Klubs, wenn sie international spielen. Ich bin sehr froh, dass wir einen guten Teil des Gewinns für die Nachwuchsförderung verwenden können.




Ein sportpolitisches Thema aus internationaler Sicht ist die Frage des Zusammenhalts in FIFA und UEFA. Auf europäischer Ebene gab es Länder wie Dänemark, die bereits offen von einem Ausstieg aus der UEFA gesprochen haben. Bisher agierte Österreich eigentlich immer sehr passiv und zurückhaltend. Muss sich daran etwas ändern?
Es ist immer wichtig für ein kleines Land wie Österreich, international präsent zu sein. Konkretes Beispiel ist die Champions League Reform. Da gab es Ende August den Exco-Beschluss, von dem viele Verbände nicht wussten, in welche Richtung es gehen wird. Uns wurde das beim UEFA-Kongress in Athen im September 2016 präsentiert. Schon damals ist klar gesagt worden, dass die Eckpunkte feststehen, aber eine Arbeitsgruppe wurde gegründet, um Details auszuarbeiten. Hier war Österreich mit meiner Person dabei, und es wurden noch einige Dinge erreicht, um die Härten abzufedern.

 

… aber wirklich zufrieden scheint der österreichische Klubfußball nicht zu sein …
Man muss das trennen: Die Situation im August war eine andere, als wir dann im Endeffekt noch in der Arbeitsgruppe erreichen konnte. Es sind drei zentrale Punkte dabei herausgekommen: Der Meisterweg wurde eingeführt, zweitens sind finanzielle Verbesserungen beschlossen worden und die Entry-List für die Bewerbungsqualifikationen wird weiterhin auf Platz 15 fünf Vereine für die internationalen Bewerbe vorsehen. Man hat also durch sehr intensive internationale Mitarbeit noch die eine oder andere Verbesserung herausholen können. Aus Sicht der Vereine von Ländern wie Österreich, Dänemark, etc. ist diese Entwicklung insgesamt nicht zufriedenstellend. Die Schweiz wird beispielsweise den Fixplatz verlieren. Zurückkommend auf die Frage, wie wichtig es ist, sich einzubringen, sieht man aber schon, dass es sich auszahlt, konstruktiv mitzuarbeiten.

 

Aber generell bleibt das Gefühl: Es gibt die großen fünf Nationen, die die Regeln festlegen, und die anderen haben sich danach zu richten. Wäre es auch denkbar, dass Österreich aus der passiven Rolle heraustritt und ähnlich wie Dänemark öffentlichen Druck aufbaut?
Das ist eine strategische Grundsatzfrage. Aktuell wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, wo viele kleinere Länder große Bedenken haben. Für mich ist die wesentliche Frage ab sofort, wie die Champions League ab 2021 bis 2024, also der übernächste Zyklus, aussehen wird. Der aktuelle Zyklus ist beschlossen, da ist jetzt nichts mehr daran zu rütteln. Wir müssen uns jetzt überlegen, warum es so gekommen ist. Positiv gesehen könnte der Zyklus 2021 bis 2024 einige Änderungen wieder zurücknehmen. Oder es wird noch extremer als es jetzt schon ist. Es ist immer wichtig, einen konstruktiven Dialog aufrecht zu erhalten. Wenn dieser aber nicht mehr möglich ist, kann man immer noch auf eine Eskalationsstufe gehen.

 

Auch bei der FIFA rennt nicht alles rund. DFL-Boss Christian Seifert meinte unlängst in Anspielung zur Ausweitung der WM auf 48 Teilnehmer: „Die FIFA ist aktuell in einem Hamsterrad, aus dem sie nicht mehr rauskommt. Die Nationalverbände fordern mehr Geld. Die FIFA muss dafür ihre Wettbewerbe ausweiten.“ Ich nehme an, aus österreichischer Sicht sehen Sie die Erweiterung positiv?
Christian Seifert ist in einer anderen Position, weil der DFB immer bei den Großturnieren dabei sein wird. Die Fördermittel der FIFA sind für uns unglaublich wichtig, weil hier Sachen abgegolten werden, die wir nicht vermarkten können. Natürlich muss man auch im Fußball aufpassen, dass man die Schwelle nicht zu sehr ausreizt. Das sind ja alles kommunizierende Gefäße, es gibt dadurch auch nicht gezwungenermaßen mehr Geld, wenn mehr Teams bei einer WM mitspielen. Man hat aber an Österreich gesehen, was alles ausgelöst wird und entsteht, wenn man bei einem Großturnier dabei ist. Da gibt es verständlicherweise unterschiedliche Sichtweisen. Zur Frage an sich: Als Land wie Österreich waren wir auch bei der Erweiterung der Europameisterschaft dafür, also sehen wir auch die Erweiterung der WM grundsätzlich positiv, solange auch Europa davon entsprechend profitiert.

 

Ab 2018/19 kommt zudem die Nations League, die die Freundschaftsspiele zum Großteil ablösen wird. Ist dies aus jetziger Sicht positiv zu sehen?
Es wird immer schwieriger, gute Gegner für Freundschaftsspiele zu bekommen und diese dann zu vermarkten. Insofern ist es insgesamt positiv zu sehen.

 

Aktuell wird in Österreich auch die Sportförderung neu aufgestellt. In welcher Position sieht sich der ÖFB?
Für einen Verband wie den ÖFB sind Förderungen wie bereits erwähnt extrem wichtig, um Themen finanziell abzudecken, die nicht auf dem Markt refinanzierbar sind. Das neue Gesetz geht jetzt in die Begutachtungsphase, das wird auch für den ÖFB eine intensive Arbeit, um sich hier einzubringen. Die Bundes-Sportförderung ist ein wichtiges Instrument für uns. Der ÖFB ist nicht nur Fußball, sondern auch Integration, Kinderbetreuung und vieles mehr.

 

Aber das wird jeder Sport für sich reklamieren, oder?
Ja klar, jeder Verband hat das Recht, das für sich zu reklamieren. Der ÖFB hat aber aufgrund seiner Größe mit etwa 300.000 aktiven Spielerinnen und Spielern als Flächensport einen anderen Hebel.

 

Will der ÖFB aus der Sportförderung mehr lukrieren als bisher? Fühlt sich der ÖFB hier unterbewertet?
Ohne auf die konkreten Summen einzugehen, muss der ÖFB darstellen, was er leistet – und zwar nicht nur im sportlichen Bereich, sondern auch für die Gesellschaft. Wenn uns das gelingt, werden wir den Stellenwert zugesprochen bekommen, den wir verdienen.

Danke für das Interview!

 

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